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Volker Koop
Neue Gesetze, schärfere Strafen und
Alko-Läden?
Jetzt zielt die EU-Kommission auf den
Alkoholmissbrauch
Skandinavische Vorbilder sind im Augenblick
"in". Das gilt für die Schulform - siehe Schleswig-Holstein -,
und offensichtlich haben auch die EU-Experten sich in den
skandinavischen Ländern umgesehen, um eine neue Richtlinie zum
Umgang mit Alkohol zu entwerfen. Bisher konzentrierte sich das
Bemühen der EU bei gleichzeitiger Förderung des
Tabakanbaus - in erster Linie noch darauf, den Tabakkonsum
einzudämmen, jetzt ist also auch der Alkoholkonsum ins Visier
der Brüsseler Maschinerie geraten.
Zeit wurde dies wohl, denn Alkoholmissbrauch
kostet Jahr für Jahr Tausende von Menschenleben, und das
"Einstiegalter" wird immer niedriger. Warnhinweise auf den Flaschen
oder der Verkauf nur noch in speziellen Alko-Läden sind nur
zwei der Varianten, über die nachgedacht wird, ohne dass
allerdings bereits ein Königsweg gefunden
wäre.
"Übermäßigen Alkoholkonsum
kann man nicht durch Stigmatisierung und Repression und vor allem
nicht durch immer schärfere gesetzliche Regelungen
lösen", sagt der sucht- und drogenpolitischer Sprecher der
FDP-Bundestagsfraktion, Detlef Parr. Er lehne daher die in dem
EU-Strategiepapier enthaltenen Vorschläge ab. Strenge Verbote
und Restriktionen führten zum verstärkten Ausweichen in
den illegalen Konsum, dämmten diesen jedoch nicht ein:
"Heimliches Schnapsbrennen zu Hause ist in Schweden ein Problem -
in Deutschland nicht." Maßvoller Alkoholkonsum sei seit
Jahrhunderten in Europa europaweit gesellschaftlich akzeptiert.
Wein gehöre ebenso zu einem guten Essen wie das Bier zu einem
geselligen Abend. Erst der maßlose Umgang damit sei als
gesundheitspolitisch problematisch anzusehen. Der
FDP-Parlamentarier weiter: "Der Konsum von Hochprozentigem in
jungen Jahren oder das so genannte ?Komasaufen' Jugendlicher als
Mutprobe sind allerdings gefährliche Unsitten, denen wir
konsequent entgegentreten müssen. Nicht mit mehr Restriktion,
sondern mit Aufklärung, Informationen und Fürsorge
für die Betroffenen muss man dem entgegnen." In den Familien,
in Schulen und Betrieben müsse auf diese Weise gegengesteuert
und über die Einsicht vernünftiges Verhalten vermittelt
werden. Das, was gesetzlich zu regeln sei, sei in Deutschland
geregelt. Es gebe ein umfassendes Jugendschutzgesetz und klare
Promillegrenzen für Alkohol am Steuer. Diese Rechtslage werde
schon heute nicht ausreichend ausgeschöpft. Würde das
Verkaufspersonal konsequent das Alter der Käufer von Alkohol
kontrollieren, so wäre dem übermäßigen Erwerb
der bei Kindern so beliebten Alkopops schon Einhalt geboten. Eine
entsprechende Kennzeichnung der Produkte würde helfen, die
Aufmerksamkeit der Verkäufer zu erhöhen. Auch eine
Selbstverpflichtung der Unternehmen, alkoholhaltige Getränke
nicht auf Jugendliche hin zu bewerben, gehöre dazu.
Zunächst solle man abwarten, was die
für Ende des Jahres geplante EU-Mitteilung zur Alkohol-Politik
tatsächlich aussage und nicht darüber spekulieren, was
darin stehen könnte, sondern in Deutschland angehen, was
nötig sei, ist das Votum von Birgitt Bender. Auch die
Abgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen bekräftigt,
dass ein Glas Wein zum Essen zu unserer Kultur gehöre und man
es genießen sollte. Probleme gebe es aber dann, wenn der
Genuss zur Sucht werde. Mit einem Pro-Kopf-Konsum von 10,2 Liter
reinem Alkohol befinde sich Deutschland in Europa in der
"Spitzengruppe". Besorgniserregend sei der Alkoholkonsum von
Jugendlichen, sowie von etwa 14 Prozent der 18- bis
59-jährigen Bevölkerung - insbesondere Männer - mit
riskantem, gefährlichem oder Hochkonsum. Mit drei konkreten
Vorschlägen will Birgitt Bender dem Problem begegnen:
Zunächst müsse für ein möglichst hohes
Einstiegsalter beim Erstkonsum von Alkohol gesorgt werden. "Statt
zu diskutieren, ob das Verkaufsalter auf 18 Jahre angehoben werden
soll, sollten die bestehenden Jugendschutzregelungen durchgesetzt
werden - hier sind die Bundesländer gefragt." Bei den Alkopops
seien beispielsweise im vergangenen Jahr wirksame Maßnahmen
wie eine Sondersteuer und Warnhinweise beschlossen worden. Weiter
müsse "Punktnüchternheit" nicht nur um
Straßenverkehr angestrebt werden. Ein Schritt in diese
Richtung sei die schon 2001 abgesenkte Promillegrenze von 0,8 auf
0,5 beziehungsweise 0,3 bei Fahrunsicherheit und Unfällen.
Weiter gelte es, Menschen mit problematischem Alkoholkonsum
frühzeitig zu erkennen, zu beraten und zu behandeln. Hier
zeige der gemeinsam mit den Bundesländern verabschiedete
"Aktionsplan Drogen und Sucht" hilfreiche Angebote, die nun
umgesetzt werden müssten. Dazu gehörten der Ausbau der
ambulanten Behandlung, eine bessere Verknüpfung ambulanter und
stationärer Angebote, die Berücksichtigung
geschlechtsspezifischer Gewaltanwendung oder migrationsbedingte
Hintergründe.
Wie einfach es für Kinder und
Jugendliche ist, sich Alkohol zu besorgen, beschreibt Gerlinde
Kaupa. Selbst Mädchen und Jungen, welche ganz eindeutig nicht
älter als 12, 13 oder 14 Jahre sind, kommen "meist schnell und
unkompliziert an Bier oder Schnaps. Macht der Handel
Schwierigkeiten, wird der älter aussehende Freund engagiert".
Dies vehement und mit aller Kraft zu unterbinden, verlangt die
CSU-Bundestagsabgeordnete, und deshalb trifft der Vorschlag des
EU-Gesundheitsministers Marko Kyprianos, die Strafverfolgung bei
der Missachtung der Jugendschutzbestimmung zu verschärfen,
auch auf ihre ungeteilte Zustimmung. Doch neue Gesetze hält
sie nicht für erforderlich. Mit den bestehenden
Jugendschutzregelungen gebe es eigentlich ein wirksames Instrument
zur Verhinderung von Alkoholmissbrauch, Es müsse nur
konsequent angewendet werden, doch an diesem Punkt hake es massiv.
Gerlinde Kaupa: "Kommunen und Ordnungsämter müssen ihrer
Pflicht nachkommen und den Verkauf von Branntwein an
Minderjährige gezielt und regelmäßig kontrollieren
und gegebenenfalls mit dem Höchststrafmaß von 50.000 Euro
sanktionieren. Hersteller, Handel und Gastronomie sind gefordert,
ihr Verkaufspersonal regelmäßig zu schulen, so dass der
Verkauf von Alkohol an Kinder ausgeschlossen werden kann." Da
Jugendliche sich immer häufiger auf älter aussehend
trimmten, sei konsequent ein Altersnachweis einzufordern.
Darüber hinaus seien die Hersteller gefordert, ihre Produkte
eindeutig zu kennzeichnen. Handel, Herstellern und Gastronomie
müssten klar sein: Die Vermarktung und der Verkauf von Alkohol
an Minderjährige ist verboten. Darüber hinaus sei auch
die Gesellschaft gefordert, nicht stumm wegzuschauen, wenn sich
Kinder und Jugendliche in aller Öffentlichkeit "besaufen". Die
Hoffnung der CSU-Parlamentarierin und drogenpolitische Sprecherin
der Unionsfraktion: "Hier muss endlich eine
Bewusstseinsänderung eintreten. Ein weiterer Gesetzes- und
Vorschriftenkatalog aus Brüssel ist hierfür aber nicht
notwendig."
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