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Ines Gollnick
Die Solide: Sybille Laurischk
Parlamentarisches Profil
Die Rolle als Mutter hat die FDP-Abgeordnete Sibylle Laurischk
politisch empfindsamer gemacht. Ihr Nachwuchs war wie eine Art
Wegweiser, ohne den die Juristin heute wahrscheinlich nicht im
Hauptberuf Politikerin wäre. "Bevor ich Kinder bekam (heute
16, 18 und 20 Jahre alt), war mir die Politik nicht sehr wichtig.
Kurz nach der Geburt meiner ältesten Tochter wurde mir anhand
von kommunalen und landespolitischen Entscheidungen deutlich, wie
die Politik auf die Situation von Müttern und Kindern
einwirkt", erinnert sich Laurischk. Sie engagierte sich 1985 in
einer Bürgerinitiative gegen die Schließung der
gynäkologischen Abteilung am örtlichen Kreiskrankenhaus -
damals ohne Erfolg. Jetzt, 20 Jahre später, wird sie wieder
eröffnet. "Aber auch Fragen zur Kinderbetreuung und der
Bildungspolitik haben mich mit meinen Kindern politisch wachsen
lassen". Auch heute noch ist sie der Meinung, dass Müttern
noch viel zu wenig klar ist, wie stark die Politik auf sie einwirkt
und ihre Lebensbedingungen beeinflusst. Ein indirekter Aufruf,
aktiv zu werden.
Laurischk machte Karriere im Lauftempo: 1990 Eintritt in die
FDP, seit 1994 Stadträtin in Offenburg, 1998 erster Anlauf
für ein Mandat im Deutschen Bundestag, 2002 schaffte sie dann
den Sprung ins Parlament. Seit 2002 sitzt sie auch als erste ihrer
Partei mit einem Direktmandat im Kreistag von Ortenau. "Gerade als
Bundestagsabgeordnete ist es natürlich interessant zu sehen,
wie die Belange meines Wahlkreises auf der kommunalen Ebene
diskutiert werden. Dabei ist insbesondere die Umsetzung von Hartz
IV im Ortenaukreis ein brisantes Thema. Der Ortenaukreis
gehört zu den Landkreisen, die optiert haben und Hartz IV
modellhaft umsetzen."
Die 50-Jährige mit dem flotten Kurzhaarschnitt vertritt
einen Wahlkreis, in dem sie auch geboren ist. Heimspiel also, das
trotzdem nicht zu oberflächlicher Routine verleiten darf: "Ich
glaube, dass man immer wieder aufs Neue die Belange und
Problemstellungen der Menschen vor Ort erkennen und mit ihnen im
Gespräch sein muss. Dies fällt mir natürlich
leichter, weil ich die Mentalität der Menschen kenne und
aufgrund der jahrelangen Verbundenheit auch viele Ansprechpartner
habe."
Das FDP-Trio im Rechtsausschuss hat sich die Arbeit
partnerschaftlich aufgeteilt. Die Offenburgerin kümmert sich
um Familienrecht und bringt dafür die entsprechende Erfahrung
als selbständige Anwältin mit. Daneben ist sie für
die freiwillige Gerichtsbarkeit zuständig, also für
Angelegenheiten der Rechtspflege, die in Deutschland die
ordentliche Gerichtsbarkeit, aber auch Notare oder in geringem
Umfang Behörden ausüben, wie Betreuungs- oder
Nachlasssachen. Laurischk ist die Betreuungsrechtsexpertin der
Fraktion, hat die Unterhaltsrechtsreform angestoßen und
kümmert sich außerdem um Europarecht. Im Ausschuss durch
solide Sacharbeit zu überzeugen, versteht sie als ihre
erklärte Daueraufgabe, ganz abgesehen von Wahlkreisarbeit, die
das Siegel "aktiv" auch verdient.
Die Politikerin sieht sich als Anwältin der Kinder. "Der
Kindesunterhalt muss endlich absoluten Vorrang haben, weil Kinder
für sich selbst nicht sorgen können." Durch eine Reform
"würde auch die umständliche zeitaufwendige Berechnung
von so genannten ,Mangelfällen' reduziert werden, bisher
müssen nämlich Kinder und versorgender Elternteil
gleichrangig den Unterhalt aufteilen, wobei oftmals nur der Mangel
verteilt wird. Kinder können Unterhalt nicht selbst
erwirtschaften und brauchen deshalb ein vorrangiges
Unterhaltsrecht." Doch Laurischk fordert auch etwas an die Adresse
der Frauen: "Ich bin auch der Auffassung, dass der nacheheliche
Unterhalt zeitlich begrenzt werden muss, weil die Vorstellung,
durch die Heirat lebenslang versorgt zu sein, auch die
Notwendigkeit der eigenen Berufstätigkeit für viele
Frauen bremst. Sicherlich werden immer mehr Frauen
berufstätig, aber die Vorstellung, durch den Unterhalt
versorgt zu sein, ist doch noch weit verankert, wenn auch
wirtschaftlich oftmals nicht mehr umsetzbar." Männer
fühlten sich dadurch jedenfalls geknebelt, verweigerten
Unterhaltszahlungen zum Nachteil der Kinder. Sie wünscht sich
noch schnellere Scheidungsverfahren, was durch eine Reform des
Versorgungsausgleichsrechts, wo es um die Verteilung von
Rentenanwartschaften geht, gelingen könnte. Im internationalen
Vergleich dauern Scheidungen in Deutschland zu lange.
"Familie ist da, wo Kinder sind", definiert sie, aber nicht mehr
automatisch in der Vater-Mutter-Kind-Konstellation.
Patchwork-Familien und allein Erziehende hätten das
Familienbild verändert. Die Frage, wie sie ihr Familienleben
mit den Arbeitsplätzen Berlin und Offenburg managt, liegt da
nahe. "Meine Kinder sind es gewohnt, selbständig zu sein. Ich
habe eine Haushaltshilfe, so dass für sie im Rahmen des
normalen Haushaltsablaufs gesorgt ist. Außerdem telefonieren
wir, wann immer es nötig ist und schließlich sind meine
Kinder auch nicht mehr so klein."
Sibylle Laurischk ist die Nummer zwei in der Bundespolitik aus
Baden-Württemberg hinter der Spitzenkandidatin Birgit
Homburger. "Es ist eine Herausforderung, MdB zu sein. Die
Erwartungen an uns sind hoch. Man wird natürlich auch sehr
beobachtet. Ich versuche dennoch, mit der Situation möglichst
unkompliziert umzugehen. Es hat aber eine große Umstellung
für mich bedeutet, zwischen Wahlkreis und Berlin
regelmäßig zu pendeln und an zwei Wohnsitzen zu
arbeiten", gibt sie zu. Für Sibylle Laurischk war Politik eher
ein interessantes Hobby. Sie hat sich in ihrem Leben zu einer
zentralen Aufgabenstellung gewandelt. Und dennoch hängt sie an
ihrem Beruf als Rechtsanwältin und übt ihn in gewissem
Umfang noch aus, "denn Politik bietet keine sichere Lebensgrundlage
zur Existenzsicherung."
Mehr als zwei Jahre sind vergangen seit der Bundestagswahl 2002.
Die Parlamentarierin war, was ihre anfänglichen Erwartungen
betraf, nicht so sehr festgelegt, wie sie sagt, "weil ich mir im
Klaren darüber war, dass ich eine neue Aufgabe übernehme,
die ich in ihrer Vielschichtigkeit erst einmal kennen lernen
musste". SSie hat eine klare Vorstellung, wie gute Politik
gestaltet sein muss, die die Oppositionsrolle nicht immer einfacher
macht: "Politik muss von unten kommen, das heißt, dass die
Belange der Menschen begriffen sein müssen und dann auch
umzusetzen sind. Politik muss die Bürger und Bürgerinnen
erreichen, muss ihnen verständlich sein und, wenn sie gut ist,
auch akzeptabel sein. Wichtig ist dabei, transparente Strukturen zu
schaffen, damit die Leute verstehen, wie Entscheidungen zustande
kommen. Hierzu gehört auch, mit den Menschen im Gespräch
zu bleiben." Müsste sie sich jemandem vorstellen, der sie
nicht kennt, zeichnet Laurischk ein Profil, das der politischen
Arbeit nur gut tun kann: "Eine Frau mit gesundem Menschenverstand
und dem Blick für das Wesentliche, die Rat geben kann und sich
nicht überschätzt." Sie hält sich für eine gute
Menschenkennerin, die Mitmenschen mit Sympathie begegnet und Humor
hat. Will sie mal abschalten, greift sie ins Bücherregal. Zu
wenig Zeit hat sie für Ausflüge in die Natur oder Treffen
mit Freunden. Da es fast nie Phasen ohne Verpflichtung gibt, ist
Laurischks Leitmotiv nicht der schlechteste Lebensbegleiter: "In
der Ruhe liegt die Kraft!"
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