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bes/bob/sas
Ungenutzte Potenziale
Bundestag diskutiert über die
Gleichstellung von Frauen
Familie/Bildung und
Forschung/Entwicklungszusammenarbeit. Frauenpolitk ist eine
Querschnittsaufgabe. Als solche hat sich das Thema am 10. März
im Plenum präsentiert. Aus Anlass des Internationalen
Frauentages (8. März) diskutierte der Bundestag über
Gleichstellung von Frauen und Geschlechtergerechtigkeit. Zur
Debatte standen sechs Anträge, die sich mit unterschiedlichen
Aspekten der Gleichberechtigung von Männern und Frauen
befassten. Auch die Situation der Frauen in der so genannten
Dritten Welt wurde thematisiert. Fazit der Diskussion: Es bleibt
noch viel zu tun.
Dass das "Frauenthema" doch noch
genügend Sprengkraft besitzt, zeigte sich bei der Abstimmung
über die Beschlussempfehlung des federführenden
Familienausschusses (15/5052) zu einem Antrag der Union (15/4146),
als die Koalition überraschend eine Niederlage - die erste in
dieser Legislaturperiode - erlitt. Grund dafür: Es waren zu
wenige Abgeordnete von Rot-Grün im Plenum anwesend. In ihrem
Antrag würdigt die Union die 1994 ins Grundgesetz aufgenommene
Passage, mit der die Gleichberechtigung von Frauen und Männern
zum Staatsziel erhoben wurde und fordert die Bundesregierung in 13
Punkten auf, die tatsächliche Gleichberechtigung von Frauen
durchzusetzen. Die Abstimmung löste einen juristischen Streit
aus: Während die Union darauf beharrte, mit der Ablehnung der
Beschlussempfehlung, die ihrerseits die Ablehung des Unionsantrages
vorsah, sei die Oppositionsinitiative "durchgebracht" worden,
spielte die Koalition die Abstimmung herunter: "Nix beschlossen,
nicht viel passiert", so die lapidare Feststellung des
Parlamentarischen Geschäftsführers der Grünen,
Volker Beck. Im Ältestenrat stellten am Abend dann SPD,
Grüne und FDP fest, dass bei der Abstimmung nicht über
den Unionsantrag selbst, sondern über die ablehnende
Ausschussempfehlung entschieden worden war. Wegen der
endgültigen rechtlichen Klärung wird sich der
Geschäftsordnungsausschuss mit dem Thema noch
befassen.
Zuvor stritten die Abgeordneten im Plenum in
der Sache. Handlungsbedarf sah die SPD-Abgeordnete Christel Humme.
Zwar seien Frauen in Deutschland mittlerweile den Männern
gleichgestellt. Doch klaffe zwischen Anspruch und Wirklichkeit noch
eine große Lücke. Notwendig sei, mehr Frauen in
Führungspositionen zu bringen und für eine bessere
Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu sorgen. Obwohl die Koalition
in ihrer Regierungszeit frauenpolitisch viel erreicht habe, sei
noch nicht alles geschafft.
Die Union hielt der Regierung hingegen
Versäumnisse vor. So kritisierte die CSU-Abgeordnete Hannelore
Roedel, seit der Regierungsübernahme von Rot-Grün habe
sich die Situation der Frauen in der Bundesrepublik nicht
verbessert. Sie verdienten bei gleichwertiger Arbeit
durchschnittlich 30 Prozent weniger als Männer und seien trotz
besserer Bildungsabschlüsse in Wissenschaft und Forschung
unterrepräsentiert.
Die Grünen lobten hingegen ihre
bisherige Frauenpolitik. Die Koalition habe seit 1996 "alle
Hände voll zu tun" gehabt, weil die Union "jahrelang ihre
Hände in den Schoß gelegt" habe, kritisierte Irmgard
Schewe-Gerigk. So sei der Frauenanteil bei Professuren von 9 auf 13
Prozent gestiegen. Vor allem in der Privatwirtschaft sei aber noch
viel zu tun. Schewe-Gerigk schlug vor, ein "Bündnis für
Chancengleichheit" ins Leben zu rufen.
Die Liberalen richteten ihren Blick auf den
Ausland: Deutschland solle sich "an den fortschrittlichsten
Ländern in Sachen Gleichstellung" messen, so die
FDP-Politikerin Ina Lenke. Frauen erwirtschafteten neben ihren
Leistungen in der Familie und im ehrenamtlichen Bereich auch
große Teile des Bruttosozialprodukts und trügen damit
wesentlich zum Steueraufkommen bei. Trotzdem seien sie noch immer
"meilenweit von echter Teilhabe und echter Chancengleichheit
entfernt".
Verteilung des Einkommens
Grundlage für die Debatte waren
Anträge aller Fraktionen zum Thema.
Auf die Gleichstellung von Frauen und
Männern insbesondere im Berufsleben konzentrieren sich
Anträge der Koalition (15/5029) und der FDP (15/5032). In
ihrer Initiative beleuchten die Fraktionen von SPD und Bündnis
90/Die Grünen zunächst verschiedene Bereiche des
öffentlichen Lebens, in denen die Gleichstellung von Frauen
vorangekommen ist. Die Bundesregierung soll nun tätig werden,
um eine gerechte Verteilung der Erwerbs- und Familienarbeit sowie
eine gerechte Verteilung des Einkommens zwischen Geschlechtern
ebenso zu erreichen wie eine umfassende
Beschäftigungsförderung von Frauen. Auch soll sie bei der
Evaluation der Arbeitsmarktreformen den Grundsatz des Gender
Mainstreaming anwenden. In einem weiteren Antrag setzten sich die
Koalitionsfraktionen (15/5030) für mehr
Geschlechtergerechtigkeit in Wissenschaft und Forschung ein. Das
große Potenzial Deutschlands an hochqualifizierten Frauen
finde noch keinen entsprechenden Niederschlag "in einer
gleichberechtigten Beteiligung von Frauen vor allem an
Führungspositionen in Wissenschaft und Forschung". Angestrebt
werden solle, mittelfristig einen Frauenanteil von mindestens 20
Prozent bei den Professuren zu erreichen.
Die Erwerbstätigkeit von Frauen stellt
nach Ansicht der FDP-Fraktion ein enormes Potenzial für die
Wirtschaft dar, das bisher jedoch nicht genügend genutzt wird.
Trotz besserer Bildungsabschlüsse kommen Frauen noch zu selten
in höhere Positionen und besser bezahlte Tätigkeiten. Ihr
Anteil an allen Management-Positionen (nach Eurostat) ist seit 1998
kaum gestiegen und liegt bei 28 Prozent. In ihrem Antrag fordern
die Liberalen die Bundesregierung deshalb dazu auf, Fehlanreize im
Steuer- und Transfersystem, wie die Steuerklasse V, sowie
Schwächen in der Arbeitsmarktvermittlung und -politik
abzubauen, demgegenüber aber Angebote für eine
bedarfsgerechte, hochwertige Kinderbetreuung und Pflege von
Angehörigen auszubauen. Die Bundesregierung müsse die
berufliche Gleichstellung von Frauen ebenso in den Blick nehmen wie
Strategien zu einer besseren Vereinbarkeit von Familie und
Beruf.
Auf die Situation von Frauen in den
Entwicklungsländern gehen die Koalitionsfraktionen in einem
gesonderten Antrag (15/5031) ein. Sie fordern darin die
Bundesregierung auf, diese Staaten verstärkt bei der Bildung
und beruflichen Qualifizierung von Frauen und Mädchen zu
unterstützen. Sie müsse ferner unter anderem
Maßnahmen ergreifen, um die rechtliche Gleichstellung, den
Zugang zu Eigentum, Landbesitz sowie Kreditsystemen zu
ermöglichen. Jegliche Form der Diskriminierung von Frauen und
Mädchen müsse verurteilt werden. Regierungen der
Entwicklungsländer müssten aufgerufen werden, die Ahndung
und Bestrafung so genannter Ehrenmorde,
Genitalverstümmelungen, Vergewaltigungen und psychischer
Gewalt in Angriff zu nehmen. Ferner müsse die Regierung sich
verstärkt für die Bekämpfung des Frauenhandels
einsetzen.
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