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Jeannette Goddar
Willst Du mit mir wählen gehen?
Bundestag und freie Initiativen versuchen,
Jungwähler zu mobilisieren
Die gute Nachricht: Jugendliche sind gar nicht
so unpolitisch. Immerhin jeder fünfte 16- bis 29-Jährige
setzt sich für irgendetwas ein, für den Frieden, die
Umwelt oder globale Gerechtigkeit zum Beispiel. Die nicht ganz so
gute Nachricht: Parteien unterstützen wollen immer weniger
Jugendliche. Und zwar nicht nur als Mitglieder, sondern auch als
Wähler oder Wählerinnen. Vor drei Jahren lag die
Wahlbeteiligung bei den Erstwählern mit 70,2 Prozent um rund
neun Prozentpunkte unter dem Bundesdurchschnitt. Und von denen, die
beim ersten Mal noch stimmen gehen, haben einige schnell genug:
Unter den 21- bis 25-Jährigen gingen 2002 sogar nur 68,1
Prozent zur Wahl. Das mag verschiedene Gründe haben, von denen
der häufigst genannte die so genannte "Politikverdrossenheit"
ist.
Glaubt man dem Deutschen Jugendinstitut, das
regelmäßig das politische Engagement junger Menschen
misst, hängt die Wahlabstinenz abauch damit zusammen, dass sie
sich schlecht vorbereitet und schlecht infomiert fühlen. Und
auch wenn die demographische Entwicklung auch ganz ohne
Wahlenthaltungen dafür sorgt, dass immer mehr von immer
Älteren entschieden wird gilt: Am 18. September sind zehn
Millionen unter 30-Jährige wahlberechtigt.
An erster Stelle bemüht sich
natürlich der Deutsche Bundestag um die Wähler. Mit
pfiffigen, jungen Logos und gut verlinkten Informationen im
Internet will das Parlament vor allem auch die jungen Wähler
erreichen. Formel 1-Fahrer Heinz-Harald Frentzen, die
Beach-Volleyballerinnen Stephie Pohl und Okka Rau sowie die
Fußballer Benny Lauth und Thomas Doll treten mit viel Power
auf der Seite "www.egal-ich-geh-zur-wahl.de" auf. Außerdem
bietet das Bundestagslogo auf der Seite einen Link zum virtuellen
Adler, der einem alle Fragen zur Wahl beantwortet. Und was gibt es
für die Unentschlossenen? E-Cards zum Verschicken. Mit ihnen
kann man seinen Freunden auf die Sprünge helfen: "Deine Stimme
fehlt mir", ist eine davon. Wer möchte die E-Card nicht
bekommen?
Ganz ähnlich ist die Kampagne der
Evangelischen Organisationen aufgebaut. Sie haben vier
Internetspots produziert, die den Jungwählern den
entscheidenden Quadratmeter schmackhaft machen sollen: Die
Wahlkabine. 400.000 Postkarten sollen auf die Aktion aufmerksam
machen, dann, so hoffen die Initiatoren, werden sich viele
Jugendliche die Spots auf der Website "www.nutzedenraum.de"
runterladen und per E-Mail verschicken.
Doch es gibt auch ganz andere Konzepte: Die
"Wahl Gang 05", eine Gruppe engagierter Studenten, versucht mit
frischen Ideen und der Unterstützung von Prominenten und der
Bundeszentrale für politische Bildung, die jungen Wähler
zu motivieren - wie schon 2002 mit großem Erfolg. "Die
politische Klasse hat allen Grund zu fürchten, die Jungen
nicht gewonnen zu haben", sagt Sandra Maischberger, die in
ungewohnter Rolle vor die Kameras trat. Als selbst ernannte
"Wahlgangsbraut", die sich als "Schirmfrau" einer Berliner
Jungwählerinitiative verschrieben hat, wirbt sie gemeinsam mit
den Politik-Studenten der Freien Universität Berlin um mehr
Wahlbeteiligung von Jungwählern. Bestandteile der Kampagne der
Wahlgang sind ein Kino- und TV-Spot, in dem die Wahlberechtigung
als Schritt auf eine Gästeliste erklärt wird; eine
Telefon-Aktion (Telefon 0800-30 000 09), an der sich diverse
Schauspieler und Bands beteiligen und eine Schultour durch die
Republik. Außerdem unterhält die "Politikfabrik" der
Berliner Studierenden in Berlin-Mitte eine "Wahl-Lounge", in der
sie Material bereitstellen und Diskussionen
veranstalten.
Dafür, dass die "Wahl Gang" nicht
spurlos an ihrer Zielgruppe vorüber geht, gibt es zumindest
Indizien: 2002 hatten sich die Polit-Gangster vor allem jenen
Berliner Bezirk zum Aktionsfeld auserkoren, in dem die
Wahlbeteiligung unter Erstwählern am niedrigsten war. Am Ende
konnte sie auf eine höhere Beteiligung verweisen: Allerdings
handelt es sich bei diesem Bezirk um Kreuzberg-Friedrichshain, das
schon deshalb bundesweit enorme Aufmerksamkeit auf sich zog, weil
sich hier mit Christian Ströbele der einzige grüne
Direktkandidat durchsetzte. Dennoch erscheint auch der
Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) der Weg, den die
Politikfabrik geht, für so erfolgreich, dass sie das Projekt
auch in diesem Jahr unterstützt.
Wer wählen will, aber nicht weiß
was, kann auf ein weiteres Tool der bpb zurückgreifen: Der
Wahl-O-Mat (www.wahl-o-mat.de) bietet jedem die Gelegenheit, anhand
von 30 politischen Statements zu überprüfen, welche
Partei für ihn die richtige ist.
Der Bedarf an der Online-Hilfe ist in Zeiten
allgemeiner Unsicherheit offenbar enorm: Nach einer Woche
zählte die Bundeszentrale bereits eine Million Nutzer,
gleichwohl von Wählern jeden Alters.
Noch ein paar Jahre früher als die
Politikfabrik setzt die Berliner Initiative u18 an. Im Internet
stellte der Zusammenschluss freier Träger Jungen und
Mädchen unter 18 Wahlunterlagen zur Verfügung. Diese
zählen zwar nicht bei der Wahl des Bundestages, sollen der
Jugend aber trotzdem eine Stimme verleihen. Damit diese auch
früh gehört wird, hat U18 den Wahltermin kurzerhand auf
den 9. September vorgezogen. Die Ergebnisse werden noch am selben
Abend unter "www.u18.org" stehen.
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