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Daniela Weingärtner
Keine Noten nach Sympathie
Fortschrittsbericht zum EU-Beitritt
Rumäniens und Bulgariens
Für die 18 bulgarischen und 35 rumänischen
Delegierten, die seit Ende September mit Beobachterstatus im
Europaparlament sitzen, war der 25. Oktober ein besonderer Tag. Der
mit Spannung erwartete Bericht über die Beitrittsreife der
beiden Länder wurde von der EU-Kommission in Straßburg
vorgestellt. In einem Drittel der Politikbereiche sind demnach noch
ernste Anstrengungen nötig, damit Rumänien und Bulgarien
das geplante Beitrittsdatum 1. Januar 2007 einhalten können.
Auf zehn Prozent schätzt Erweiterungskommissar Olli Rehn den
Anteil der Gesetzgebung und der politischen Praxis, die Anlass zu
ernsthafter Sorge geben.
Das kritische Urteil trifft beide Länder gleich.
Während noch vor einem Jahr Bulgarien in der Beurteilung
deutlich besser wegkam als das Nachbarland, ist nun die Liste der
Kritikpunkte etwa gleich lang: Im Kampf gegen Korruption und
organisiertes Verbrechen seien, so der Bericht, mehr Anstrengungen
nötig und auch die Außengrenzen seien nur unzureichend
geschützt. Zudem bemängelt die Kommission, dass in
Rumänien die Korruption, gerade auch in den obersten Etagen
der politischen Hierarchie, nicht ausreichend verfolgt werde. Die
Arbeit der Ermittlungsbehörden im Justizapparat Bulgariens
wird als nicht rechtsstaatlich kritisiert. Menschenrechte,
Kinderbetreuung, die Situation psychisch kranker Menschen und die
Lage der Minderheiten werden in beiden Ländern als
verbesserungswürdig angesehen.
Der bulgarische sozialistische Abgeordnete Kristian Vigenin
sitzt seit Ende September als Beobachter im Europaparlament. Auch
er räumt ein, dass Rumänien gegenüber seinem Land
aufgeholt habe. "Wir haben viel Zeit durch den Wahlkampf verloren.
Nun haben wir eine neue pro-europäische sozialistische
Regierung, die das wett machen wird", sagt er in Anspielung auf den
Regierungswechsel im Juni. Die Kritik der EU-Kommission hält
Vigenin für gerechtfertigt. "Es ist nicht so, dass wir unsere
eigenen Schwächen nicht kennen würden." Ein Signal, dass
der Beitrittstermin verschoben werde, sei der Bericht für ihn
aber nicht.
Auch der rumänische Abgeordnete Ovidiu Victor Gant lobt den
Bericht als ausgewogen. Er sitzt für die deutsche Minderheit
im rumänischen Parlament. Seine Aufgabe als Politiker sei es,
den Leuten klarzumachen, dass die Kommission ihre Noten nicht nach
Sympathie verteile. "Bringen wir die Leistung, wird es kommen, wie
wir es uns wünschen."
Die ökonomische Analyse der Kommission fällt in den
beiden Länderberichten deutlich positiver aus als das Urteil
über den politischen Fortschritt. Das Wirtschaftssystem sei
stabil, in beiden Ländern gekennzeichnet durch hohes Wachstum,
niedrige Inflation und sinkende Arbeitslosigkeit. Doch die
steigende Verschuldung Bulgariens bereitet der Kommission Sorge.
Dennoch sollte das Land in der Lage sein, seine Zusagen bis zum
geplanten Beitrittsdatum zu erfüllen. Allerdings müssten
die Sicherheitsstandards für Schiffe und Flugzeuge garantiert,
die Lebensbedingungen für die Ärmsten verbessert und die
Umweltverschmutzung durch Industriebetriebe gemindert werden. In
Rumänien fehle es an Rechtssicherheit für Unternehmen und
Investoren, juristische Entscheidungen von Wirtschaftskammern
würden nicht konsequent umgesetzt.
Ernste Bedenken hat die Kommission noch bei der
Lebensmittelhygiene und der Verteilung von Fördermitteln aus
Brüssel. Die Strukturen seien betrugsanfällig. Dennoch
soll Bulgarien im kommenden Jahr weitere 545 Millionen Euro als
Hilfe zum politischen und wirtschaftlichen Umbau erhalten.
Rumänien kann mit 1,155 Millionen Euro rechnen.
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des
EU-Parlamentes, der konservative Abgeordnete Elmar Brok,
bezeichnete die Zwischenbilanz der EU-Kommission als "gelbe Karte".
Sein Kollege Pierre Moscovici von den Sozialisten hält das
für übertrieben. "Die Fortschritte sind nicht gering.
Aber es bleibt Anlass zur Besorgnis, vor allem was den Kampf gegen
Korruption und den Schutz der Außengrenzen angeht."
Ein endgültiges Urteil, ob der 1. Januar 2007 als
Beitrittstermin eingehalten werden kann, halten beide Politiker
für verfrüht. Auch die EU-Kommission will erst im
Frühjahr entscheiden, ob sie dem Rat empfehlen kann, den
Beitrittszeitplan einzuhalten. Ovidiu Gant ist da optimistisch. Es
sei zwar denkbar, dass einige Beitrittsrechte für eine
Übergangszeit einschränkt würden. Doch eine
Verschiebung auf den 1. Januar 2008 erwartet er nach diesem
positiven Bericht nicht mehr. Der rumänische Abegordnete
bleibt zuversichtlich: "Unter deutscher Präsidentschaft treten
wir Anfang 2007 in die Union ein".
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