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Bernard Bode / Dirk Klose
Der Staat dankt seinen Soldaten
50 Jahre Bundeswehr
Mit einem Empfang am 26. Oktober mit Reden des
Bundestagspräsidenten Norbert Lammert (CDU) und des
NATO-Generalsekretärs Jaap de Hoop Scheffer und einem
anschließenden Großen Zapfenstreich hat die Bundeswehr
ihr 50-jähriges Bestehen gefeiert. Am 12. November 1955
überreichte Bundesverteidigungsminister Theodor Blank (CDU) in
Bonn den ersten 101 Freiwilligen die Ernennungsurkunden. Der
Zapfenstreich, traditionell die höchste Form der
militärischen Ehrerweisung durch deutsche Soldaten, fand
erstmals auf dem Platz der Republik unmittelbar vor dem
Reichstagsgebäude statt. Er wurde vom Wachbataillon des
Bundesverteidigungsministerium sowie vom Stabsmusikkorps der
Bundeswehr begangen. Geladen waren mehr als 4.000 Gäste,
darunter Bundespräsident Horst Köhler (CDU),
Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD), zahlreiche
Bundestagsabgeordnete sowie Vertreter des öffentlichen
Lebens.
Die Linkspartei hatte schon zuvor den Zapfenstreich kritisert
und angekündigt, dem Zeremoniell fernbleiben zu wollen. Etwa
1.200 Demonstranten taten ihren Protest gegen den Zapfenstreich
kund. Ihrer Meinung nach knüpft die Veranstaltung an die auch
in der Zeit des Nationalsozialismus gepflegte Tradition aus der
Kaiserzeit an. Ein Großaufgebot von Polizis-ten, Soldaten und
Feldjägern hatte den Platz der Veranstaltung weiträumig
abgesperrt.
"Ein Kind des Kalten Krieges"
Indes wies der neu gewählte Bundestagspräsident
Norbert Lammert (CDU) darauf hin, dass die Erfolgsgeschichte der
Bundeswehr zum Zeitpunkt ihrer Gründung noch nicht absehbar
gewesen sei. Er erinnerte daran, wie umstritten die
Streitkräfte damals waren. Heute könne man jedoch sagen,
dass die Bundeswehr sich nahezu überall außerhalb eines
ernsthaften Streites befinde. "Ein schöneres Kompliment kann
es kaum geben", freute sich Lammert. Die Bundeswehr sei ein "Kind
des Kalten Krieges", aber ohne den Beitrag der Streitkräfte
hätte dieser Kalte Krieg nicht gewonnen werden können.
Zum Zeitpunkt der deutschen Einheit habe es keine andere
vergleichbare Aufgabe gegeben als die, Menschen aus zwei
gegnerischen, bis an die Zähne bewaffneten Armeen
zusammenzuführen, sagte der CDU-Politiker. Gleichzeitig sei
der Prozess der Herstellung der inneren Einheit an fast keiner
anderen Stelle so gut gelungen wie bei der Integration der
Nationalen Volksarmee in die Bundeswehr.
In den 50 Jahren ihres Bestehens habe es zudem einen permanenten
Zwang zum Sparen gegeben. Die Bundeswehr habe immer unter dem Druck
knapper öffentlicher Kassen gelitten. Aber die
Streitkräfte seien wie wenige andere öffentliche
Institutionen immer bereit gewesen, mit großer Disziplin und
Professionalität notwendige Veränderungen umzusetzen.
Wenn andere notwendige Veränderungen in Deutschland in
ähnlicher Weise gelungen wären, würden sich die
Koalitionsverhandlungen heute vielleicht leichter gestalten.
Lammert dankte dem scheidenden Bundesverteidigungsminister Peter
Struck (SPD) stellvertretend auch für alle seine
Vorgänger. Er schloss darin alle Soldaten und Soldatinnen ein,
die als Wehrpflichtige oder Berufssoldaten ihren Beitrag zur
Verteidigung von Frieden, Freiheit und Demokratie für das Land
geleistet haben. Dankende Worte fand er auch für seine
Kolleginnen und Kollegen: Der Begriff "Parlamentsarmee" habe sich
längst durchgesetzt. Aber es müsse immer klar sein: "Wir,
der Deutsche Bundestag, wissen, dass wir uns auf diese Armee
verlassen können, und die Soldatinnen und Soldaten sollten
wissen, dass sie sich auf uns verlassen können."
Der NATO-Generalsekretär de Hoop Scheffer hatte zuvor schon
seinen "Chapeau, Respekt, großen Respekt" für die
Bundeswehr bekundet. Die NATO und die Bundeswehr seien heute ohne
einander nicht mehr denkbar. Beide sicherten den Frieden - und zwar
nicht mehr durch Abschreckung, sondern durch aktive
Friedensoperationen dort. Kein Staat könne es sich noch
erlauben, Streitkräfte zu unterhalten, die allein der
Territorialverteidigung dienen. Wie zuvor schon
Bundestagspräsident Lammert verwies auch de Hoop Scheffer
darauf, dass die Streitkräfte Unterstützung verdienen:
politisch, moralisch und finanziell. "Vor allem aber schulden wir
ihnen, sie in der gesellschaftlichen Debatte nicht alleine zu
lassen", so der NATO-Generalsekretär. Die Soldaten hätten
ein Anrecht darauf, bei der Ausübung ihres gefährlichen
Auftrags auf Politik und Öffentlichkeit gleichermaßen
zählen zu können.
Auch heute, in einem Zeitalter, das manche das "Zeitalter des
Terrorismus" nennen würden, blieben Bundeswehr und NATO
aufeinander angewiesen. Die deutschen Streitkräfte und das
Bündnis seien keine "eurozentrischen" Instrumente mehr,
sondern könnten überall dort eingesetzt werden, wo dies
zur Verteidigung gemeinsamer Werte und Interessen erforderlich sei.
Im "Zeitalter der Globalisierung", so de Hoop Scheffer, sei die
Unterscheidung in "nahe" und "ferne" Bedrohungen "längst
obsolet" geworden. Entweder man begegne den Problemen dort, wo sie
entstehen, oder diese Probleme kämen "früher oder
später" zu uns.
Deutschland habe, so der NATO-Generalsekretär, die "enormen
Herausforderungen", die während des letzten halben
Jahrhunderts im Rahmen des atlantischen Bündnisses anstanden,
"mit Bravour" bewältigt. Die transatlantische Solidarität
im Bündnis habe dazu beigetragen, dass aus dem Kalten Krieg
nie ein heißer Krieg geworden sei. Als sich dann das Ende des
Ost-West-Konflikts abgezeichnet habe, sei es die NATO gewesen, die
das politische Symbol für die feste Verankerung Deutschlands
in der transatlantischen Wertegemeinschaft dargestellt habe.
Schon zwei Tage zuvor hatte es in Berlin eine weitere
Feierstunde gegeben: Im Schlüterhof des Zeughauses wurde der
Gründung der Territorialen Wehrverwaltung am 24. Oktober 1955
in Andernach gedacht. Die Schaffung einer eigenständigen
zivilen Verwaltung neben den Streitkräften sei ein Novum in
der deutschen Militärgeschichte gewesen, betonten dort
Verteidigungsminister Struck und andere Redner. Struck sagte, die
eingeleitete Transformation der zivilen Verwaltung sei sicher
für manche Kommune schmerzlich, doch gebe es dazu "keine
Alternative".
Der Bonner Historiker und FAZ-Redakteur Rainer Blasius erinnerte
an den mitunter dramatischen Prozess in den Gründerjahren,
eine zivile Verwaltung gegen traditionelles militärisches
Denken durchzusetzen.
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