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Bert Schulz
Editorial
Es ist nicht leicht für Politiker, Jugendlichen und jungen
Erwachsenen gegenüber korrekt aufzutreten - korrekt im Sinne
von angemessen und richtig. Denn korrekt - im Sinne von steif und
staatstragend - möchte man ja gerade nicht wirken. Viel zu
weit ist das damit verbundene Image von der Lebenswelt der meisten
jungen Leute entfernt. Sie sind flippig, voller Träume,
benutzen seltsame Worte, tragen provozierende Kleidung, viele sind
engagiert, manche faul - und alle sind sie Wähler. Wie also
ihnen gegenüber auftreten?
Politik ist eine Welt für Erwachsene. Es gibt viele
Beispiele für falsche Formen der Annäherung: Bilder von
Politikern, die versuchen, sich auf einer Bühne zwischen
Jugendlichen zu Technomusik zu bewegen ist eines davon. Es gibt
hier kein Patentrezept. Dafür sind die Jugendlichen zu
unterschiedlich veranlagt und situiert, nicht wenige haben einfach
ganz andere Interessen, und Politik - sei es im kleinen auf
kommunaler Ebene oder im großen - hat da kaum Platz.
Das kann man ändern: Neben Politikern geben sich viele
andere Gruppen, Organisationen und Institutionen Mühe, jungen
Menschen zu erklären, wie Politik funktioniert und warum sie
sich daran beteiligen sollten - zumindest als Wähler. Das ist
Aufgabe politischer Bildung; sie ist elementar in einer
Demokratie.
Wichtig ist - so schreiben mehrere Autoren dieser Ausgabe - die
Jugendlichen und jungen Erwachsenen ernst zu nehmen. Die Zeiten, in
denen man Politik mit zu Albernheit verkommenen Spaß versuchte
gleichzusetzen, sind vorbei. Viele junge Menschen wissen, dass
Politiker heute über Fragen entscheiden, die ihr ganzes Leben
beeinflussen werden. Sie haben erkannt, dass sie eine Generation
sind, die vor weitaus schwierigeren sozialen und ökonomischen
Problemen steht als ihre Vorgänger. Und sie wollen, dass
Politiker und Politikvermittler dies anerkennen, indem sie die
jungen Leute für voll nehmen.
Gleichzeitig ist Spaß ein Faktor, ohne den Politik für
Jugendliche uninteressant wird. Demokratie - also die Beteiligung
an Entscheidungen, das Sammeln von Unterschriften für eine
Bürgerinitiative, die Diskussion mit dem Abgeordneten -
bereitet Freude, macht Spaß und ist nicht albern. Dies zu
vermitteln ist eine wichtige Aufgabe politischer Bildung, sagt
Klaus Hurrelmann, Mitautor der Shell-Jugendstudie, in dieser
Ausgabe. Und: Je früher junge Menschen dies erkennen, desto
früher lernen sie auch die Mechanismen des politischen Systems
kennen und können so unterscheiden, ob eine
Regierungserklärung und die Replik der Opposition darauf ein
echter Kampf um politische Positionen ist oder lediglich
symbolische Politik.
Dabei sind Jugendliche keineswegs politikverdrossen - auch dies
ist eine Quintessenz vieler Artikel. Ihre Beteiligung an
Nichtregierungsorganisationen ist hoch, selbst bei den - von vielen
bereits als Auslaufmodell verschrieenen - Gewerkschaften. Das
Auslaufmodell in den Augen vieler Jugendlicher sind die Parteien.
Sie werden oft reduziert auf ihre Funktion als reines
Karrierenetzwerk für den politischen Nachwuchs - und das ist
wenig attraktiv für die meisten Jugendlichen.
Vielleicht kommen durch diese Karrierenetzwerke aber auch
häufiger als bisher jüngere und junge Politiker in
wichtige Positionen. Dies wäre ein erster Schritt, das
düstere Bild der Jugendlichen von den Parteien aufzuhellen.
Die Distanz zwischen der Erwachsenenwelt der Politik und den
Jugendlichen würde so - zumindest gemessen am Alter -
schrumpfen. Das routinemäßige Drängen von Vertretern
der Jugendorganisationen der Parteien, bei der Vergabe politischer
Posten stärker berücksichtigt zu werden, macht also Sinn.
Dort angekommen, sollten sie jedoch nicht vergessen, wo sie
hergekommen sind - dass sie vor nicht allzu langer Zeit selbst jung
waren.
Bert Schulz ist Redakteur der "tageszeitung" (taz) in
Berlin.
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