Martin Peter
Umbruch in Brandenburgs Landtag
Matthias Platzeck ist SPD-Vorsitzender,
Jörg Schönbohm profitiert davon
Insgeheim hatte Brandenburgs CDU-Chef Jörg Schönbohm
(68) gehofft, von der designierten Bundeskanzlerin Angela Merkel
(51) als Verteidigungsminister in ihr Kabinett nach Berlin gerufen
zu werden. Doch daraus wurde für den ehemaligen General
nichts, der in Brandenburg zugleich in der Koalition aus CDU und
SPD Innenminister und stellvertretender Ministerpräsident ist.
Weil die CDU im vergangenen Jahr bei der Landtagswahl nach SPD und
PDS nur drittstärkste Fraktion wurde, wuchs die Kritik an
Schönbohm. Nach dem besonders schlechten Abschneiden der
brandenburgischen Union bei der Bundestagswahl am 18. September
2005 (die SPD gewann alle Direktmandate, die CDU fiel auf rund 20
Prozent zurück und fuhr damit das schlechteste Ergebnis in
allen Bundesländern ein), hofften nicht wenige auf einen Ruf
nach Berlin, um ihn in Brandenburg loszuwerden.
Zugleich machte es Eindruck im Land rund um Berlin, wie der
Regierungschef und jetzige SPD-Vorsitzende Matthias Platzeck (51)
sogar das Angebot ablehnte, als Vizekanzler und Außenminister
in die künftige Bundesregierung einzutreten. Er stehe, so
Platzeck, bei seinen Wählern im Wort, seine Kraft für
Brandenburg einzusetzen. In der Tat war es sein Verdienst, gegen
den Bundestrend im vergangenen Herbst die schon von der SPD
verloren geglaubte Wahl noch zu gewinnen. Doch plötzlich ist
in Brandenburg alles anders. Denn die Nachfolge von Franz
Müntefering als Bundesvorsitzender der SPD wollte Platzeck
nicht ausschlagen. Schließlich kann er als SPD-Chef weiter
Ministerpräsident bleiben. Allerdings gehen die
Sozialdemokraten davon aus, dass Platzeck im Land bald einem
anderen Platz machen wird.
Opfer der vorgezogenen Wahl
Doch keineswegs nur SPD und CDU sind ein "Opfer" der
vorgezogenen Bundestagswahl geworden, sondern auch die
Linkspartei.PDS, die mit 26 Prozent der Wählerstimmen das
beste Ergebnis für die Partei in ganz Deutschland einfuhr.
Dadurch ist die brandenburgische Linkspartei.PDS im 16. Deutschen
Bundestag mit fünf Abgeordneten vertreten. Freilich bezahlt
mit einem schweren Verlust für die Landtagsfraktion. Denn die
politischen Schwergewichte der Fraktion -
Landtagsvizepräsident und Parteichef Lothar Bisky sowie
Fraktionschefin Dagmar Enkelmann - wechselten nach Berlin ins
Bundesparlament. In Brandenburg sind beide für die
Linkspartei.PDS schwer zu ersetzen.
Nutznießer der Großen Koalition auf Bundesebene in
Berlin ist in Brandenburg mit Sicherheit die CDU, nicht zuletzt
aber auch Jörg Schönbohm. Da Matthias Platzeck neuer
Bundesvorsitzender der SPD ist, wird er zwangsläufig nicht
mehr als Ministerpräsident so präsent sein können
wie bislang. Schönbohm wird ihn öfter vertreten
müssen. Das wiederum kann seiner Popularität nicht
schaden. Intern fragt sich die CDU, ob es ihr gelingt, die durch
Platzecks häufige Abwesenheit entstehende Lücke in
Brandenburg zu ihren Gunsten zu schließen. Schönbohm wird
es nach Kräften versuchen.
Allerdings hat er inzwischen dem parteiinternen Druck
nachgegeben, 2007 auf den Parteivorsitz zu verzichten und damit
dann wohl auch auf eine erneute Spitzenkandidatur bei der
Landtagswahl 2009. Dann hätte Schönbohm auch schon die 70
weit überschritten. Die brandenburgische CDU wird dann auf ein
neues Gesicht setzen - vor allem wohl auf Wirtschaftsminister
Ulrich Junghans (49), dem die größten Chancen als
künftigem brandenburgischen CDU-Chef eingeräumt werden.
Allerdings sollte Kulturministerin Johanna Wanke nicht
übersehen werden. Hoffnungen auf die Schönbohm-Nachfolge
im Parteiamt machen sich auch CDU-Generalsekretär Sven Petke
(37) und Fraktionschef Thomas Lunacek.
Koalition ist sicherer
Durch die Wahl Platzecks zum SPD-Bundesvorsitzenden ist aber
auch die große Koalition in Brandenburg sicherer geworden.
Rein rechnerisch hätte eine Koalition aus SPD und
Linkspartei.PDS eine noch größere Mehrheit im Landtag.
Aber Platzeck kann nicht auf Bundesebene im
CDU-CSU-SPD-Koalitionsausschuss sitzen und im eigenen Land mit der
Linkspartei.PDS koalieren. Also braucht sich die Union um ihre
Regierungsbeteiligung bis 2009 nicht zu sorgen.
Viele gehen davon aus, dass Platzeck spätestens zu Beginn
des Jahres 2008 als Vizekanzler und Minister in die Große
Koalition eintritt, um sich auf seine künftige Funktion als
Kanzlerkandidat des Jahres 2009 vorzubereiten. Etwas Besseres kann
der brandenburgischen CDU nun gar nicht passieren. Denn 2007 wird
Platzeck wahrscheinlich zunächst den SPD-Landesvorsitz
abgeben. Als aussichtsreichster Kandidat gilt der SPD-Fraktionschef
im Landtag, Günter Baaske. Dieser könnte dann ab 2008
Platzeck als Ministerpräsident ablösen.
Da aber Baaske (bis 2004 Sozialminister) im Land nicht bekannter
ist als Junghans, könnte es zu einem spannenden Duell zwischen
beiden bei der Landtagswahl 2009 kommen. Insgesamt zeigt sich aber,
dass es der brandenburgischen SPD an einer größeren Zahl
herausragender politischer Köpfe fehlt, mit denen man Wahlen
gewinnen kann.
Landespolitisch also ist es durch die Große Koalition in
Berlin spannend geworden: In SPD und CDU hat intern die Suche nach
einem Nachfolger für Matthias Platzeck und Jörg
Schönbohm begonnen und die PDS muss ihre Spitze erst wieder im
Land bekannt machen. Das wird kein leichtes Unterfangen.
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