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Günter Pursch
Manager der Macht
Volker Kauder, Peter Struck und Peter
Ramsauer
Volker Kauder, Peter Struck und Peter Ramsauer
sind die Manager der Macht im Bundestag. Kauder für die
CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Peter Struck für die SPD-Fraktion
und Peter Ramsauer für die CSU-Landesgruppe. Ihre erste
Bewährungsprobe haben die drei bereits am ersten Arbeitstag
der Großen Koalition im Bundestag überstanden. Bei ihrer
Wahl zur Bundeskanzlerin erhielt Angela Merkel 397 Stimmen - 51
weniger als die schwarz-rote Koalition Sitze im Parlament hat.
Aus der SPD waren zuvor Stimmen laut
geworden, wegen des schlechten Abschneidens von Wolfgang Thierse
bei der Wahl zum Bundestagsvizepräsidenten könne die
Kanzlerkandidatin mit einer Reihe von Nein-Stimmen rechnen. Und
auch innerhalb der eigenen Fraktion - so wurde gemutmaßt -
könne der eine andere bei der geheimen Abstimmung Merkel die
Gefolgschaft verweigern. Doch das Krisenmanagement hat
funktioniert. Bevor es überhaupt zu einer Krise kommen konnte.
Ganze Kolonnen von Chronisten hatten zuvor mit mehr Ablehnung bei
der Wahl Merkels gerechnet.
Und nach der Wahl konnten die neuen
Koalitionäre darauf verweisen, dass noch kein Bundeskanzler
zuvor so viele Stimmen auf sich vereinigen konnte. Nur einmal, 1998
bei der ersten Wahl von Gerhard Schröder, gab es für den
Kandidaten mehr Stimmen als die damalige Koalition Sitze im
Bundestag hatte. Bei allen anderen Kanzlerwahlen seit 1949 konnte
kein Bewerber um das Amt des Regierungschefs alle Abgeordneten aus
dem eigenen Lager für sich gewinnen. Es gab stets Abweichler.
Am schlimmsten traf des Kurt Georg Kiesinger. Gegen ihn votierten
1966 immerhin 140 Abgeordnete der Großen Koalition, die 1969
endete.
Und jetzt, in der 16. Wahlperiode des
Deutschen Bundestages, arbeiten zwei Fraktionen im
Regierungsbündnis zusammen, die seit 36 Jahren in politischer
Gegnerschaft zueinander standen, jeweils abwechselnd als
Regierungs- oder Oppositionsfraktion. Und in dieser Zeit schenkte
man sich politisch nun wahrlich nichts. Kauder, Struck und Ramsauer
müssen nun der Regierung die parlamentarischen Mehrheiten
sichern. Sie müssen aus ihrem parlamentarischen
Selbstverständnis heraus aber auch die Regierung
kontrollieren. Sicherlich keine leichte Aufgabe. Aber wer sind die
handelnden Führungspersönlichkeiten?
Als CDU-Generalsekretär hatte Kauder
sich noch vor wenigen Wochen - man erinnere sich, es war in der
heißen Phase des Wahlkampfes - gar nicht vorstellen
können, dass es eine Große Koalition im Bund geben
könne. Die SPD, so sagte er damals, "ist Teil des Problems".
Doch der Wähler hatten am 18. September anders entschieden. Es
gab kaum eine andere Möglichkeit, eine stabile Regierung zu
bilden, als die Große Koalition aus CDU, CSU und SPD. In den
Vorbereitungsgesprächen kamen sich die bisherigen politischen
Gegner näher. Mit dem Parlamentarischen
Geschäftsführer der SPD, Olaf Scholz, duzt sich Kauder
mittlerweile.
Kauder, Jahrgang 1949, hat eine steile
politische Karriere hinter sich. Er war gerade 17, als er 1966 in
die Junge Union eintrat. Nach dem Abitur leistete er seinen
Wehrdienst ab, und studierte Rechtswissenschaft in Freiburg. Nach
dem Zweiten Staatsexamen arbeitete er ab 1978 in der Verwaltung des
Landes Baden-Württemberg und wurde 1980 stellvertretender
Landrat des Kreises Tuttlingen.
Die Familie des neuen Fraktionsvorsitzenden
ist politisch stark engagiert. Kauders Bruder Siegfried ist seit
2002 ebenfalls CDU-MdB. Volker Kauder heiratete 1976 Elisabeth
Biechele, Tochter des langjährigen Konstanzer
CDU-Bundestagsabgeordneten Hermann Biechele.
In der Jungen Union und in der CDU bekleidete
er eine Vielzahl von Funktionen. So war er 14 Jahre
Kreisvorsitzender seiner Partei in Tuttlingen und übernahm
1991 das Amt des Generalsekretärs der CDU in
Baden-Württemberg. Diese Funktion behielt er bis er Ende 2004,
als er von Angela Merkel das Amt des Generalsekretärs der CDU
Deutschlands übertragen bekam. Im Bundestag, in den er 1990
zum ersten Mal gewählt wurde, fiel er bald als
scharfzüngiger Redner auf. Im Wahlkreis Rottweil-Tuttlingen
wurde er stets direkt gewählt.
Drei erfahrene Politiker
Obwohl er sich 2001 vehement für Edmund
Stoiber als Kanzlerkandidat eingesetzt hatte, schlug ihn Angela
Merkel, die selbst den Fraktionsvorsitz übernahm, nach den
für die Union verlorenen Bundestagswahlen 2002 zum Ersten
Parlamentarischen Geschäftsführer der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion vor. Mit Geschick und Umsicht
organisierte er die stärkste Oppositionsfraktion.
Ein alter Hase auf dem politischen Parkett
ist sein sozialdemokratischer Partner. Peter Struck, wie Kauder
Volljurist, wurde mit der Arbeit "Jugenddeliquenz und Alkohol" 1971
promoviert. Er trat danach in die Hamburgische Verwaltung ein, war
bis 1972 persönlicher Referent des Präsidenten der
Universität Hamburg und arbeitete anschließend in der
Finanzbehörde der Hansestadt. 1973 ging er - ähnlich wie
Kauder - in die Kommunalpolitik und wurde stellvertretender
Stadtirektor in Uelzen. Der Politiker ist verheiratet und hat drei
Kinder.
1980 zog Struck, Jahrgang 1943, in den
Deutschen Bundestag ein. Noch unter dem SPD-Partei- und
Fraktionsvorsitzenden Hans-Jochen Vogel wurde er 1990
Parlamentarischer Geschäftsführer. Dieses Amt behielt er
auch unter den SPD-Fraktonsvorsitzenden Hans-Ulrich Klose und
Rudolf Scharping. Als Scharping nach dem Wahlerfolg von
Rot-Grün 1998 Verteidigungsminister wurde, übernahm
Struck den Fraktionsvorsitz der Sozialdemokraten im Bundestag.
Nachdem Scharping von Bundeskanzler Gerhard Schröder im Juli
2002 mitten in der heißen Wahlkampfphase als
Verteidigungsminister abgelöst wurde, folgte ihm Struck nach.
Innerhalb der Bundeswehr erwarb er sich trotz des strikten
Sparkurses für die Streitkräfte und der
Auslandseinsätze deutscher Soldaten Respekt und Anerkennung.
Als er sich von den Kommandeuren verabschiedete, hob er hervor, die
Große Koalition habe auch etwas Positives: Die Wehrpflicht
bleibe erhalten. Nicht unumstritten in der Öffentlickeit war
jedoch seine Äußerung über Auslandseinsätze der
Bundeswehr: "Die Sicherheit Deutschlands wird auch am Hindukusch
verteidigt."
Eine parlamentarische Besonderheit ist die
CSU-Landesgruppe. Sie bildet im Bundestag mit der CDU eine
Fraktionsgemeinschaft. In Bayern ist die CSU jedoch eine
eigenständige Partei, die mit ihrer größeren
Schwester in keinem Bundesland konkurriert und erfolgreich bei
Wahlen abschneidet. Der neue Landesgruppenchef Peter Ramsauer,
Jahrgang 1954, verheiratet, vier Töchter, ist der jüngste
unter den drei Vorsitzenden. Er fand früh in die Politik,
gründete bereits als 15-jähriger Schüler die
"Basisgruppe Schwarzer Peter". Als Gymnasiast des Landschulheims
Marquartstein besuchte er 1970 als Austauschschüler das
englische Elite-College Eton. Nach dem Abitur erlernte er das
Müllerhandwerk, während der Gesellenzeit studierte er
gleichzeitig Betriebswirtschaft, machte seine Meisterprüfung,
ist Diplom-Kaufmann und wurde 1985 promoviert. Über die
übliche "Ochsentour" stieg er Stufe für Stufe
aufwärts - Schüler-Union, Junge Union, CSU-Ortsverband,
hohe Funktionen in der CSU-Mittelstandsvereinigung. Wie Struck und
Kauder arbeitete auch er in der Kommunalpolitik. Wie Kauder wurde
er 1990 in den Bundestag gewählt, "im schönsten Wahlkreis
Deutschlands", wie er sagt, nämlich Traunstein-Berchtesgadener
Land. Im Bundestag arbeitete er unter anderem in der Wirtschafts-
und Sozialpolitik. Seit 1997 fungierte er als
Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe und somit als
Stellvertreter des Ersten Parlamentarischen
Geschäftsführers der Gesamtfraktion. Spöttisch nennt
er diese Funktion "parlamentarischer Gefechtsführer". In den
Debatten kann er eine scharfe Klinge kreuzen.
Die drei Politiker wurden mit beeindruckenden
Ergebnissen und einem großen Vertrauensvorschuss zu
Vorsitzenden gewählt. Für Kauder, der gern den Beruf des
Zirkusdirektors ergriffen hätte, votierten 93,3 Prozent der
CDU/CSU-Abgeordneten. Struck, der mit großer Vorliebe Motorrad
fährt, konnte 94 Prozent der SPD-Abgeordneten für sich
gewinnen. Für Ramsauer, der konzertreif auf dem Flügel
spielt, stimmten 93,2 Prozent der Mitglieder der
CSU-Landesgruppe.
Von 1998 bis 2002, als Struck bereits
SPD-Fraktionsvorsitzender war, konnte er als Debattenredner
kräftig poltern. Struck zieht Kumpelhaftigkeit einem
autoritären Führungsstil vor. Eine Art, die in der
SPD-Fraktion gut ankommt. Als CDU-Generalsekretär konnte auch
Kauder im Wahlkampf polarisieren. Als Parlamentarischer
Geschäftsführer war er bei seinen Fraktionskollegen wegen
seines verbindlichen Umganges - ebenso wie Peter Ramsauer - sehr
beliebt. Sie müssen nun eher ausgleichen, strittige politische
Probleme schnell und umsichtig lösen - oder ausklammern. Alle
drei müssen in dieser Wahlperiode dafür sorgen, dass die
eigenen Fraktionsmitglieder die im Koalitionsvertrag geschlossenen
Vereinbarungen mittragen und die gemeinsam beschlossene politische
Linie möglichst halten und nicht verlassen.
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