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Götz Hausding
Bundesrat lehnt Künastgesetz ab
Verhärtete Fronten im Streit um die
Gentechnik
Bundesverbraucherministerin Renate Künast
(Bündnis 90/Die Grünen) stößt mit ihrem
Gentechnikgesetz nach wie vor auf erbitterten Widerstand in der
Länderkammer. In seiner Sitzung am Freitag verwies der
Bundesrat die Vorlage in den Vermittlungsausschuss.
Landwirtschaftsministerin Petra Wernicke (Sachsen- Anhalt/CDU)
forderte ebenso wie ihr bayerischer Kollege Werner Schnappauf (CSU)
umfassende Nachbesserungen. Das Gesetz sei innovationsfeindlich und
verhindere die grüne Gentechnik, kritisierten sie.
Nachdem die Bundesregierung in einem ersten,
nicht zustimmungspflichtigen Teil des Gentechnikgesetzes unter
anderem strenge Haftungsregelungen durchgesetzt hatte, regelt der
zustimmungspflichtige Teil des Gesetzes technische Fragen der
Überwachung im Bereich der grünen Gentechnik.
Zufrieden, so Ministerin Petra Wernicke, sei
mit diesem Gesetz wohl nur die Bundesverbraucherministerin allein.
Es blieben weiterhin viele Fragen ungeklärt, eine wirkliche
Koexistenz zwischen Gen-Anbau und genfreier Landwirtschaft werde so
nicht erreicht, befand Wernicke. Unter den Landwirten im Bundesland
Sachsen-Anhalt herrsche zunehmender Gesprächsbedarf - die
Landesregierung wurde aufgefordert, sich für mehr
Rechtssicherheit einzusetzen. Die zentrale Kritik der Bauern ziele
auf die Haftungsbedingungen ab. Das Prinzip der
verschuldensunabhängigen Haftung, wonach alle Nutzer der
Gentechnik unabhängig von einem tatsächlichen Verschulden
für eventuelle Schäden durch Auskreuzung bei genfrei
produzierenden Landwirten haften, verhindere die grüne
Gentechnik. Selbst der Bauernverband, so die Ministerin, empfehle
angesichts dieser Risiken niemandem den Anbau von
genveränderten Pflanzen. Nicht zuletzt sei dadurch auch mit
gravierenden Einschränkungen bei der Forschung und Entwicklung
der Gentechnik in Deutschland zu rechnen. Mit ihrer Regelung
verstoße Künast außerdem nicht nur gegen EU-Recht,
sondern möglicherweise auch gegen die deutsche Verfassung.
Schließlich sei die Berufsfreiheit von Landwirten, die
genveränderten Anbau betreiben wollten, eingeschränkt.
Eine dahingehende Klageschrift werde vor dem
Bundesverfassungsgericht in Kürze eingereicht.
Kritik aus Bayern
Die Bundesregierung rede oft und gern von
Innovation, sagte Bayerns Umweltminister Werner Schnapp-auf, handle
jedoch zumeist innovationsfeindlich. Dies zeige sich in dieser
Frage ganz offen. Während Bundeswirtschaftsminister Clement
(SPD) die Gentechnik als Schlüsseltechnologie bezeichne, setze
seine Kabinettskollegin Künast alles daran, die grüne
Gentechnik zu verhindern. Die EU habe schon harte Regelungen
vorgegeben, doch die Bundesregierung wolle noch stärker
reglementieren und bürokratisieren. Damit vergebe man in
Deutschland Wachstumschancen und die Aussicht auf neue
Arbeitsplätze. Sein Ziel sei, so Schnappauf, eine
verantwortungsvolle Nutzung der grünen Gentechnik. Die
Sicherheit für Mensch und Umwelt stünden dabei über
allem. Unter dieser Vorraussetzung müsse man der Gentechnik in
Deutschland eine Chance geben. Auch Schnappauf bezweifelte die
Verfassungsmäßigkeit der Regelungen. Renate Künast
habe dies ignoriert, ebenso alle europarechtlichen Bedenken. In der
anstehenden Vermittlung müsse das Gesetz grundlegend
überarbeitet werden - das betreffe den zweiten wie auch den
schon in Kraft getretenen ersten Teil.
Renate Künast verteidigte das Gesetz als
einen Beitrag gegen die "Anarchie auf den Feldern". Nach den
grundsätzlichen Haftungsfragen aus dem ersten Teil regele man
nun beispielsweise auch Fragen der Abstandshaltung zwischen Feldern
mit genveränderten Anbau und herkömmlichen Pflanzen. Dies
schaffe Rechtssicherheit. Künast warf den Ländern eine
Blockadepolitik vor. "Sie wollen gar keine Koexistenz", wandte sie
sich an ihre beiden Vorredner. Gehe es nach den Ländern,
könne der Verbraucher nur zwischen den Varianten viel oder
wenig Gentechnik wählen. Berufsfreiheit, so die grüne
Ministerin, sei auch die Freiheit eines Landwirtes, genfrei zu
produzieren. Als Verbraucherministerin trage sie im Übrigen
auch eine hohe Verantwortung gegenüber den Bürgern in der
Frage der Lebensmittelsicherheit. Mit diesem Gesetz sorge man
dafür, dass nicht geprüfte, gentechnisch veränderte
Produkte auch nicht in die Lebensmittelkette geraten können.
Wie wichtig dies sei, habe der aktuelle Fall von
genverändertem Mais aus den USA gezeigt, der in Deutschland
ausgeliefert wurde. Damit sei klar: das Motto der Länder - je
weniger Vorschriften in der Gentechnik, desto besser - stimme
deshalb nicht. Das Gesetz regele, was geregelt werden müsse,
so Renate Künast.
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