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Sabine Quenot
Römische Wucht in Altrosa
Botschaften in Berlin (I): Die Ambasciata Italia
- ein Palazzo mit Geschichte
Sie sind wie kleine Inseln ihrer
Heimatländer, bringen - mal mehr, mal weniger - einen Hauch
von Exotik mit: Botschaftsgebäude repräsentieren ihre
Staaten in der Fremde. "Das Parlament" stellt in loser Folge die
interessantesten Botschaften in Berlin vor. Heute: die Ambasciata
Italia.
Sie sollte die größte, die
aufwändigste und vor allem schönste Botschaft Berlins
werden. Doch es kam anders für die Ambasciata Italia. Am
südlichen Rand des Tiergartens fristete sie 56 Jahre ein
trauriges Schicksal. Mit dem Bau der Botschaft wurde 1938 begonnen,
Hitlers Generalarchitekt Albert Speer wollte hier sein
größenwahnsinniges Stadtprojekt "Germania" umsetzen. Aber
nicht einmal richtig fertiggestellt, musste der Palazzo 1943 wegen
der Bombardierung wieder verlassen werden. Nach dem Krieg bezog das
Generalkonsulat den kaum beschädigten Kanzleiflügel. Der
Rest wurde zugemauert und war dem Verfall und Plünderern
preisgegeben.
Erst Anfang der 90er-Jahre endete der
Dornröschenschlaf. Mit dem Hauptstadtstatus zog es auch die
italienischen Diplomaten von Bonn nach Berlin. 1999 begann die
umfangreiche Restaurierung. Im Juni 2003 zog endlich ein
Botschafter ein, der Festsaal wurde 65 Jahre nach Baubeginn
erstmals genutzt.
Von außen betrachtet ist die Botschaft
die monumentalste der Stadt: 55 Meter breit die Front zum
Tiergarten, die Seiten der beiden Flügel jeweils 69 Meter
hoch. Ein Koloss, der dennoch die Palastarchitektur der
italienischen Renaissance zum Vorbild hat. Der Putz in Altrosa
verleiht dem Gebäude edle Leichtigkeit. Die alte Farbe sollte
rekonstruiert werden. Das Ergebnis könnte doch freundlicher
ausgefallen sein, als sich das der deutsche Architekt Friedrich
Hetzelt und die Bauherren von "Duce" Mussolini erdacht hatten. Der
Architekt des Umbaus von 1999 bis 2003, Vittorio De Feo,
bezeichnete das Gebäude als einen Hybriden, als eine
Fälschung. Es sei weder Palazzo noch ein rein
nationalsozialistisch geprägtes Bauwerk.
Die Wucht der Gebäudemasse aus Stein und
Marmor jedenfalls durchbrechen auf das Schönste Licht, runde
Formen und Einbauten wie die Portale aus dem 16. Jahrhundert, die
venezianische Holzdecke und die französische
Wandvertäfelung aus dem 17. Jahrhundert, dazu Kamine,
Fußböden und Wandbrunnen.
Eigentümliche Objekte im Interieur
sprechen dafür, dass bei der Botschaft mit ihrem deutschen
Architekten, allem Imperialgehabe zum Trotz, im Detail nicht allzu
streng faschistische Ästhetik umgesetzt wurde. Verspielte
Kronleuchter schweben über dem kalten Terrazzo-Boden des
Festsaales. Kleinteilige, verschnörkelte Glasteile in
rosé und hellblau, dekoriert mit bunten Glasblumen, nehmen dem
Raum die Schwere und Kühle. "Vielleicht hätte es das in
einem reinen nationalsozialistischen Bau nicht gegeben",
mutmaßt Georg Gehlhoff vom Italienischen Kulturinstitut, der
durch die Räume führt. "Die Botschaft verbindet
italienische Weichheit mit Faschismus", sagt Gehlhoff. Vielleicht
gehen die Italiener deshalb leichter mit ihrem architektonischen
Erbe der Diktatur um, als die Deutschen es mit lupenreinen
Nazi-Gebäuden können. Nicht zuletzt mag auch eine Rolle
spielen, dass das Gebäude von diesem Kapitel der Geschichte
zwar hervorgebracht, aber als Schauplatz der totalitären
Ära gar nicht erst geschändet werden konnte.
Vom Krieg hat es erstaunlich wenig
abbekommen. Ein paar Granateinschüsse im Gesims wurden
belassen, auch ein malerischer Haufen mit kaputten Säulen im
hellen Hof symbolisiert die destruktive Vergangenheit. Sonst hat
sich De Feo eher daran gehalten, zu rekonstruieren, soweit Spuren
und Pläne vorhanden waren. Der neue Botschafter Antonio Puri
Purini, der seit Ende September residiert, kann sich in diesen
Räumen wirklich herrschaftlich - im ästhetischen Sinne -
fühlen.
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