|
![](../../../layout_images/leer.gif) |
Christoph Spöckner
Aufgekehrt...
"Meine Herren, es ist zum Plärren." Das reimt sich und ist
deshalb gut. "Plärren", das ist auch Aufgabe der Medien. Sie
sollen informieren, kritisieren und kontrollieren. Diese Aufgaben
sind so bedeutend, dass sie im Artikel 5 des Grundgesetzes stehen.
Pressefreiheit wird in unserer Republik großgeschrieben.
Deshalb war Bundesinnenminister Otto Schily nun vor dem
Innenausschuss des Bundestages. Dort muss-te er rechtfertigen,
wieso seine BKA-Beamten die Re-daktionsräume des Magazins
Cicero und die Privatwohnung eines seiner Journalisten durchsucht
haben und dabei 15 Kisten Recherchematerial und ein paar
Computerfestplatten mitgehen ließen. Für manchen klingt
das wie eine Neuauflage der Spiegel-Affäre von 1962. Und wer
weiß: Vielleicht hat der Innenminister ja recht und wir
wären ohne Schreiberlinge und "Hanseln" besser dran. Dann
wüssten wir heute noch nichts von der CDU-Spendenaffäre,
Helmut Kohl wäre immer noch Kanzler und Gerhard Schröder
müsste nicht abtreten müssen.
Auch anderswo hat es Grundgesetzartikel Nummer 5 manchmal
schwer. Beim Berliner Konzert des Sängers Robbie Williams
fehlten namhafte Presseagenturen wie AP und dpa. Sie verzichteten
auf eine Bericht-erstattung, denn nach den Veranstalterregeln
durfte nur während der ersten drei Titel fotografiert werden.
Die meisten Medien berichteten deshalb lediglich von der
Live-Übertragung im Zoopalast - RTL filmte einfach von der
Leinwand ab, was aussah wie echt. Nach dem Konzert ging es nicht
weniger rigide zu: Die Journalisten mussten sich per Unterschrift
verpflichten, im Bild das Logo und im Text den Namen des Sponsors
zu nennen. Erst nach heftigen Protesten wurde auf diese Klausel
verzichtet. Besser war das: Sonst wäre die Aktion vielleicht
als neue Form des Product-Placements in die
Marketing-Lehrbücher eingegangen. Beim Marienhof-Skandal der
ARD hat man sich ja auch aufgeregt. Schleichwerbung ist
gesetzwidrig, und Pressefreiheit rechtfertigt keinen Gesetzesbruch.
Darüber hat Otto Schily gerade erst belehrt.
Dabei wäre für ihn die Methode der Konzertveranstalter
viel einfacher gewesen: Hätten die Cicero-Journalisten den
Namen ihres Unterlagensponsors mitveröffentlicht, hätte
man sich die ganze Durchsuchung sparen können. Dumm, dass die
Gesetze immer für alle gelten.
Zurück zur
Übersicht
|