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146/2005
Stand: 30.05.2005
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Entwurf zur Wiedereinführung des Kronzeugen unter Experten umstritten

Rechtsausschuss (Anhörung)/Rechtsausschuss (Anhörung)

Berlin: (hib/BOB) Die dringend gebotene und vom Großen Senat des Bundesgerichtshofes angemahnte gesetzliche Regelung der Absprachen im Strafverfahren muss einer gesetzlichen Kronzeugenregelung vorangehen. Dies mahnte Professor Cornelius Nestler vom Institut für Strafrecht und Strafprozessrecht an der Universität zu Köln am Montagnachmittag in einer Anhörung des Rechtsausschusses zu einem CDU/CSU-Gesetzentwurf (15/2333) an. Der Kern jeder Kronzeugenregelung sei die Belohnung kooperativen Prozessverhaltens im Strafmaß. Bekanntermaßen habe sich mit den "Absprachen im Strafverfahren" ein "Parallelprogramm zum gesetzlich geregelten Strafprozess" etabliert, in dem kooperatives Verhalten des Beschuldigten in praktisch allen Deliktsbereichen honoriert wird. Eine gesetzliche Regelung der Absprachen sei dringend geboten. Eine Kronzeugenregelung müsse Bestandteil dieser allgemeinen Regelung für abgesprochene Urteile sein. Außerdem sagte der Experte an die Adresse der Union, ihr Entwurf stelle ab auf "jüngste Erfahrungen in Prozessen gegen islamistische Terroristen". Solange diese Erfahrungen nicht bekannt gemacht und konkretisiert würden, könnten sie nicht als Grundlage der Diskussion eines Gesetzentwurfs dienen. Auch der Geschäftsführer der Strafverteidigervereinigungen, Jasper Graf von Schlieffen, lehnte den Gesetzentwurf ab und sprach sich gegen die Kronzeugenregelung aus. Diese sei mit der Gefahr verbunden, dass sie zu einer Falschbelastung Dritter führe. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter begrüßte hingegen ausdrücklich den Gesetzentwurf der Union zur Kronzeugenregelung. Ihr stellvertretender Bundesvorsitzende Rolf Rainer Jaeger machte deutlich, es sei ihm ein "Rätsel", warum sich die Regierungsfraktionen "schwer tun" mit der Wiedereinführung der Kronzeugenregelung bei terroristischen Straftaten im Licht der Bedrohung durch islamistischen Terrorismus. Straftäter, die beispielsweise aus der Organisierten Kriminalität oder der schweren Wirtschaftskriminalität stammten, und die über Sachbeweismittel nicht überführbar seien, biete die Kronzeugenregelung die Lösung, diese Täter zu überführen. Die scheinbare Ungerechtigkeit, die bei der Kronzeugenregelung beklagt werde, könne dadurch entkräftete werden, dass es in vielen Verfahren ohne solche Kronzeugen nicht möglich sein werde, die Beweisführung gegen "höherwertige und gefährliche Straftäter" zu führen. Das Rechtssystem könne aus Sicht Jaegers eher damit leben, dass geständige Täter straffrei ausgehen oder ihr Urteil strafmildernd ausfällt als dass sich Schwerkriminelle auf Dauer der Strafverfolgung durch ihre professionelles Täterverhalten entziehen können. Auch der Generalstaatsanwalt beim Oberlandesgericht München, Christoph Strötz, begrüßte die im Unionsentwurf enthaltenen Regelungen. Bei Straftaten der Organisierten Kriminalität, zu der auch der Terrorismus zu rechnen sei, sowie insbesondere bei Straftaten wie Korruption oder Drogenverstößen stießen die regulären Ermittlungsmaßnahmen an Grenzen. Kronzeugenregelungen hätten sich aus sicht der Praxis bewährt. Gegen die Einführung neuer Kronzeugenregelungen und für die Abschaffung der bestehenden plädierte Stefan König, Mitglied des Strafrechtsausschusses des Deutschen Anwaltvereins. Er kritisierte die Unionsfraktion, die die Vorstellung hege, dass der selbst in strafbares Tun verstrickte Zeuge mit dem Angebot von Vergünstigungen zu Aussagen verlockt werde. Die Vergünstigungen würden umso erheblicher sein, je tiefer er verstrickt ist. Diese Entwicklung sei für die Rechtskultur bedrohlich. Nach der Abschaffung der Regelvereidigung werde eine weiteres "unheilvolles Signal" gesetzt. Die Honorierung von Aufklärungs- und Vorbeugungshilfe des Beschuldigten durch die Gewährung eines Strafrabatts kann hingegen nach Auffassung von Florian Jeßberger vom Kriminalwissenschaftlichen Institut der Berliner Humboldt-Universität ein "sinnvolles Instrument der Verbrechensbekämpfung" sein. "Durchgreifende rechtliche Bedenken grundsätzlicher Art" gegen dieses "Modell Kronzeuge" beständen nicht. In einer gesetzlichen Regelung müsse allerdings der Ausnahmecharakter der Unterschreitung der schuldangemessenen Strafe deutlich werden.
Quelle: http://www.bundestag.de/bic/hib/2005/2005_146/03
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