Pressemitteilung
Stand: 06.11.2002
Bundestagspräsident Wolfgang Thierse: Das gute deutsch-französische Verhältnis bewahren!
Zur anhaltenden Diskussion über die französische
Einladung an den Deutschen Bundestag aus Anlass des 40. Jahrestages
des Elysée-Vertrages erklärt der Präsident des
Deutschen Bundestages, Wolfgang Thierse:
"Mit verkürzten und damit verfälschenden Zitaten aus einem Ältestenratsprotokoll vom 21. Juni 2001 behaupten die "Bild-Zeitung" und der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion Ramsauer , der Ältestenrat habe die Begegnung beider Parlamente anläßlich des 40. Jahrestages des Elysée-Vertrages schon früher generell abgelehnt und für zu teuer gehalten. Aber beide zitieren nur den ersten Teil des Protokolls und verschweigen bewusst die Folgepassage:
"Der Präsident erklärt, eventuell könne im politisch-funktionalen Zusammenhang mit diesem Jahrestag eine gemeinsame Veranstaltung in Erwägung gezogen werden. Das Präsidium würde es schließlich begrüßen, wenn die EU-Ausschüsse beider Parlamente zu Beratungen zusammentreten, die sich auf die Themen des Europäischen Rates in Laeken beziehen.
Der Ältestenrat erklärt sich mit dieser Lösung einverstanden und bittet den Präsidenten, die Auffassung des Bundestages der französischen Seite entsprechend zu vermitteln."
Festzuhalten ist also: Befürwortet wurde eine gemeinsame Ausschusssitzung, die auch vor der Ratssitzung in Laeken im Dezember 2001 erfolgt ist. Ausdrückliche Zustimmung gab es dazu, zum Jubiläum des Elysée-Vertrages eine einmalige Zusammenkunft beider Parlamente in Erwägung zu ziehen. Der Grund wurde schon in dieser Sitzung offen erörtert: Jenseits aller logistischer Schwierigkeiten und finanzieller Bedenken ist das deutsch-französische Verhältnis so grundlegend, ist das konkrete Ereignis (Elysée-Vertrag) so bedeutsam, dass eine Ablehnung einer derartigen Einladung der französischen Nationalversammlung im Namen aller Fraktionen und in Absprache mit Staatspräsident Chirac außerhalb jeder Erwägung steht. Die erwähnten Bedenken bezogen sich vor allem darauf, dass der ursprüngliche französische Vorschlag eine erste Zusammenkunft bereits Ende 2001 und in der Folge regelmäßige (jährliche) Zusammenkünfte beider Gesamtparlamente vorsah.
Grundsätzlich ist zur aktuellen Debatte festzustellen: Es ist beschämend, auf welch unverantwortliche Weise das deutsch-französische Verhältnis nachhaltig beschädigt wird. Die "Bild-Zeitung" operiert mit unbewiesenen Kosten (500.000 Euro), die schon deshalb jeder Grundlage entbehren, weil noch keinerlei Entscheidung darüber getroffen wurde, welche der logistisch denkbaren Varianten der Anreise gewählt werden wird. Die dadurch bei den Bürgerinnen und Bürgern erzeugten antiparlamentarischen Effekte ("Paris-Sause") werden bedauerlicherweise durch Kommentierungen aus der Unionsfraktion ("Größenwahn") noch verstärkt.
Ich fordere die Fraktionsvorsitzende Frau Merkel - nach zwei vergeblichen brieflichen Versuchen - nunmehr auch öffentlich auf, diesem Treiben ein Ende zu bereiten und das Verhältnis ihrer Fraktion zum deutsch- französischen Verhältnis klarzustellen. Mit dem Elysée-Vertrag haben zwei große europäische Konservative, Konrad Adenauer und Charles de Gaulle, der langen Epoche deutsch-französischer Feindschaft ein Ende bereitet. Dessen würdig zu gedenken sollte eines der vordringlichsten Anliegen aller Fraktionen des Deutschen Bundestages sein. Es ist kein vorrangig exekutives, sondern ein zutiefst parlamentarisches Anliegen.
Eine Ablehnung der französischen Einladung erscheint auch deshalb völlig abwegig, weil es die CDU/CSU-Fraktion selbst war, die bereits im Mai 2001 in einem Antrag zur Neubegründung der deutsch-französischen Beziehungen die Bundesregierung aufgefordert hatte, "sich für eine gemeinsame Sitzung der Französischen Nationalversammlung und des Deutschen Bundestages zur Zukunft der Europäischen Union einzusetzen." (Drucksache 14/5959) Diese Haltung der Union wurde am 6. Juni 2001 durch ihren Fraktionsvorsitzenden Merz in einer Rede vor drei Fraktionen der Assemblée nationale auch der französischen Seite übermittelt.
Die Erörterungen mit meinem französischen Amtskollegen am 25. Oktober waren deshalb auch darauf gerichtet, für diese Veranstaltung die Verabschiedung einer Deklaration zum Stand des deutsch-französischen Verhältnisses im Rahmen des europäischen Einigungsprozesses vorzusehen. Gegenstand der Deklaration wie der Ansprachen wird das deutsch-französische Verhältnis wie die Zukunft der Europäischen Union sein."
Anlage:
Einladung französischer Parlamentspräsident
Brief an die Fraktionsvorsitzenden
Kurzprotokoll der 64. Sitzung des Ältestenrates
Pressemitteilung 6.12.2001 von MdB Dr. Friedbert Pflüger
Presseausschnitt FAZ vom 28.06.2001
Presseausschnitt FAZ vom 06.06.2001
Antrag CDU/CSU Fraktion Drucksachen-Nr. 14/5959
"Mit verkürzten und damit verfälschenden Zitaten aus einem Ältestenratsprotokoll vom 21. Juni 2001 behaupten die "Bild-Zeitung" und der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion Ramsauer , der Ältestenrat habe die Begegnung beider Parlamente anläßlich des 40. Jahrestages des Elysée-Vertrages schon früher generell abgelehnt und für zu teuer gehalten. Aber beide zitieren nur den ersten Teil des Protokolls und verschweigen bewusst die Folgepassage:
"Der Präsident erklärt, eventuell könne im politisch-funktionalen Zusammenhang mit diesem Jahrestag eine gemeinsame Veranstaltung in Erwägung gezogen werden. Das Präsidium würde es schließlich begrüßen, wenn die EU-Ausschüsse beider Parlamente zu Beratungen zusammentreten, die sich auf die Themen des Europäischen Rates in Laeken beziehen.
Der Ältestenrat erklärt sich mit dieser Lösung einverstanden und bittet den Präsidenten, die Auffassung des Bundestages der französischen Seite entsprechend zu vermitteln."
Festzuhalten ist also: Befürwortet wurde eine gemeinsame Ausschusssitzung, die auch vor der Ratssitzung in Laeken im Dezember 2001 erfolgt ist. Ausdrückliche Zustimmung gab es dazu, zum Jubiläum des Elysée-Vertrages eine einmalige Zusammenkunft beider Parlamente in Erwägung zu ziehen. Der Grund wurde schon in dieser Sitzung offen erörtert: Jenseits aller logistischer Schwierigkeiten und finanzieller Bedenken ist das deutsch-französische Verhältnis so grundlegend, ist das konkrete Ereignis (Elysée-Vertrag) so bedeutsam, dass eine Ablehnung einer derartigen Einladung der französischen Nationalversammlung im Namen aller Fraktionen und in Absprache mit Staatspräsident Chirac außerhalb jeder Erwägung steht. Die erwähnten Bedenken bezogen sich vor allem darauf, dass der ursprüngliche französische Vorschlag eine erste Zusammenkunft bereits Ende 2001 und in der Folge regelmäßige (jährliche) Zusammenkünfte beider Gesamtparlamente vorsah.
Grundsätzlich ist zur aktuellen Debatte festzustellen: Es ist beschämend, auf welch unverantwortliche Weise das deutsch-französische Verhältnis nachhaltig beschädigt wird. Die "Bild-Zeitung" operiert mit unbewiesenen Kosten (500.000 Euro), die schon deshalb jeder Grundlage entbehren, weil noch keinerlei Entscheidung darüber getroffen wurde, welche der logistisch denkbaren Varianten der Anreise gewählt werden wird. Die dadurch bei den Bürgerinnen und Bürgern erzeugten antiparlamentarischen Effekte ("Paris-Sause") werden bedauerlicherweise durch Kommentierungen aus der Unionsfraktion ("Größenwahn") noch verstärkt.
Ich fordere die Fraktionsvorsitzende Frau Merkel - nach zwei vergeblichen brieflichen Versuchen - nunmehr auch öffentlich auf, diesem Treiben ein Ende zu bereiten und das Verhältnis ihrer Fraktion zum deutsch- französischen Verhältnis klarzustellen. Mit dem Elysée-Vertrag haben zwei große europäische Konservative, Konrad Adenauer und Charles de Gaulle, der langen Epoche deutsch-französischer Feindschaft ein Ende bereitet. Dessen würdig zu gedenken sollte eines der vordringlichsten Anliegen aller Fraktionen des Deutschen Bundestages sein. Es ist kein vorrangig exekutives, sondern ein zutiefst parlamentarisches Anliegen.
Eine Ablehnung der französischen Einladung erscheint auch deshalb völlig abwegig, weil es die CDU/CSU-Fraktion selbst war, die bereits im Mai 2001 in einem Antrag zur Neubegründung der deutsch-französischen Beziehungen die Bundesregierung aufgefordert hatte, "sich für eine gemeinsame Sitzung der Französischen Nationalversammlung und des Deutschen Bundestages zur Zukunft der Europäischen Union einzusetzen." (Drucksache 14/5959) Diese Haltung der Union wurde am 6. Juni 2001 durch ihren Fraktionsvorsitzenden Merz in einer Rede vor drei Fraktionen der Assemblée nationale auch der französischen Seite übermittelt.
Die Erörterungen mit meinem französischen Amtskollegen am 25. Oktober waren deshalb auch darauf gerichtet, für diese Veranstaltung die Verabschiedung einer Deklaration zum Stand des deutsch-französischen Verhältnisses im Rahmen des europäischen Einigungsprozesses vorzusehen. Gegenstand der Deklaration wie der Ansprachen wird das deutsch-französische Verhältnis wie die Zukunft der Europäischen Union sein."
Anlage:
Einladung französischer Parlamentspräsident
Brief an die Fraktionsvorsitzenden
Kurzprotokoll der 64. Sitzung des Ältestenrates
Pressemitteilung 6.12.2001 von MdB Dr. Friedbert Pflüger
Presseausschnitt FAZ vom 28.06.2001
Presseausschnitt FAZ vom 06.06.2001
Antrag CDU/CSU Fraktion Drucksachen-Nr. 14/5959
4.516 Zeichen
Quelle:
http://www.bundestag.de/bic/presse/2002/pz_0211061