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März 02/1999
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Eine Brücke zur aktiven Politik

Die Vereinigung ehemaliger Mitglieder des Deutschen Bundestages und des Europäischen Parlaments

Gruppenfoto mit den Präsidenten (von links nach rechts): Dr. Stercken, J. Echternach, D. J. Cronenberg, A. Griesinger, Dr. H. Hammans, Bundestagspräsident W. Thierse, Dr. h.c. H. Becker, M. Schulze-Vorberg und Dr. H. J. Umland.
Gruppenfoto mit den Präsidenten (von links nach rechts): Dr. Hans Stercken, Jürgen Echternach, Dieter Julius Cronenberg, Annemarie Griesinger, Dr. Hugo Hammans, Bundestagspräsident Wolfgang Thierse, Dr. h.c. Helmut Becker, Max Schulze­Vorberg und Dr. Herman Josef Umland. Foto: Fiegel

Den "Job" des Bundestagsabgeordneten hängt man nicht einfach an den Nagel. Viele der Ausgeschiedenen haben jahre­, ja jahrzehntelang ihr Leben der politischen Aufgabe gewidmet, hatten höchste Ämter inne, trugen Verantwortung und sammelten Wissen und Erfahrungen an. Sich über das Ende des Mandats hinaus auszutauschen, weiter in Kontakt mit dem politischen Leben zu bleiben und damit eine Tradition des Deutschen Bundestages zu entwickeln, diese Ziele und Wünsche führten in den 70er Jahren zu der Idee, eine Vereinigung ehemaliger Mitglieder des Deutschen Bundestages und des Europäischen Parlaments zu gründen. Vor allem der F.D.P.­Abgeordnete Volrad Deneke sowie seine SPD­Kollegin Hedwig Meermann waren treibende Kräfte, gewannen die damalige Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags, Liselotte Funcke (F.D.P.), sowie den CDU­Parlamentarier Hans Dichgans, die das Anliegen unterstützten. Gemeinsam erstellten sie erste Grundlagen, die Vereinsgründung folgte am 3. Mai 1977 in der Parlamentarischen Gesellschaft. Annemarie Renger (SPD), frühere Bundestagspräsidentin, und Richard Jäger, ehemaliger Bundestagsvizepräsident (CSU), waren langjährige Vorsitzende der Vereinigung.

Ihr amtierender Präsident, Helmuth Becker (SPD), erläutert die Ziele, die der Verein verfolgt: "Wir wollen die Kontakte der ehemaligen Abgeordneten untereinander fördern, die Gemeinschaft pflegen, gleichzeitig Brücke zur aktiven Politik sein. Die langjährigen Erfahrungen unserer Mitglieder sollen nicht verlorengehen, sondern ausgetauscht und weitergegeben werden. Das gilt auch für die Zusammenarbeit mit den Kollegen der Landtage."

Bei Gründung waren es nur 16 Teilnehmer, heute hat die Vereinigung bereits 578 Mitglieder - und das bei einer Gesamtzahl von derzeit 1174 ehemaligen MdBs. Und die Liste der Ehemaligen liest sich wie ein "Who is Who" der deutschen Zeitgeschichte: die Bundespräsidenten a. D. Walter Scheel (F.D.P.) und Richard von Weizsäcker (CDU), Ex­Bundeswirtschaftsminister Martin Bangemann (F.D.P.), der frühere Chef des Bundeskanzleramtes, Horst Ehmke (SPD), der ehemalige Präsident des Europäischen Parlaments, Egon Alfred Klepsch (CDU), Bundeswirtschaftsminister a. D. Otto Graf Lambsdorff (F.D.P.), Ex­F.D.P.­Fraktionschef Wolfgang Mischnick, der frühere Bundesfinanzminister Hans Matthöfer (SPD), um nur einige Beispiele zu nennen.

Warum er die Mitgliedschaft in der Vereinigung schätzt, erklärt der frühere Bundestagsvizepräsident Dieter­Julius Cronenberg, F.D.P., so: "Als Abgeordneter aus dem Deutschen Bundestag oder aus dem Europaparlament auszuscheiden, bedeutet ja nicht, daß man von nun an am parlamentarischen Geschehen weniger Anteil nimmt. Man braucht den Kontakt, das Gespräch, Hintergrundwissen, Konfrontation mit anderen Meinungen und neue Eindrücke vor Ort. Aus diesem Grund sind nicht nur die Begegnungen der Ehemaligen wichtig, die fortdauernde Anbindung an Parlament und Fraktion, sondern auch die Reisen, die die Vereinigung nunmehr seit vielen Jahren auf eigene Kosten der Mitglieder organisiert."

Tatsächlich bietet der Verein seinen Mitgliedern eine ganze Palette interessanter Aktivitäten. Dazu gehören natürlich die Mitgliederversammlungen, Diskussionsrunden, Exkursionen und Reisen ins Ausland, aber auch Kontakte zu ausländischen Schwesterorganisationen, wie zum Beispiel die der USA, Frankreichs, Belgiens und Italiens. Im Oktober 1998 unternahm der Verein eine Fahrt nach Namibia, bei der unter anderem ein Gespräch mit dem deutschen Botschafter, die Besichtigung von Entwicklungshilfeprojekten sowie Treffen mit namibischen Politikern auf dem Programm standen. Die letzte kleinere Exkursion ging nach Karlsruhe, wo man sich zur Generalversammlung traf, Regierungspräsidentin Gerlinde Hämmerle, selbst ehemalige MdB, und das Bundesverfassungsgericht besuchte.

"Was für uns sehr wichtig ist: Der Dialog mit Personen des gesellschaftlichen Lebens und aktiven Politikern, darunter vor kurzem Bundestagspräsident Wolfgang Thierse", betont Präsident Becker. Die Interessen der Ehemaligen sind vielfältig: Man diskutiert über die Organisation von Ausschüssen, Steuerpolitik, die Diätenfrage oder die künftige Nutzung des Bonner Plenarsaals.

Sah man sich in der aktiven Zeit durchaus als politischer Gegner, so tritt nach dem Ausscheiden das Gemeinsame in den Vordergrund. Charlotte Garbe, die erste Grüne in der Vereinigung, schildert ihre Erlebnisse: "Ich war sehr neugierig darauf, ob sich die Spannungen, die es normalerweise im Parlament zwischen den Fraktionen gibt, erhalten oder auflösen würden. Ich begegnete einer Atmosphäre von Fairneß und Freundschaft, die auch mich - als eine zunächst als etwas exotisch geltende Vertreterin der Grünen - sofort umschloß, und ich fand im Laufe der Jahre Freunde über die Parteigrenzen hinweg." Hans Stercken (CDU), langjähriger Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, sieht die Mitgliedschaft als Gelegenheit, die ehemaligen Kollegen regelmäßig zu sehen und mit ihnen aktuelle Themen zu diskutieren. "Ich wünsche mir allerdings, daß die Newcomer im Parlament uns öfter als bisher fragen würden, was wir zu den Entwicklungen denken, einen stärkeren Dialog zwischen jung und alt. Ich glaube, daß viele unserer Erfahrungen lohnen, festgehalten zu werden."

Ihren Sitz hat die Vereinigung, die sich aus Mitgliederbeiträgen und Zuschüssen des Bundestages finanziert, nicht weit vom Parlament, in der Coburger Straße in Bonn. Und weil diese Nähe gewollt und wichtig ist, wird der Verein im Herbst nach Berlin umziehen - in die Räume der Parlamentarischen Gesellschaft im früheren Reichstagspräsidentenpalais.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/1999/bp9902/9902082
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