Mattias G. Fischer
Kampf um die Wehrverfassung
Der Einbau der Streitkräfte in das
Grundgesetz
Die Wiederbewaffnung war das umstrittenste Thema der frühen
Bundesrepublik. Während Bundeskanzler Konrad Adenauer sich
spätestens im Sommer 1950 für einen deutschen Wehrbeitrag
zur Verteidigung Westeuropas entschieden hatte, lehnten die
Opposition und große Teile der Bevölkerung eine
"Remilitarisierung" Westdeutschlands zunächst entschieden ab.
...
"Wir müssen uns hinter keiner Armee
verstecken"
Interview mit Bundesverteidigungsminister Peter
Struck
Peter Struck hält weiter an der Wehrpflicht fest - seine
politische Zukunft als Bundesverteidigungsminister will er mit
dieser Frage jedoch nicht verknüpfen. Von seiner Partei
erwartet der Sozialdemokrat jedoch, dass sie sich auf ihrem
Parteitag im November dieses Jahres auf ein einfaches "Ja" oder
"Nein" festlegt, auf ein Kompromissmodell möchte er sich nicht
einlassen. Doch ganz gleich ob Berufs- oder Wehrpflichtarmee, ihr
Einsatzgebiet bleibt für Struck "die ganze Welt". ...
Konrad Watrin
Zeichen für ein europäisches Europa
Sicherheitspolitische Divergenzen im transatlantischen
Bündnis
Die Lage ist - stark vereinfacht - nach zweierlei Maß
messbar. Nun, da die kommunistische Weltgefahr entschwunden,
steigen einige undankbare Europäer aus dem Boot mit Amerika -
um in ein eigenes, das noch zu bauen ist. Oder: Da die USA die
gemeinsamen Werte und Interessen des atlantischen Bündnisses,
des alten Westens, verrückt haben, suchen sie ihre eigenen.
Der alte Streit um de Gaulles "europäisches Europa" oder
Adenauers atlantisches. Die hoch komplexe Frage dahinter aber
lautet: Welches Europa, welche Weltordnung wollen wir? ...
Johannes L. Kuppe
Eine erfolgreiche Sturzgeburt
Vom Doppelzweck des westlichen Bündnisses
Die Geschichte der NATO begann mit Erwartungen an sie, die sich
- selten genug in der internationalen Politik - fast alle
erfüllt haben. Gemessen an den sonst üblichen langen
Entstehungszeiten von Bündnissen war sie eine Sturzgeburt. Die
Mutter (Europa) war schwach, der Vater (USA) stark. Der
Säugling wuchs rasch zu einer starken Klammer in einer von
Ehekrisen nicht verschonten Verbindung heran. ...
Dirk Klose
Als Mariner der Crew "4/60" beim Bund von 1960 bis
1962
Erinnerungen
Zwei Tage vor meiner Musterung im Kreiswehrersatzamt Heidelberg
hatte ich den Film "Die Brücke" von Bernhard Wicki gesehen.
Ich war derart schockiert, dass ich drauf und dran war,
Kriegsdienstverweigerer zu werden. Da ich aber von Jugend auf
Kapitän werden wollte, überwog schließlich doch ...
Detlev Lücke
Mein Wehrdienst bei der NVA im Jahr 1976
Erinnerungen
Wir bereiten den Krieg vor", sagte der junge Oberleutnant im
Politunterricht. "Sie meinen sicher, wir bereiten uns auf den Krieg
vor, Genosse Oberleutnant", so unsere Einlassung. "Wir bereiten den
Krieg vor", seine Antwort. Wir waren Soldaten der 1. Kompanie des
...
Almut Lüder
Die Mauer in der Sold-Tüte
15 Jahre Armee der Einheit
Noch in der Nacht zum 3. Oktober 1990 wurden die alten
DDR-Fahnen eingezogen. Die Dienst habenden Wachoffiziere tauschten
in den Kasernen ihre NVA- (Nationale Volksarmee) gegen die
Bundeswehruniform aus. Aus Bundeswehr und NVA sollte die Armee der
Einheit werden. Der Leiter des Bundeswehrkommandos Ost, General
Jörg Schönbohm, warb bei seinem Dienstantritt einen Tag
später bei den Soldaten um Vertrauen: Wir kommen nicht als
Eroberer, sondern als Deutsche zu Deutschen. ...
Michael Münch
Zwischen Machos und Quote: die emanzipierte Armee
Seit fünf Jahren: Frauen leisten Dienst an der
Waffe
Schwitzend quälen sich die Soldaten über den
Hindernisparcours, robben durch tiefen Schlamm, um
anschließend in der Meeresbrandung zentnerschwere Boote auf
ihren Schultern zu tragen. Stets das eigene Scheitern vor Augen,
werden sie von gnadenlosen Ausbildern zu immer neuen
Höchstleistungen ...
Ulrike Schuler
Wie sich die Zeiten ändern...
Die Linke und die NATO - ein schwieriges
Verhältnis
Als eine "weitsichtige und weise" Entscheidung bezeichnete der
sicherheitspolitische Sprecher der Grünen, Winfried Nachtwei,
am 21. April im Bundestag den deutschen NATO-Beitritt. Wie sich die
Zeiten ändern. Dabei war die Forderung nach Auflösung der
Militärbündnisse und Austritt aus der NATO gerade bei den
aus den sozialen Bewegungen hervorgegangenen Grünen lange
Grundkonsens. Mit dem Eintritt in die Regierungskoalition und der
schrittweisen Akzeptanz von Militäreinsätzen durch die
Mehrheit der Grünen milderte sich ihre Skepsis. ...
"Visionen vom Weltuntergang"
Interview mit dem Politikprofessor Wilfried von
Bredow
Von der NATO habe es unterschiedliche Wahrnehmung innerhalb der
Linken gegeben, sagt der Politologe Wilfried von Bredow. Je nach
Epoche und politischer Orientierung galt sie als Hebel zur
Bedrohung der Sowjetunion, als Vertiefer der Spaltung zwischen Ost
und West oder als Organisator lebensbedrohlicher
Rüstungsprozesse. Heute würde sie jedoch als weniger
bedrohlich wahrgenommen, meint der Professor von der
Universität Marburg. ...
Tobias von Heymann
Der lange Weg von Karlsruhe nach Kabul
Auslandseinsätze der Bundeswehr
"Von deutschem Boden darf nie wieder ein Krieg ausgehen": Unter
dem Eindruck der Schrecken des Zweiten Weltkriegs fasst dieser Satz
ohne Zweifel den wichtigsten außenpolitischen Grundkonsens
quer durch alle politischen Strömungen in Deutschland
zusammen. Dieses Primat friedlicher Außenpolitik hat auch 60
Jahre nach der bedingungslosen Kapitulation des Landes nichts an
Aktualität eingebüßt. "Handlungen, die geeignet
sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche
Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die
Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind
verfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen", lautet
Artikel 26 des Grundgesetzes. ...
Alexander Weinlein
Als die Mauer fiel: Wehrdienst im Wendejahr
1989/90
Erinnerungen
Von Anfang an gehöre ich zu den Besten - zumindest soll ich
das wohl glauben: Ich gehöre der besten Waffengattung -
amphibische Pioniere - an, meine Gruppe - die sechste - ist die
beste meines Zuges, mein Zug - der zweite - ist der beste der
Kompanie, meine Kompanie - die dritte - ist die beste des ...
Martin Agüera
Kampf um die Euros im "Steinbruch der
Bundesregierung"
Haushaltslöcher bedrohen den Umbau der
Streitkräfte
Mit Sorge dürften die Verantwortlichen der Bundeswehr auf
die künftige Lage der Streitkräfte blicken. Gerade im
Jubiläumsjahr - 50 Jahre Bundeswehr in der NATO - ziehen sich
dicke Wolken am Haushaltshorizont zusammen, die den
militärischen Transformationsprozess zu verdunkeln drohen. Es
ist einmal ...
Aschot Manutscharjan
Mit Stolz Frieden schaffen
Der vergessene UN-Einsatz im Kaukasus
Wenn es darum geht, die Auslandseinsätze der Bundeswehr
aufzuzählen, wird ein Auftrag gerne vergessen: Das kleine
deutsche Kontingent im Kaukasus steht nach wie vor im Schatten der
großen Einsätze in Afghanistan und auf dem Balkan. Nur
bei tragischen Ereignissen, im Falle von Entführungen oder gar
dem Tod eines Soldaten, rückt der Einsatz im Land des
"Goldenen Fließes" kurzfristig ins Rampenlicht der
Öffentlichkeit. Unser Autor besuchte die deutschen Soldaten
des UNOMIG-Einsatzes 1998 und 2001. ...
Christian Thiele
"Überwiegend ruhig, aber nicht stabil"
Ein Truppenbesuch bei der NATO-Friedenstruppe KFOR im
Kosovo
In der Abflughalle D gibt es heute keine Cola, der Automat ist
kaputt. An der Wand hängen Poster von Jagdbombern, in einem
Regal liegen Spielekartons: Mensch ärger Dich nicht, Kniffel,
Vier gewinnt. Hier muss man Zeit totschlagen. In den abgesessenen
Polstern dösen ein paar Offiziere, ein Militärpfarrer
hört Musik über seinen Ipod. Eine knarzige
Lautsprecherstimme ruft zum Boarding: Zivilisten zuerst,
Abflughalle bitte ordentlich zurücklassen! Zu Fuß geht
es aufs Rollfeld, von der Gangway aus ein letzter Blick auf den
Flughafen Hannover: Die Maschine rechts daneben muss bestimmt nach
Mallorca - wir, im feldgrauen Airbus A 310 "Kurt Schumacher",
dürfen nach Pristina. Pristina im Kosovo. ...
"Die Zeit der Masseneinsätze ist vorbei"
Interview mit dem Generalinspekteur der Bundeswehr,
Wolfgang Schneiderhan
"Wir müssen aus 250.000 Soldaten mehr Einsatzfähigkeit
gewinnen", beschreibt Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan das
Ziel des Umbaus der Bundeswehr. Denn für die Zukunft sieht er
eher viele kleine Einsätze überall auf der Welt auf seine
Truppe zukommen, "mit den entsprechenden Konsequenzen für
Organisation, Führung und Ausbildung". Der 26. Juli 1946 in
Riedlingen geborene Schneiderhan trat 1966 in die Bundeswehr ein
und schlug eine Offizierskarriere bei der Panzertruppe ein. Am 27.
Juni 2002 ernannte ihn der damalige Verteidigungsminister Rudolf
Scharping zum Nachfolger von Harald Kujat im Amt des
Generalinspekteurs. ...
Michael Münch
Wehrdienst nach dem Kosovo-Krieg von Juli 1999 bis April
2000
Erinnerungen
Am 5. Juli 1999 befand ich mich in scheinbar guter Gesellschaft.
Ich war umgeben von lauter frisch gebackenen Abiturienten, die ihre
erste große Hürde im Leben genommen hatten. Nicht ganz
ohne Naivität saßen wir in einem sichtlich
überfüllten Unterrichtsraum der Karl-Günher-Kaserne
im thüringischen ...
Tobias von Heymann
Killersoldaten sind nicht gefragt
Die Diskussion um die Wehrpflicht
Auch 15 Jahre nach Ende des Kalten Krieges geht die Diskussion
um die künftige Struktur der Bundeswehr unvermindert weiter.
Vor allem die Zukunft der Wehrpflicht steht neben der Frage nach
den künftigen Aufgaben der Armee und deren Grenzen im Zentrum
der politischen Debatte. Während die kleineren Parteien
Bündnis90/Grüne und FDP hierzu bereits eindeutige
Standpunkte vertreten, entwickeln vor allem die SPD, aber auch
Teile der CDU gerade modifizierte Positionen zu möglichen
weiteren Reformen. ...
Claudia Heine
Mehr als ein Kummerkasten
Der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages
Die "Ohne-mich-Bewegung" zu Beginn und die
"Paulskirchen-Bewegung" in der Mitte der 1950er-Jahre waren
keinesfalls Splittergruppen. In ihnen vereinte sich ein breites
Protestpotential quer durch alle Parteien und
Bevölkerungsschichten mit dem Ziel, eine Wiederbewaffnung der
...
"Irgendwann ist die Kraft zum Mitmachen
erschöpft"
Interview mit Willfried Penner, Wehrbeauftrager des
Deutschen Bundestages in den Jahren 2000 bis 2005
Willfried Penner, bis vor wenigen Tagen Wehrbeauftragter des
Bundestages, sieht in der Bundeswehr, die seit 15 Jahren in einem
ständigen Transformationsprozess steckt, gewisse
Ermüdungserscheinungen. "Zu einem guten Gelingen von
Veränderungen gehört auch die Möglichkeit, den
Betroffenen Luft zum Atemholen zu lassen. " Er kritisiert, dass der
Umbau der Streitkräfte von vornherein nicht tief genug
angelegt worden sei: "Mich haben Soldaten angesprochen, die schon
länger dabei sind: Also, jetzt beginne ja wieder eine Reform,
und sie müssten mir sagen, dass verschiedene
Veränderungen aus den 90er-Jahren immer noch nicht
abgeschlossen sind." ...
Karl-Otto Sattler
"Das hat richtig weh getan"
Stavenhagen kämpft mit den Folgen des
Bundeswehr-Abzugs
Die zwei Hasen, die zwischen Bahngleisen herumhüpfen,
lassen sich vom Motorengeräusch des Autos nicht stören.
Während der Besichtigungsfahrt durch das 400 Hektar
große Gelände deutet in einer anderen Ecke
Hauptfeldwebel Hans-Georg Kunisch auf eine Kläranlage: "Die
hat höchsten ökologischem Standard, der Bau hat eine
Million Euro gekostet." Kurze Zeit danach steigt Chauffeurin
Gabriele Fritz aus dem Wagen und streift durch weitläufige
Hangar- und Werkstatthallen, in denen einst Fahrzeuge und
Fluggerät gewartet wurden: "Diese Räume sind doch
geradezu ideal für Firmenansiedlungen, nach einer
Instandsetzung sind die Gebäude noch gut zu gebrauchen", meint
die Bauamtsleiterin im Rathaus von Stavenhagen. ...
Karl-Otto Sattler
Die kandadischen Dollars rollen nicht mehr
Konversion am Oberrhein
"Klar, es gab harte Verhandlungen", erzählt Rolf Wiehle,
"aber letztlich wurde zwischen Bonn, Freiburg und der
Landesregierung alles einvernehmlich geregelt, bei niemandem blieb
Bitterkeit zurück". Der Leitende Stadtverwaltungsdirektor, der
in den Neunzigern an der Dreisam die ...