Parlamentarische Versammlung der OSZE - OSZE PV
Grußwort des Leiters der deutschen Delegation, Wolfgang
Thierse
Im Jahre 1975 unterzeichneten 35 Staaten aus dem damaligen
sogenannten Ostblock und der westlichen Allianz die Schlussakte von
Helsinki und legten damit den Grundstein für die KSZE. Seither
ist aus dieser Konferenz eine Organisation mit 55 Mitgliedern,
festen Einrichtungen und Strukturen geworden.
Eine Besonderheit der OSZE ist ihr umfassender Teilnehmerkreis -
als einzige Organisation vereint sie Mitglieder von Vancouver bis
Wladiwostok. Ein weiteres charakteristisches Merkmal ist das
umfassende Sicherheitskonzept. Sicherheit ist mehr als
Rüstungskontrolle, Konfliktverhütung und
Krisenmanagement, so wichtig diese Arbeiten natürlich sind.
Aber ohne ausreichende Beachtung der Menschenrechte, sowie der
wirtschaftlichen und ökologischen Entwicklung, sind Sicherheit
und Frieden nicht nachhaltig zu erreichen. Deshalb
berücksichtigt die OSZE drei Dimensionen der Sicherheit: die
menschliche, die politisch-militärische und die
ökonomisch-ökologische Dimension. Hervorzuheben ist
außerdem die Präsenz der OSZE vor Ort. Mit Feldmissionen
in fast 20 Ländern bietet sie Erfahrung und Hilfe dort an, wo
sie gebraucht werden; die Aktivitäten reichen von
präventiver Diplomatie bis zur Konfliktnachsorge.
Die Parlamentarische Versammlung der OSZE bildet die parlamentarische Dimension der Organisation. Als Folge des Gipfels in Paris 1990, der eine stärke parlamentarische Beteiligung einforderte, wurde sie 1991 in Madrid ins Leben gerufen. Die wichtigste Aufgabe der Versammlung besteht in der Förderung des interparlamentarischen Dialogs, in dem die Verwirklichung der Ziele der OSZE beurteilt und Themen erörtert werden, die Gegenstand der Regierungskonferenzen sind. Die Versammlung wirkt an der Entwicklung der institutionellen Strukturen der OSZE sowie der Beziehungen und Zusammenarbeit zwischen den bestehenden Institutionen der OSZE mit. Insgesamt 317 Abgeordnete - dabei entfallen auf Deutschland 13 Sitze - sind in den Plenartagungen, den Sitzungen der Ausschüsse, sowie in Programmen, Konferenzen und Seminaren aktiv, wobei den Wahlbeobachtungen und Besuchen bei Feldmissionen besondere Bedeutung zukommen. Bei der Wintertagung wird außerdem der OSZE-Preis für Journalismus und Demokratie verliehen.
Die Versammlung bemüht sich um einen stetigen und intensiven Dialog mit dem Rat der OSZE. Regelmäßig berichten auf ihren Tagungen der jeweilige Ratsvorsitzende und Vertreter der verschiedenen Institutionen. Ihre Beschlüsse und Empfehlungen werden dem Rat zugeleitet, der sie in einigen Fällen auch umsetzt: so wurde in der Ministerratssitzung im Dezember 2003 die Einrichtung eines Sonderbeauftragten für Menschenhandel beschlossen, den die PV im Sommer gefordert hatte. Auch die Verstärkung des Mandats des Hohen Kommissars für nationale Minderheiten durch die Einbeziehung sogenannter neuer Minderheiten hatte die PV gefordert. Seit November 2002 unterhält die Versammlung zur Verbesserung der Koordination auch ein Verbindungsbüro in Wien.
Angesichts der sich wandelnden Herausforderungen an die Sicherheit und die Veränderungen und Erweiterungen der verschiedenen internationalen Organisationen muss auch die OSZE ihre Rolle in der Sicherheitsarchitektur neu definieren. Notwendig ist weiterhin eine abgestimmte, enge Zusammenarbeit mit anderen Organisationen wie EU, VN, Europarat und NATO. Ich bin überzeugt davon, dass die OSZE mit ihrem breiten Themenspektrum, dem Umfang ihres Teilnehmerkreises und mit dem Ansatz, der auf den Aufbau von Demokratie und Rechtsstaat setzt, auch den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts begegnen kann, wenn sie notwendige innere Reformen angeht. Ein Problem ist das Konsensprinzip, zu dem die Versammlung schon lange Alternativen vorschlägt. In der Parlamentarischen Versammlung werden wir in jedem Fall unsere Möglichkeiten nutzen, an der Gestaltung der zukünftigen Aufgaben mitzuwirken.
Die deutsche Delegation arbeitet engagiert und vielfältig in der Parlamentarischen Versammlung mit: Ausdruck dieses Engagements ist unter anderem die Tätigkeit unseres Kollegen Prof. Gert Weisskirchen (SPD) als Vizepräsident der OSZE PV, Claudia Nolte (CDU/CSU) als Vorsitzende des Ausschusses für Demokratie, Menschenrechte und humanitäre Fragen sowie Uta Zapf (SPD) als Leiterin der Arbeitsgruppe Belarus der PV. Abg. Willy Wimmer, (CDU/CSU), langjähriger Vizepräsident der OSZE PV, ist stellvertretender Leiter der Delegation.
Wolfgang Thierse
Präsident des Deutschen Bundestages
Leiter der deutschen Delegation