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Bei internationalen Krisen und Konferenzen wird spürbar, dass die Erwartungen an Deutschland enorm gestiegen sind, Mitverantwortung zu übernehmen, eine wichtigere Rolle bei der Konfliktlösung zu spielen. Damit ist zugleich auch die Bedeutung des Auswärtigen Ausschusses stark gewachsen. Denn rund um die alltägliche Arbeit der Bundesregierung ist der Bundestag intensiv an Formulierung, Kontrolle und Gestaltung deutscher Außenpolitik beteiligt.
Völkerrechtliche Verträge werden zwar von der Regierung ausgehandelt, doch damit sie wirksam werden können, müssen sie die Zustimmung des Parlaments bekommen. Weil der Wortlaut nicht andauernd neu nachverhandelt werden kann, hat der Auswärtige Ausschuss nicht die Möglichkeit anderer Ausschüsse, Änderungen zu den zu beratenden Vorlagen vorzuschlagen. Er kann nur empfehlen, einen Vertrag in Gänze anzunehmen oder abzulehnen. Deshalb tut die Regierung gut daran, schon im laufenden Verfahren den Auswärtigen Ausschuss über die Fortschritte, Probleme, Kompromisslinien und Ziele von zwischenstaatlichen Verhandlungen auf dem Laufenden zu halten.
Der Außenminister ist daher häufiger Gast im Auswärtigen Ausschuss, auch die Bundeskanzlerin informiert die Ausschussmitglieder. Staatssekretäre, Staatsminister und Spitzendiplomaten sind in jeder Sitzung präsent, und bei Bedarf erhält der Ausschuss sehr vertrauliche, mitunter auch geheime Informationen, damit er sich ein vollständiges Bild über Hintergründe machen kann. Das bedeutet auf der anderen Seite natürlich, dass alle diese Tatsachen den Raum nicht verlassen dürfen. Zu diesem Zweck wird dieses Gremium als „geschlossener Ausschuss“ behandelt, zu dem nur die ständigen Mitglieder Zugang haben.
Laut Verfassungsgericht hat der Bundestag das Recht auf „Teilhabe an der auswärtigen Gewalt“. Insbesondere bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr ist eine Entsendung deutscher Soldaten ohne vorherige Zustimmung des Parlamentes nicht möglich. Der Auswärtige Ausschuss ist federführend für die Beschlussfassung und beeinflusst zusammen mit weiteren Fachausschüssen die Ausgestaltung von Umfang, Ziel und Bedingungen des Einsatzes. Regelmäßig lässt er sich dabei von einer Reihe von Fragestellungen leiten. Wie ist die deutsche Interessenlage? Mit welchem völkerrechtlichen Rahmen haben wir es zu tun? Wie sind die Erfolgsaussichten? Wann wird der Einsatz nach menschlichem Ermessen wieder beendet werden können? Wie groß ist das Risiko für die deutschen Soldatinnen und Soldaten? Und nicht zuletzt: Kann die Bundeswehr das überhaupt zusätzlich zu ihren anderen Aufträgen und Aufgaben leisten?
Die Tagesordnung des Ausschusses ist natürlich stets abhängig von der aktuellen internationalen Entwicklung. Zu den Themen, die sich abzeichnen, gehören die Klärung der Statusfrage für das Kosovo, der Aufbauprozess in Afghanistan und natürlich die Brennpunkte von Konflikten im Nahen und Mittleren Osten. Selbstverständlich begleitet der Ausschuss auch die Ausrichtungen etwa der transatlantischen Beziehungen, der NATO, der EU und vieler weiterer Organisationen. Kurz: die deutsche Positionierung im gesamten Koordinatensystem internationaler Beziehungen.
Um seine Kontrollaufgaben wahrnehmen zu können, gehören die Außenpolitiker zu den Abgeordneten, die auch ins Ausland reisen. Zu internationalen Konferenzen, in Länder, die die deutsche Politik besonders beschäftigen und deren Mentalität man kaum aus Berichten erschließen kann, sondern selbst erleben muss. Bei diesen Reisen ist es oft von Vorteil, dass die Abgeordneten keine Diplomaten sind und deshalb freier agieren und ebenfalls Signale setzen können.
Erschienen am 7. März 2006« Vorheriger Artikel Nächster Artikel »
E-Mail:
ruprecht.polenz@bundestag.de
Der Ausschuss hat 36 Mitglieder, CDU/CSU: 13, SPD: 13, FDP: 4, Die Linke.: 3, Bündnis 90/Die Grünen: 3
„Einen Schwerpunkt wird die
Entwicklung im Nahen und Mittleren Osten bilden. Wir haben die
besondere Verpflichtung Deutschlands für Israel, dessen
Existenzrecht garantiert sein muss, genauso im Auge wie das Ziel,
einen lebensfähigen Palästinenserstaat an der Seite
Israels zu schaffen. Sorge bereitet uns auch der Iran: seine
Atompolitik, seine Terrorunterstützung, seine
Menschenrechtslage.“
Ruprecht Polenz (CDU/CSU)