Der "Erste Arabisch-Islamische Kongress in Europa", in den Medien kurz als Islamisten-Kongress bezeichnet, ist nach längerem politischen Tauziehen am 20. September schließlich doch verboten worden. Berlins Innensenator Erhart Körting (SPD) blieb letztlich auch gar nichts anderes übrig, nachdem im Zusammenhang mit dem vom 1. bis 3. Oktober in Berlin geplanten Treffen im Internet vom Widerstand gegen den "amerikanischen, zionistischen Terror" sowie vom Jihad (dem "Heiligen Krieg") die Rede war. Körting vor dem Innenausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses: "Ich möchte solche Hetze hier nicht haben, und wir werden solche Hetze hier nicht akzeptieren." Es könne nicht geduldet werden, dass im Kongress-Aufruf Selbstmordattentate in Israel gerechtfertigt würden.
Freilich gab es um diesen Kongress, zu dem angeblich bis zu 800 Islamisten erwartet wurden, einige Ungereimtheiten. Die Organisatoren wollten nicht so recht mit der Sprache heraus, welche Hotels sie für die vor allem aus dem arabischen Raum erwarteten Gäste gebucht hatten. Hauptsächlich aber blieb unklar, wo der Kongress stattfinden sollte. Angeblich sollte ein Festsaal im Stadtbezirk Charlottenburg der Ort des Treffens sein. Auch über die einzelnen Teilnehmer gab es keine näheren Angaben. Doch die Bundesregierung hatte schon frühzeitig signalisiert, dass für die Teilnehmer aus dem Ausland keine Visa ausgestellt würden.
Vorstoß des Simon-Wiesenthal-Centers
Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) hatte nach einem entsprechenden Vorstoß des Simon-Wiesenthal-Centers ein Verbot der Veranstaltung gefordert. Im Berliner Senat wehrt man sich nun gegen den Eindruck, auf Druck der Bundesregierung gehandelt zu haben. Vielmehr seien allein die Erkenntnisse der Polizei ausschlaggebend gewesen. Offensichtlich hatten auch einige Organisatoren die Lust an dem Kongress verloren, nachdem sie ahnten, dass er wahrscheinlich verboten werde. Gleichwohl unterstrichen sie stets den friedlichen Charakter der Veranstaltung, distanzierten sich offiziell von terroristischen Handlungen und erklärten, der Kongress sei kein Treffen von militanten Islamisten.
Doch das reichte den Polizeibehörden angesichts der hetzerischen Aufrufe im Internet bei weitem nicht mehr aus. Und schon vor dem offiziell verkündeten Beschluss der Berliner Innenbehörde zeichnete sich eine Absage dieses Islamisten-Kongresses ab. Der 42-jährige Libanese Fadi Madi, der bereits längere Zeit in Berlin lebte, mit einer deutschen Frau verheiratet war und sich zuletzt in Beirut aufhielt, zählte zu den Organisatoren der Veranstaltung. Als er wieder nach Deutschland einreisen wollte, wurde er auf dem Flughafen festgehalten und verhört. Anschließend wurde ihm die Einreise verweigert, und er musste nach Beirut zurückkehren. Nach Auskunft des Berliner Senats mit Billigung des Generalbundesanwaltes Kay Nehm, der gegen Madi Ermittlungen wegen des Verdachts der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung einleitete.
Schon seit mehreren Wochen wussten die Polizeibehörden von dem geplanten Kongress. Schließlich hatte die von Fadi Madi getrennt lebende Frau - sie war von ihm angeblich öfter geschlagen worden - der Polizei von den Verbindungen ihres Mannes zur islamistischen Szene und von dem geplanten Kongress berichtet. Man war also stets auf dem Laufenden. Auch über die Aktivitäten des Libanesen Gabriel Daher, der seit über 20 Jahren in Berlin lebt und der ebenfalls zu den Veranstaltern des Kongresses zählte. Daher wurde aber von der Polizei als jemand eingestuft, der nicht recht wusste, auf was er sich eingelassen hatte. Das wiederum veranlasste die Polizei, den geplanten Islamisten-Kongress zunächst nicht als besonders brisant einzustufen.
Inzwischen hatten sich auch einige islamische Vereinigungen von dem Kongress distanziert, von dem es zudem auch kein genaues Programm gab. Der geplante Kongress in Berlin repräsentiere nicht die in Deutschland lebenden Muslime, betonte beispielsweise der Sprecher des Zentralrates der Muslime in Deutschland (Eschweiler), Mounir Azzaoui. "Nach unseren Informationen sind die Veranstalter
unbedeutende Einzelpersonen und Splittergruppen, die uns bisher nicht bekannt waren", sagte Azzaoui. Als einer der großen islamischen Verbände in Deutschland sei der Zentralrat zu dem Kongress nicht eingeladen worden.
Als dann die antiamerikanischen und anti-israelischen Parolen im Internet auftauchten, entschloss man sich schließlich endgültig zum Verbot. Körting betonte, die Grenzen dessen, was in Deutschland zulässig sei, seien mit dem Aufruf weit überschritten worden. Mit dem Verbot der Veranstaltung will man zudem allen Eventualitäten vorbeugen und ist auch auf der Hut, ob der Kongress eventuell unter einem anderen Namen an einem anderen, geheimgehaltenen Ort stattfindet.
Berlin, das Wohnort von mehreren hundertausend Muslimen aus den unterschiedlichsten Ländern der Welt ist, darf nach dem Willen des Senats nicht zu einem Hort von Islamisten werden. So ist das Verbot des Kongresses und die Einreiseverweigerung für Fadi Madi auch als eine deutliche Warnung zu verstehen. Der Verfassungsschutz zeigt sich nicht weniger aufmerksam als die Polizei, die sich bemüht, jeglichen Antisemitismus und Terrorismus auf dem Boden der Bundeshauptstadt bereits im Keim zu ersticken.