Europa. "Es ist nicht alles so, wie wir es gerne hätten", hat der Koordinator der Europäischen Union für die Terrorismusbekämpfung, Gijs de Vries, am 22. September im Europaausschuss dargelegt. Es gebe bei der Terrorbekämpfung Lücken bei der Umsetzung von Beschlüssen des Europäischen Rates, der EU-Fachministerräte und der Mitgliedstaaten. Einiges gehe nicht ganz konform mit den Vorgaben.
Ein Aufholprozess sei notwendig, um europaweit jene zwölf UN-Schlüsselpositionen zu erreichen, die im Übereinkommen der Vereinten Nationen niedergelegt und beschlossen wurden. Die Terrorbekämpfung, so der EU-Koordinator, kann nicht wirksam werden, wenn nicht alle EU-Staaten die notwendige Kompatibilität bereitstellen.
Deutschland liege bei der Umsetzung in der Spitzengruppe der EU-Mitglieder. Verzögerungen gebe es dagegen durch die betreffende Praxis der Parlamente in Skandinavien, die EU-Beschlüsse in nationales Recht umzusetzen.
Als wichtige Vorschläge zur Terrorbekämpfung bezeichnete de Vries den einheitlichen Umgang bei der Aufbewahrung von Daten über verlorene oder gestohlene Pässe und bei der Geldwäsche, da in der Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus ein wichtiger Ansatz liege.
Es kann jedes Land treffen
Insgesamt gibt es nach de Vries' Worten fünf Prioritäten der Europäischen Union, denen besondere Aufmerksamkeit gelten müsse - das Informationssystem, die Beobachtung von Finanzierungen, Reisebewegungen und Rückzugsräumen, die Bewertung kritischer Infrastrukturen etwa im Verkehrswesen, der Ausbau des Zivil- und Katastrophenschutzes auch unter Aspekten des terroristischen Einsatzes atomarer, biologischer und chemischer Substanzen, sowie der politische Dialog mit Staaten außerhalb der EU über die Hilfe beim Aufbau von Sicherheitsstrukturen.
Zuvor hatte de Vries dargelegt, die Zusammenarbeit innerhalb der Mitgliedstaaten der EU sowie zwischen der Europäischen Union, den Vereinten Nationen und den Vereinigten Staaten sei außerordentlich wichtig. Dabei gehe es um den internationalen Terror. Spätestens mit dem Anschlag in Madrid am 11. März sei deutlich geworden, dass jedes Land getroffen werden könne. Entsprechend gebe es nicht nur Impulse durch das neue "Situation center" zur Analyse terroristischer Aktivitäten.
Das Management dazu liege aber nicht in Brüssel, sondern in der Verantwortung der nationalen Dienste. Auch Eurojust und Europol spielten danach eine wichtige Rolle in der wachsenden Zusammenarbeit der EU-Mitgliedstaaten.
Allein Europol habe im vergangenen Jahr 4.700 Fälle bearbeitet, bei denen Informationen zunehmend von den nationalen Diensten genutzt worden seien. Auch der Informationsaustausch zwischen der EU und den USA verzeichne eine wesentliche Zunahme. Die (noch nicht ratifizierten) Abkommen über Auslieferung und Rechtshilfe drückten dies aus: "Es sind die zwei ersten Verträge, die es zwischen der EU als Staatenbund und den USA gegeben hat", sagte der EU-Koordinator.
Zu seinem Aufgabenverständnis befragt, erläuterte de Vries, er sei nicht demokratisch gewählt, sondern vom EU-Generalsekretär Javier Solana bestimmt worden und diesem "ganz klar" rechenschaftspflichtig. Der Antiterror-Koordinator müsse sicherstellen, dass der Rat der Europäischen Union über die Fortschritte in den einzelnen Mitgliedstaaten wacht, dass die tragenden Pfeiler funktionieren und zusammenarbeiten, dass Vorgaben und Regelungen zusammengebracht werden, aber auch, dass etwa Drittländer außerhalb der EU finanziell beim Aufbau von Nachrichten- und Sicherheitsdiensten unterstützt werden.
Im Hinblick auf nationale Bedenken zu Beschlüssen der Europäischen Union stellte der Koordinator klar, dass Beschlüsse der EU nicht dazu dienten, Druck auszuüben. Sie sollten vielmehr helfen, zur erweiterten Regelung beizutragen. Gerade wenn man die Prinzipien der offenen Gesellschaft - ob spontanen Kinobesuch oder Bummeln auf dem Marktplatz - nicht aufgeben wolle, müsse es eine konkrete Orientierung in Sicherheitsfragen geben. wol