Das Parlament
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Das Parlament
Nr. 17 - 18 / 24.04.2006
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sas

Schadenersatz bei Zugverspätung

Stärkung der Fahrgastrechte im Visier

Verkehr und Bau. Eisenbahnunternehmen sollen für Verspätungen oder Zugausfälle haftbar gemacht werden können und den Fahrgästen dafür Schadenersatz leisten. Dies fordert die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen und möchte das Haftungsrecht von Verkehrsunternehmen dem allgemeinen zivilrechtlichen Haftungssystem des Bürgerlichen Gesetzbuchs unterstellen. Die Fraktion hat ihre Vorstellungen zur Neuregelung des Haftungsrechts der Verkehrsunternehmen in einem Gesetzentwurf (16/1146) dargelegt. Ihr Argument: Verkehrsbetriebe träten ihren Kunden gegenüber mittlerweile als Wirtschaftsunternehmen auf.

Sie seien deshalb auch grundsätzlich entsprechend haftungsrechtlich zu behandeln, unterstreichen die Grünen. Bislang ist die Haftung nach der Eisenbahnverkehrsordnung ausgeschlossen.

"Fahrgast praktisch rechtlos"

Die Grünen weisen darauf hin, dass die Ausnahmeregelung, die die Verkehrsunternehmen gesetzlich von der Haftungspflicht befreit, noch immer gelte. Fielen Züge, Busse und Bahnen aus oder verspäteten sich, so könne der Kunde weder Schadenersatz für das Ausbleiben der Leistung noch für ihre Verzögerung erhalten. Die Grünen ziehen die Schlussfolgerung: "Der Fahrgast ist damit praktisch rechtlos gestellt".

Dies zu ändern, treten die Abgeordneten an. "Um dem Fahrgast effektive Rechte zu gewähren, müssen die genannten Haftungsausschlüsse aufgehoben werden", fordern sie. Dadurch greife dann das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB). Nach Meinung der Fraktion müssen aber im BGB Änderungen vorgenommen werden, um die Eisenbahnunternehmen "vor einer überzogenen Haftung mit hohen Transaktionskosten zu bewahren". Ihre Begründung: der Massenverkehr bringe es mit sich, dass bereits kleinere Störfälle zu Kettenreaktionen führen können. Die Verkehrsunternehmen sollten deshalb die Möglichkeit erhalten, ihre Ersatzpflichten bei Ausfall oder Verspätung in den allgemeinen Geschäftsbedingungen "angemessen" zu begrenzen oder zu pauschalieren. Nach der geltenden Regelung im BGB umfasse der Schadenersatzanspruch "grundsätzlich auch Folgeschäden, wie sie etwa entstehen, wenn der Fahrgast wegen der Verspätung oder des Ausfalls des Verkehrsmittels eine Fernreise oder einen Geschäftsabschluss verpasst". In ihrem Gesetzentwurf verzichten die Abgeordneten "bewusst" darauf, zwischen Nah- und Fernverkehr zu unterscheiden, da dies aus Kundensicht kaum nachvollziehbar sei.

Im Weiteren verlangen die Grünen, die Informationspflichten der Verkehrsunternehmen gegenüber den Fahrgästen klarzustellen. So hätten Eisenbahnen den Reisenden darüber zu informieren, welche Ursache eine Verspätung oder Störung habe. Dies sei wichtig, um dem Kunden einen Anhaltspunkt zu geben, ob die Eisenbahn eine Verspätung zu verantworten habe. Erhalte der Reisende eine Fehlinformation, so solle dies zu Schadenersatzansprüchen gegen das Eisenbahnunternehmen führen.

Nach Auffassung der Abgeordneten wird das Gesetz "möglicherweise auch das Fahrpreisniveau erhöhen". Erfahrungen anderer EU-Staaten zeigten aber, dass die Steigerung voraussichtlich nur geringfügig sei.


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
© Deutscher Bundestag und Bundeszentrale für politische Bildung, 2005.