*) Eingesetzt durch Beschluss des Deutschen Bundestages vom 15. Dezember
1999 - entspricht der Bundesdrucksache 14/2350

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2.4.2       Reform der Finanzaufsicht

2.4.2.1    Ein regulativer Ordnungsrahmen für globale Kredit- und Anleihemärkte

Die Asienkrise von 1997 hat die Lehren bestätigt, die schon aus der Finanzkrise Mexikos Ende 1994 gezogen werden konnten. Der damalige Geschäftsführende Direktor des IWF Michel Camdessus sprach im Zusammenhang mit der Mexiko-Krise von der „ersten Finanzkrise des 21. Jahrhunderts“, vor allem weil sich die Rezepte des 20. Jahrhunderts als nicht mehr wirksam herausgestellt hatten. Die Politik des IWF musste einem Revirement unterzogen werden, das als „Post-Washington-Konsens“ bezeichnet worden ist. Zugleich wurden die Möglichkeiten informeller Politik genutzt, um ein neues Forum zu schaffen, in dessen Rahmen die Bedingungen einer Stabilisierung der Finanzmärkte erörtert und ausgearbeitet werden konnten: das „Financial Stability Forum“ (FSF). Ein Jahr nach seiner Errichtung legte das FSF 1999 erste Berichte vor, in denen vor allem Vorschläge zur Regulierung von kurzfristigen Kapitalbewegung, von Fonds mit großer Hebelwirkung und von Offshore-Finanzplätzen unterbreitet wurden.37

   Für Direktinvestitionen gibt es keinen global gültigen regulativen Rahmen, nachdem die OECD-Initiative der Erarbeitung eines „Multilateral Agreement on Investment“ (MAI) infolge der Proteste von Organisationen der internationalen Zivilgesellschaft und der Ablehnung durch nationalstaatliche Parlamente auf Druck von Parlamentsmitgliedern gescheitert ist. Es gibt derzeit eine fast unüberschaubare Vielfalt von bilateralen Abkommen zwischen Staaten sowie die „Leitsätzen für Multinationale Unternehmen“ (Trans-National Companies: TNC), die im November 2000 von der OECD in Kooperation mit Nicht-Regierungs-Organisationen neu gefasst und auch von Nicht-OECD-Ländern (Argentinien, Brasilien, Chile, Slowakische Republik) unterzeichnet wurden.

Sie haben lediglich den Charakter von „Soft Law“, also von nicht verbindlichen „Abmachungen“. Dennoch wird damit der Tatsache Rechnung getragen, dass multinationale Unternehmen nicht nur eine ökonomische Verantwortung gegenüber den eigenen Aktionären (Share­ holder) haben, sondern auch eine politische und gesellschaftliche Verantwortung in den Ursprungsländern und vor allem in den Ländern, in denen sie ökonomisch aktiv sind. Die Leitsätze haben selbstverständlich auch für Direktinvestitionen der TNC Belang, und sie umfassen Regeln für die Transparenz der Unternehmensaktivitäten, die Beschäftigung und das Verhältnis zu Sozialpartnern, für den Umweltschutz, zur Bekämpfung der Korruption, zur Berücksichtigung der Verbraucherinteressen, zum Bereich von Wissenschaft und Technologie, zum Wettbewerb und zur Besteuerung (OECD 2000e).

Die Einbeziehung des Privatsektors in die Bewältigung von Finanzkrisen

In diesem Zusammenhang wird mittlerweile auch zunehmend diskutiert, dass die privaten Auslandsinvestoren stärker sowohl in die Krisenprävention als auch in die Krisenbewältigung einbezogen werden müssen (Private Sector Involvement – PSI). In der Vergangenheit haben sich private Investoren fast vollständig einer Beteiligung an den Kosten entziehen können. (Dies gilt besonders für die Besitzer von Auslandsanleihen.) Wenn aber die in den Krisen gewährten öffentlichen Finanzhilfen (vor allem seitens der Institutionen von Bretton Woods) von den Anlegern antizipiert werden, führt dies dazu, dass das Risiko der Anlagen in den Schuldnerländern zu gering angesetzt wird.

Es lassen sich eine Reihe von Möglichkeiten denken, wie der Privatsektor systematisch an den Kosten von Finanzkrisen beteiligt werden kann, um Moral Hazard-Probleme (Unterbewertung von Risiken) zu vermeiden.

„Collective Action Clauses“ sind Klauseln in Anleihenverträgen, die ggf. Gläubigerrechte einschränken, um im Falle von Liquiditätsproblemen von Schuldnern Zinsermäßigungen bzw. eine Stundung des Schuldendienstes zu gewähren.

Denkbar wäre auch, die Kreditvergabe des IWF von konkreten Anstrengungen der Schuldnerländer abhängig zu machen, den privaten Sektor einzubeziehen. In diesem Kontext sollen hier einige Vorschläge benannt werden, ohne diese abschließend zu bewerten. Hierbei ist zu denken an,

–    Die Aushandlung von Kreditlinien zwischen einem Schuldnerland und den ausländischen Geschäftsbanken, auf welche im Falle einer Krise zurückgegriffen werden kann.

–    Die Aushandlung von Optionen mit ausländischen Geschäftsbanken in Kreditverträgen, die Laufzeiten von Krediten im Krisenfall zu verlängern (sog. Roll-Over-Vereinbarungen).

–       Die Einrichtung von Krisensicherungsfonds, wie sie etwa von George Soros vorgeschlagen wurden (Soros 2002).

–    Die Einführung von verpflichtenden Mehrheitsentscheidungen der Gläubiger bei Umschuldungsverhandlungen, um „Trittbrettfahrerverhalten“ zu vermeiden.

In diesem Kontext ist auch die Einführung eines fairen und transparenten Verfahren, eines sog. Internationalen Insolvenzrechts notwendig, an dem alle Gläubiger beteiligt werden müssen (vgl. hierzu im Einzelnen das Kapitel 2.4.6.2 zu einem „Geregelten Insolvenzverfahren“).



37 Vgl. zu einzelnen Aspekten die Internet-Site des Financial Stability Forum unter http://www.fsforum.org sowie die Berichte der einzelnen Arbeitsgruppen unter http://www.fsforum.org/Reports http://www.fsforum.org/Reports//--> (18.4.2002).

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