2.4.5
Investment gemäß Nachhaltigkeitskriterien
Die aus dem
anglo-amerikanischen Raum kommende Anlagestrategie, häufig als
„Ethisches Investment“ bezeichnet, berücksichtigt
bei der Entscheidung neben Rendite, Sicherheit und Liquidität
auch die Art der Verwendung der angelegten Gelder. Der Begriff
„ethisches Investment“ wird seit der Jahrhundertwende
benutzt, um zweckgebundene Investitionen in Fonds, Aktien,
Direktbeteiligungen oder andere Anlageformen zu beschreiben. Waren
es zu Beginn eher soziale Belange (gegen Diskriminierung, für
die Unterstützung von Gewerkschaften etc.), die mit der
„ethischen Anlage“ beeinflusst werden sollten, so sind
es heute verstärkt Aspekte der Nachhaltigkeit (technische
Innovationen, umweltfreundliche Produkte bzw. Produktionsweisen,
Branchenvorreiter etc.).
Inzwischen hat
der Nachhaltigkeitsdiskurs, der auch in seinen Anfängen
häufig eher als „Sonder-„ oder
„Nischenbereich“ angesehenen wurde, den Anlagesektor
erreicht. Investoren achten verstärkt darauf, dass bei der
Mittelverwendung neben den ökonomischen auch soziale und
ökologische Aspekte berücksichtigt werden, um das
Investment langfristig erfolgreich und tragfähig (das ist
sustainable) zu gestalten. In einer Ecologic-Studie aus dem Sommer
1999 (Kahlenborn, Kraemer 1999) ist der positive Zusammenhang von
„Grünen Geldanlagen“ und Umweltnutzen anhand
verschiedener Effekte (Anschub finan zierung,
Finanzierungseffekte zu Gunsten umweltfreundlicher Unternehmen,
ökologische Beeinflussung des Unternehmensmanagements)
herausgearbeitet worden.
Nachhaltiges
Investment bedient sich der folgenden Kriterien:
– Positivkriterien beschreiben
Produkte, Verfahren oder Managementmethoden, die beispielhaft dazu
beitragen, nachhaltige Wirtschaftsstile zu entwickeln.
– Ausschlusskriterien operieren mit
dem Ausschluss von Branchen, Produkten oder Produktionsprozessen,
die einer zukunftsfähigen Entwicklung entgegen
stehen.
– Der Best-in-Class-Ansatz nimmt die
jeweils sozial oder ökologisch Besten der Branchen heraus, in
die man auch bei rein ökonomischer Betrachtung inves
tieren würde.
– Im Engagement-Ansatz beeinflusst
der Aktionär über konstruktiven Dialog mit dem Management
des entsprechenden Unternehmens dessen Strategie. Dieser Ansatz
wird vor allem in Großbritannien sehr erfolgreich angewendet,
in Deutschland sind die kritischen Aktionäre mit dem
Shareholder Activism (in den Hauptversammlungen der großen
Publikumsgesellschaften) bekannt geworden.
Die diesen Kriterien folgenden Anlagestrategien
kommen zumeist kombiniert vor. Das Nachhaltige Investment ist durch
verschiedene Umstände inzwischen auf dem Vormarsch, nachdem
zunächst Pioniere des Kapitalmarktes den Weg bereitet haben.
Ein traditioneller Anbieter von Vermögensanlagen kann es sich
inzwischen nicht mehr leisten, keine nachhaltigen Produkte auf den
Markt zu bringen, zumal entgegen fest sitzender Vorurteile
nachhaltiges Investment mitnichten eine schlechtere Performance
(Rendite, Sicherheit, Liquidität) aufweist als andere Fonds.
Gerade die Best-in-Class-Ansätze können diesen Beleg
liefern. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die
Erfahrungen nicht über ausreichend lange Zeitläufe
ausgewertet werden können.
Es zeigt sich, dass Unternehmen, die sich der
Nachhaltigkeit verpflichten, tendenziell sehr innovativ sind und
über ein besseres Risikomanagement als ihre Mitbewerber
verfügen. Die Einhaltung von Mindeststandards (Arbeits-und
Menschenrechte, ökologische Standards) sind ein essentieller
Bestandteil von Nachhaltigkeitspolitik und angemessenem
Risikomanagement.
Der Markt des nachhaltigen Investments in
Deutschland hat sich zwischen 1998 und 2000 verfünffacht.
Allerdings muss mit einem
Marktanteil von 0,4 Prozent (imug 2001: 2) immer noch von
einem Nischenmarkt gesprochen werden.
Verantwortlich für das Wachstum
(allerdings ausgehend von einem sehr niedrigen Niveau) ist neben
dem Interesse der Kunden und dem generellen Trend zu Aktien und
Fonds vor allem die erfolgreiche Performance und die Suche nach
Alternativen der Anlage von Vermögen nach dem Einbruch der
Technologiewerte im Jahr 2000.
Eine repräsentative Befragung
von Ecologic (2001: 15) hat ergeben, dass es für nahezu vier
Fünftel aller Befragten wichtig oder sehr wichtig ist, dass
Umweltaspekte bei der privaten Altersvorsorge berücksichtigt
werden.43 Aber laut der
imug-Umfrage (2001: 10) sind erst gut drei Prozent aller Befragten
in einer Anlageberatung auf ethische Anlageformen hingewiesen
worden, nur knapp ein Prozent haben in diesem Bereich investiert
(imug 2001: 11).
Für den Markt des nachhaltigen
Investments könnte die im Mai 2001 neu eingeführte
Berichtspflicht über die Nachhaltigkeit der finanzierten
Projekte (durch Fonds, in die Anleger einzahlen) auch im Rahmen der
Rentenreform einen wichtigen Impuls liefern. Allerdings müssen
derzeit Geldanlagen, die keine Nachhaltigkeitskriterien
berücksichtigen, dies nur einmal erklären, um sich
für alle Zukunft vollständig von jeder Berichtspflicht zu
entbinden. Eine jährliche Nachhaltigkeits-Berichtspflicht
aller Geldanlagen würde die Transparenz erhöhen und
alleine dadurch nachhaltigen Geldanlagen einen Vorteil
verschaffen.
43 Dies bestätigt Ralph Thurm, Siemens AG,
Corporate Technology, Environmental Projection and Technical
Safety, Industrial Environmental Protection, bei der Anhörung
der Enquete-Kommission „Globalisierung der
Weltwirtschaft“ zu Nachhaltigem Investment am 21. Februar
2002 in Berlin.
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