*) Eingesetzt durch Beschluss des Deutschen Bundestages vom 15. Dezember
1999 - entspricht der Bundesdrucksache 14/2350

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2.4.5       Investment gemäß Nachhaltigkeitskriterien

Die aus dem anglo-amerikanischen Raum kommende Anlagestrategie, häufig als „Ethisches Investment“ bezeichnet, berücksichtigt bei der Entscheidung neben Rendite, Sicherheit und Liquidität auch die Art der Verwendung der angelegten Gelder. Der Begriff „ethisches Investment“ wird seit der Jahrhundertwende benutzt, um zweckgebundene Investitionen in Fonds, Aktien, Direktbeteiligungen oder andere Anlageformen zu beschreiben. Waren es zu Beginn eher soziale Belange (gegen Diskriminierung, für die Unterstützung von Gewerkschaften etc.), die mit der „ethischen Anlage“ beeinflusst werden sollten, so sind es heute verstärkt Aspekte der Nachhaltigkeit (technische Innovationen, umweltfreundliche Produkte bzw. Produktionsweisen, Branchenvorreiter etc.).

Inzwischen hat der Nachhaltigkeitsdiskurs, der auch in seinen Anfängen häufig eher als „Sonder-„ oder „Nischenbereich“ angesehenen wurde, den Anlagesektor erreicht. Investoren achten verstärkt darauf, dass bei der Mittelverwendung neben den ökonomischen auch soziale und ökologische Aspekte berücksichtigt werden, um das Investment langfristig erfolgreich und tragfähig (das ist sustainable) zu gestalten. In einer Ecologic-Studie aus dem Sommer 1999 (Kahlenborn, Kraemer 1999) ist der positive Zusammenhang von „Grünen Geldanlagen“ und Umweltnutzen anhand verschiedener Effekte (Anschub­ finan­ zierung, Finanzierungseffekte zu Gunsten umweltfreundlicher Unternehmen, ökologische Beeinflussung des Unternehmensmanagements) herausgearbeitet worden.

Nachhaltiges Investment bedient sich der folgenden Kriterien:

–    Positivkriterien beschreiben Produkte, Verfahren oder Managementmethoden, die beispielhaft dazu beitragen, nachhaltige Wirtschaftsstile zu entwickeln.

–    Ausschlusskriterien operieren mit dem Ausschluss von Branchen, Produkten oder Produktionsprozessen, die einer zukunftsfähigen Entwicklung entgegen­ stehen.

–    Der Best-in-Class-Ansatz nimmt die jeweils sozial oder ökologisch Besten der Branchen heraus, in die man auch bei rein ökonomischer Betrachtung inves­ tieren würde.

–    Im Engagement-Ansatz beeinflusst der Aktionär über konstruktiven Dialog mit dem Management des entsprechenden Unternehmens dessen Strategie. Dieser Ansatz wird vor allem in Großbritannien sehr erfolgreich angewendet, in Deutschland sind die kritischen Aktionäre mit dem Shareholder Activism (in den Hauptversammlungen der großen Publikumsgesellschaften) bekannt geworden.

   Die diesen Kriterien folgenden Anlagestrategien kommen zumeist kombiniert vor. Das Nachhaltige Investment ist durch verschiedene Umstände inzwischen auf dem Vormarsch, nachdem zunächst Pioniere des Kapitalmarktes den Weg bereitet haben. Ein traditioneller Anbieter von Vermögensanlagen kann es sich inzwischen nicht mehr leisten, keine nachhaltigen Produkte auf den Markt zu bringen, zumal entgegen fest sitzender Vorurteile nachhaltiges Investment mitnichten eine schlechtere Performance (Rendite, Sicherheit, Liquidität) aufweist als andere Fonds. Gerade die Best-in-Class-Ansätze können diesen Beleg liefern. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Erfahrungen nicht über ausreichend lange Zeitläufe ausgewertet werden können.

Es zeigt sich, dass Unternehmen, die sich der Nachhaltigkeit verpflichten, tendenziell sehr innovativ sind und über ein besseres Risikomanagement als ihre Mitbewerber verfügen. Die Einhaltung von Mindeststandards (Arbeits-und Menschenrechte, ökologische Standards) sind ein essentieller Bestandteil von Nachhaltigkeitspolitik und angemessenem Risikomanagement.

Der Markt des nachhaltigen Investments in Deutschland hat sich zwischen 1998 und 2000 verfünffacht. Allerdings muss mit einem Marktanteil von 0,4 Prozent (imug 2001: 2) immer noch von einem Nischenmarkt gesprochen werden.

Verantwortlich für das Wachstum (allerdings ausgehend von einem sehr niedrigen Niveau) ist neben dem Interesse der Kunden und dem generellen Trend zu Aktien und Fonds vor allem die erfolgreiche Performance und die Suche nach Alternativen der Anlage von Vermögen nach dem Einbruch der Technologiewerte im Jahr 2000.

   Eine repräsentative Befragung von Ecologic (2001: 15) hat ergeben, dass es für nahezu vier Fünftel aller Befragten wichtig oder sehr wichtig ist, dass Umweltaspekte bei der privaten Altersvorsorge berücksichtigt werden.43 Aber laut der imug-Umfrage (2001: 10) sind erst gut drei Prozent aller Befragten in einer Anlageberatung auf ethische Anlageformen hingewiesen worden, nur knapp ein Prozent haben in diesem Bereich investiert (imug 2001: 11).

Für den Markt des nachhaltigen Investments könnte die im Mai 2001 neu eingeführte Berichtspflicht über die Nachhaltigkeit der finanzierten Projekte (durch Fonds, in die Anleger einzahlen) auch im Rahmen der Rentenreform einen wichtigen Impuls liefern. Allerdings müssen derzeit Geldanlagen, die keine Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigen, dies nur einmal erklären, um sich für alle Zukunft vollständig von jeder Berichtspflicht zu entbinden. Eine jährliche Nachhaltigkeits-Berichtspflicht aller Geldanlagen würde die Transparenz erhöhen und alleine dadurch nachhaltigen Geldanlagen einen Vorteil verschaffen.



43 Dies bestätigt Ralph Thurm, Siemens AG, Corporate Technology, Environmental Projection and Technical Safety, Industrial Environmental Protection, bei der Anhörung der Enquete-Kommission „Globalisierung der Weltwirtschaft“ zu Nachhaltigem Investment am 21. Februar 2002 in Berlin.

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