*) Eingesetzt durch Beschluss des Deutschen Bundestages vom 15. Dezember
1999 - entspricht der Bundesdrucksache 14/2350

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3.2.1       Globalisierung und die Rolle der Transportkosten

Transportkosten sind Teil der Transaktionskosten. Zu diesen zählen neben den Kommunikationskosten auch Zölle, nicht-tarifäre Handelshemmnisse und Markterschlie­ ßungs­ kosten.29

Die Transaktionskosten sind in allen Bereichen gesunken, so etwa durch die Senkung tarifärer Handelshemmnisse im Zuge mehrerer GATT-Runden sowie durch den Abschluss regionaler Zollunions- und Freihandelsabkommen, insbesondere der EU und der NAFTA. Insgesamt haben die Verbesserungen von Transport und Kommunikation und die Senkung der Transaktionskosten zu einer Situation geführt, die eine erhebliche Ausweitung der Transporte und insbesondere eine Verlagerung von Produktion vom Zentrum (Industrieländer) in die Peripherie (Entwicklungsländer) ermöglichen. Generell lassen sich beim Transport enorme Economies of Scale (Größenvorteile) realisieren (Knoflacher 2001: 3ff.). Dazu bedarf es jedoch ausreichender vorangehender Infrastrukturinvestitionen, deren Leistungsfähigkeit im internationalen Vergleich deutlich variiert. Der Gesamtprozess ist gegenwärtig durch folgende zentrale Merkmale gekennzeichnet (Aberle 2001a):

–    Die zunehmende Handelsintegration ist mit intensivierter internationaler Arbeitsteilung verbunden (Reduzierung der Fertigungstiefe). Sie fördert Outsourcing-Prozesse und bewirkt große Ausweitungen der Transportentfernungen. Die Folge ist: Die Tonnenkilometer (Tkm) steigen deutlich stärker als das reale Bruttoinlandsprodukt.

–    Die langfristigen Veränderungen in der gesamtwirtschaftlichen Güterstruktur (Stagnation bzw. Rückgang von Grundstoffproduktion und -verarbeitung; Vordringen von Investitions- und langlebigen Konsumgütern) begünstigen den Straßengüterverkehr und treffen die Bahn und die Binnenschifffahrt negativ (als Ursache gilt der sog. Güterstruktureffekt). Die relativ niedrigen Transportkosten begünstigen diesen Trend.

–    Der Logistikeffekt verstärkt den Güterstruktureffekt: Er resultiert aus weltweiten Optimierungsstrategien der Güter- und Informationsflüsse (z.B. Supply Chain Management; produktionssynchrone Liefersysteme, Verzicht auf Zwischenläger; Sendungsgrößenreduzierung). Ein besonderes Problem ist: Eisenbahn und Binnenschiffahrt weisen im Vergleich zum Straßengüterverkehr niedrigere logistische Leistungspotentiale auf. Die große Bedeutung zeitkritischer Transporte begünstigt zudem den Luftverkehr.

–    Vordringen von Just in time-Konzepten. JIT-Konzepte erfordern störungsfreie Transportabläufe bei hoher Zuverlässigkeit. JIT-Aufgaben können prinzipiell durch jeden Verkehrsträger, der Zuverlässigkeit und zeitgenaue Anlieferungen gewährleistet, übernommen werden. Die Kombination von produktionssynchronen Anlieferungen und fehlenden Eingangslägern erhöht hierbei die Fahrtenzahlen. Die Enge der Zeitfens­ ter stellt häufig auch den Straßengüterverkehr vor problematische Situationen (Einhaltung der höchstzulässigen Lenkzeiten, Geschwindigkeitsübertretungen). Die geringen Sendungsgrößen bei erhöhter Zahl der Anlieferungen pro Zeiteinheit begünstigen den Lkw, wie auch die Integratoren im Luftfrachtverkehr.

In den Anhörungen wurde besonders auf die Folgen verwiesen, wenn den Verkehrsträgern nicht in angemessener Weise sämtliche Kosten des Transportes zugeordnet werden. Für den Verkehrsbereich gilt dies als unbestritten. Es treten zwei Probleme auf, wenn die konkurrierenden Verkehrsträger nur unvollständig und zusätzlich unterschiedlich mit den volkswirtschaftlichen Kosten der Transportleistungserstellung belastet werden (Aberle 2001a):

–    Allgemeine Tendenz einer zu „billigen“ Transportleistung. Dies steigert den Umfang der Transport­ leistungsnachfrage über das gesamtwirtschaftlich sinnvolle hinaus. Dies kann zur Verstärkung der Tendenzen beitragen, die Fertigungstiefen zu reduzieren und Global Sourcing über große Entfernungen zu praktizieren.

–    Verkehrsträgerspezifische Fehlanlastung der Kosten. Eine verkehrsträgerunterschiedliche Anlastung der volkswirtschaftlichen Kosten führt zu einer künstlichen Veränderung des Modal Split. Der empirische Befund zeigt hier Benachteiligungen vor allem der Binnenschiffahrt und der Bahn.

Festgestellt wurde aber auch, dass die wichtigsten Komponenten der externen Kosten – Schadstoffe, Lärm und CO2-Emissionen – in ihrer verkehrträgerspezifischen Höhe (Mengengerüste und Bewertungsprinzipien) äußerst umstritten sind (national und international). Dennoch können wissenschaftlich gestützte Näherungswerte politisch gesetzt und kostenwirksam gemacht werden.

Trotz Güterstruktureffekt und genereller Kostensenkungen im Transport- und Logistikbereich ist die unterschiedliche branchenspezifische Bedeutung der Transportkosten weiterhin zu bedeutungsvoll. Ihre Anteile am Produktionswert lassen sich aufgrund verschiedener Untersuchungen etwa wie folgt abschätzen (Aberle 2001a):

–    Erze                                 6,0 – 7,0 Prozent

–    Baustoffe                       6,5 – 7,2 Prozent

–    Eisen, Stahl                    4,5 – 5,0 Prozent

–    Nahrungsmittel             3,6 – 3,9 Prozent

–    Hoch-/Tiefbau               3,1 – 3,4 Prozent

–    Mineralölerz.                  3,3 – 3,6 Prozent

–    Chemische Erz.              2,1 – 2,5 Prozent

   Einen deutlich geringeren Anteil haben Straßenfahrzeuge (ca. 1,5 Prozent), Büromaschinen (ca. 1,3 Prozent) und Elektrotechnische Erzeugnisse (ca. 1,3 Prozent). Im Dienstleistungsbereich liegen die Transportkostenanteile durchweg deutlich niedriger (Versicherung ca. 0,5 Prozent, Gastgewerbe ca. 1,2 Prozent, Einzelhandel ca. 0,7Prozent, Gesundheitswesen ca. 0,3 Prozent). Eine Ausnahme bildet der Bankensektor, dessen Transportkos­ tenanteil bei etwa 3,4 Prozent liegt. Bei den Anteilswerten ist zu berücksichtigen, dass die Umsatzrenditen der Bereiche Industrie und Handel im Durchschnitt zwischen zwei und sechs Prozent liegen.

Die Anhörungen ergaben, dass isolierte Betrachtungen der reinen Transportkosten relativ wenig aussagefähig sind. Für die wachstumsbedeutsamen Wirtschaftsbereiche ist vielmehr die Logistikqualität ein besonders globalisierungsrelevanter Wettbewerbsfaktor. Die Transportkos­ tenanteile müssen deshalb vor dem Hintergrund der Logis­ tikqualität betrachtet und beurteilt werden. IuK-Kosten sind Teil der Logistikkosten. Die Logistikqualität wird maßgeblich durch den sich stürmisch entwickelnden IuK-Sektor bestimmt.



29 Man unterscheidet:

Realwirtschaftliche Transaktionskosten stehen vor allem mit dem Transport der Güter in Verbindung. Sie umfassen Fracht, Verpackungskosten, Versicherungskosten und Produktadaptionskosten, wenn Produkte für den Verkauf auf ausländischen Märkten angepasst werden müssen;

Monetäre Transaktionskosten betreffen die Abwicklung von Finanztransaktionen (Kosten der Zahlungssysteme, Fakturierung in Auslandswährung, Absicherung von Währungsrisiken);

Transaktionskosten, die durch politische Entscheidungen entstehen, sind Zölle, nicht-tarifäre Handelshemmnisse, Steuern im Außenhandel oder Kontrollen des Kapitalverkehrs. Darüber hinaus gibt es je nach Destination der Güter zusätzliche Länderrisiken, die abzusichern ebenfalls mit Kosten verbunden sind.

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