3.2.1
Globalisierung und die Rolle der Transportkosten
Transportkosten sind Teil der
Transaktionskosten. Zu diesen zählen neben den
Kommunikationskosten auch Zölle, nicht-tarifäre
Handelshemmnisse und Markterschlie ßungs
kosten.29
Die Transaktionskosten sind in allen
Bereichen gesunken, so etwa durch die Senkung tarifärer
Handelshemmnisse im Zuge mehrerer GATT-Runden sowie durch den
Abschluss regionaler Zollunions- und Freihandelsabkommen,
insbesondere der EU und der NAFTA. Insgesamt haben die
Verbesserungen von Transport und Kommunikation und die Senkung der
Transaktionskosten zu einer Situation geführt, die eine
erhebliche Ausweitung der Transporte und insbesondere eine
Verlagerung von Produktion vom Zentrum (Industrieländer) in
die Peripherie (Entwicklungsländer) ermöglichen. Generell
lassen sich beim Transport enorme Economies of Scale
(Größenvorteile) realisieren (Knoflacher 2001: 3ff.).
Dazu bedarf es jedoch ausreichender vorangehender
Infrastrukturinvestitionen, deren Leistungsfähigkeit im
internationalen Vergleich deutlich variiert. Der Gesamtprozess ist
gegenwärtig durch folgende zentrale Merkmale gekennzeichnet
(Aberle 2001a):
– Die zunehmende
Handelsintegration ist mit intensivierter internationaler
Arbeitsteilung verbunden (Reduzierung der Fertigungstiefe). Sie
fördert Outsourcing-Prozesse und bewirkt große
Ausweitungen der Transportentfernungen. Die Folge ist: Die
Tonnenkilometer (Tkm) steigen deutlich stärker als das reale
Bruttoinlandsprodukt.
– Die langfristigen
Veränderungen in der gesamtwirtschaftlichen
Güterstruktur (Stagnation bzw. Rückgang von
Grundstoffproduktion und -verarbeitung; Vordringen von
Investitions- und langlebigen Konsumgütern) begünstigen
den Straßengüterverkehr und treffen die Bahn und die
Binnenschifffahrt negativ (als Ursache gilt der sog.
Güterstruktureffekt). Die relativ niedrigen Transportkosten
begünstigen diesen Trend.
– Der
Logistikeffekt verstärkt den Güterstruktureffekt:
Er resultiert aus weltweiten Optimierungsstrategien der Güter-
und Informationsflüsse (z.B. Supply Chain Management;
produktionssynchrone Liefersysteme, Verzicht auf
Zwischenläger; Sendungsgrößenreduzierung). Ein
besonderes Problem ist: Eisenbahn und Binnenschiffahrt weisen im
Vergleich zum Straßengüterverkehr niedrigere logistische
Leistungspotentiale auf. Die große Bedeutung zeitkritischer
Transporte begünstigt zudem den Luftverkehr.
– Vordringen von Just in
time-Konzepten. JIT-Konzepte erfordern störungsfreie
Transportabläufe bei hoher Zuverlässigkeit. JIT-Aufgaben
können prinzipiell durch jeden Verkehrsträger, der
Zuverlässigkeit und zeitgenaue Anlieferungen
gewährleistet, übernommen werden. Die Kombination von
produktionssynchronen Anlieferungen und fehlenden
Eingangslägern erhöht hierbei die Fahrtenzahlen. Die Enge
der Zeitfens ter stellt häufig auch den
Straßengüterverkehr vor problematische Situationen
(Einhaltung der höchstzulässigen Lenkzeiten,
Geschwindigkeitsübertretungen). Die geringen
Sendungsgrößen bei erhöhter Zahl der Anlieferungen
pro Zeiteinheit begünstigen den Lkw, wie auch die Integratoren
im Luftfrachtverkehr.
In den
Anhörungen wurde besonders auf die Folgen verwiesen, wenn den
Verkehrsträgern nicht in angemessener Weise sämtliche
Kosten des Transportes zugeordnet werden. Für den
Verkehrsbereich gilt dies als unbestritten. Es treten zwei Probleme
auf, wenn die konkurrierenden Verkehrsträger nur
unvollständig und zusätzlich unterschiedlich mit den
volkswirtschaftlichen Kosten der Transportleistungserstellung
belastet werden (Aberle 2001a):
– Allgemeine Tendenz einer zu
„billigen“ Transportleistung. Dies steigert den
Umfang der Transport leistungsnachfrage über das
gesamtwirtschaftlich sinnvolle hinaus. Dies kann zur
Verstärkung der Tendenzen beitragen, die Fertigungstiefen zu
reduzieren und Global Sourcing über große
Entfernungen zu praktizieren.
– Verkehrsträgerspezifische
Fehlanlastung der Kosten. Eine
verkehrsträgerunterschiedliche Anlastung der
volkswirtschaftlichen Kosten führt zu einer künstlichen
Veränderung des Modal Split. Der empirische Befund
zeigt hier Benachteiligungen vor allem der Binnenschiffahrt und der
Bahn.
Festgestellt
wurde aber auch, dass die wichtigsten Komponenten der externen
Kosten – Schadstoffe, Lärm und CO2-Emissionen
– in ihrer verkehrträgerspezifischen Höhe
(Mengengerüste und Bewertungsprinzipien) äußerst
umstritten sind (national und international). Dennoch können
wissenschaftlich gestützte Näherungswerte politisch
gesetzt und kostenwirksam gemacht werden.
Trotz
Güterstruktureffekt und genereller Kostensenkungen im
Transport- und Logistikbereich ist die unterschiedliche
branchenspezifische Bedeutung der Transportkosten weiterhin zu
bedeutungsvoll. Ihre Anteile am Produktionswert lassen sich
aufgrund verschiedener Untersuchungen etwa wie folgt
abschätzen (Aberle 2001a):
–
Erze
6,0 – 7,0 Prozent
–
Baustoffe
6,5 – 7,2 Prozent
– Eisen,
Stahl
4,5 – 5,0 Prozent
–
Nahrungsmittel
3,6 – 3,9 Prozent
–
Hoch-/Tiefbau
3,1 – 3,4 Prozent
–
Mineralölerz.
3,3 – 3,6 Prozent
– Chemische
Erz.
2,1 – 2,5 Prozent
Einen deutlich geringeren Anteil haben
Straßenfahrzeuge (ca. 1,5 Prozent), Büromaschinen (ca.
1,3 Prozent) und Elektrotechnische Erzeugnisse (ca. 1,3 Prozent).
Im Dienstleistungsbereich liegen die Transportkostenanteile
durchweg deutlich niedriger (Versicherung ca. 0,5 Prozent,
Gastgewerbe ca. 1,2 Prozent, Einzelhandel ca. 0,7Prozent,
Gesundheitswesen ca. 0,3 Prozent). Eine Ausnahme bildet der
Bankensektor, dessen Transportkos tenanteil bei etwa 3,4
Prozent liegt. Bei den Anteilswerten ist zu berücksichtigen,
dass die Umsatzrenditen der Bereiche Industrie und Handel im
Durchschnitt zwischen zwei und sechs Prozent liegen.
Die
Anhörungen ergaben, dass isolierte Betrachtungen der reinen
Transportkosten relativ wenig aussagefähig sind. Für die
wachstumsbedeutsamen Wirtschaftsbereiche ist vielmehr die
Logistikqualität ein besonders globalisierungsrelevanter
Wettbewerbsfaktor. Die Transportkos tenanteile müssen
deshalb vor dem Hintergrund der Logis tikqualität
betrachtet und beurteilt werden. IuK-Kosten sind Teil der
Logistikkosten. Die Logistikqualität wird
maßgeblich durch den sich stürmisch entwickelnden
IuK-Sektor bestimmt.
29 Man unterscheidet:
Realwirtschaftliche Transaktionskosten stehen vor allem mit
dem Transport der Güter in Verbindung. Sie umfassen Fracht,
Verpackungskosten, Versicherungskosten und Produktadaptionskosten,
wenn Produkte für den Verkauf auf ausländischen
Märkten angepasst werden müssen;
Monetäre
Transaktionskosten betreffen die Abwicklung von
Finanztransaktionen (Kosten der Zahlungssysteme, Fakturierung in
Auslandswährung, Absicherung von Währungsrisiken);
Transaktionskosten, die durch politische
Entscheidungen entstehen, sind Zölle, nicht-tarifäre
Handelshemmnisse, Steuern im Außenhandel oder Kontrollen des
Kapitalverkehrs. Darüber hinaus gibt es je nach Destination
der Güter zusätzliche Länderrisiken, die abzusichern
ebenfalls mit Kosten verbunden sind.
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