4.2.1.3 Kapitalorientierte Definition
internationaler Wettbewerbsfähigkeit
Beim
kapitalorientierten Ansatz erscheint die internationale
Wettbewerbsfähigkeit als das Vermögen eines Landes, das
weltweit mobile Kapital anzuziehen. Entscheidende
Messgröße der Standortqualität nach diesem Modell
sind die Direktinvestitionen.
Abbildung 4-5 zeigt, dass die gesamten 90er Jahre von
wachsenden deutschen Direkt investitionen im Ausland und
einem Überschuss über die ausländischen
Direktinvestitionen in Deutschland gekennzeichnet waren.
Vorausgesetzt,
dass das Jahresergebnis 2000 allein noch keine Trendumkehr
signalisiert, so scheint diese Zahlenreihe zwar einen Hinweis auf
die mangelhafte Attraktivität des deutschen Standortes
für das mobile internationale Kapital zu geben. Jedoch kann
die Position der deutschen Wirtschaft im internationalen Vergleich
nicht ohne weiteres an der Attraktivität für
ausländisches Kapital abgelesen werden, zumal die deutschen
Direktinvestitionen im Ausland bis zu einem gewissen Grad auch das
notwendige Gegenstück des positiven Exportsaldos der deutschen
Wirtschaft sind. Der Nettozufluss ausländischen Kapitals kann
für sich allein kein Selbstzweck sein. Er ist auch nicht
automatisch mit einem positiven Einfluss auf den Arbeitsmarkt
gleichzusetzen. Die Attraktivität eines Landes für
internationales Anlagekapital ist noch nicht einmal ein eindeutiger
Indikator für die Kapitalrendite und für die
Investitionskraft, da diese nicht von der Herkunft und von der
Eigentümerschaft des Kapitals abhängen. Jedenfalls ist,
wie
Abbildung 4-6 zeigt, Deutschland keinesfalls als –
relativ zu seinem Bruttoinlandsprodukt – investitionsschwach
einzustufen. Seine privatwirtschaftliche Investitionsquote ist
vielmehr relativ hoch und stabil.
Die große
Mehrheit der Experten ist sich einig, dass im Überschuss der
deutschen Direktinvestitionen im Ausland gegenüber den
ausländischen Direktinvestitionen im Inland kein Hinweis
für mangelhafte Standortqualität zu sehen ist. Das
Institut für Weltwirtschaft an der Universität Kiel kommt
in einer Studie zu dem Ergebnis, dass daraus keine negativen
Auswirkungen auf den deutschen Arbeitsmarkt entstehen, weil die
Auslandsinvestitionen primär nicht aus Kostenmotiven erfolgen,
sondern um den Absatz zu steigern und um in den Unternehmen
Größenvorteile zu erzielen (Kleinert u.a. 2000).
Außerdem sei die Zuwachsrate der deutschen
Auslands-Direktinvestitionen im internationalen Vergleich in den
90er Jahren zwar besonders hoch gewesen, jedoch ausgehend von einer
besonders niedrigen Ausgangsbasis, so dass Deutschland eher eine
anderswo schon in Gang befindliche Entwicklung nachgeholt habe
(Kleinert 1999: 58).
Autoren des
Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW)
argumentieren, dass der Anstieg der deutschen Direktinvestitionen
im Ausland seit 1989 die Inlandsinvestitionen um maximal 0,6
Prozent-Punkte vom BIP gesenkt haben könnte (Lindlar u.a.
1998: 18f.). Vor allem aber würden die deutschen
Direktinvestitionen im Ausland in der deutschen Zahlungsbilanz
systematisch zu hoch ausgewiesen (Lindlar 1998: 19).
Die
inländischen Beschäftigungseffekte deutscher
Auslandsinvestitionen hat das Rheinisch-Westfälische Institut
für Wirtschaftsforschung (RWI) mittels der Auswertung der
Geschäftsberichte von über 150 multinational tätigen
deutschen Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes aus den Jahren
1990 bis 1998 untersucht (Döhrn 2001). Danach wurden die
rechnerischen Arbeitsplatzverluste durch Direktinvestitionen und
Beschäftigung bei ausländischen Töchtern durch
inländische Beschäftigungseffekte überkompensiert.
Den Nettobeschäftigungsgewinn bei diesen Unternehmen beziffert
das RWI für 1990 bis 1994 auf 6,8 Prozent und für 1994
bis 1998 auf 10,3 Prozent ihrer inländischen
Beschäftigung (vgl. auch Döhrn 2002).
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