*) Eingesetzt durch Beschluss des Deutschen Bundestages vom 15. Dezember
1999 - entspricht der Bundesdrucksache 14/2350

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   4.9.2.2 Die Bedeutung von Humankapital

Innovationen im Bereich der drahtlosen Zugangsnetze führen zu sinkenden Kosten beim Aufbau einer entsprechenden technischen Infrastruktur, d.h. es ist aus technischer Sicht mit einer deutlichen Reduzierung der Kosten beim Aufbau entsprechender Zugangsnetze zu rechnen (s. Kasten 4-4).

Neben technischen und institutionellen Veränderungen wird in offenen Volkswirtschaften insbesondere der Ausbau des sogenannten „Humankapitals“ über den Zugang zu global verfügbaren Informationen und den Aufbau internationaler Netzwerke von Experten gefördert und beschleunigt. Entwicklungsländer können aufgrund komparativer Kostenvorteile, u. a. im Bereich der Lohnstückkosten in arbeitsintensiven Branchen, kurzfristig Wohlfahrts­ zu­ ge­ winne erlangen. Jedoch nimmt auch in Entwicklungsländern die Bedeutung von qualifizierten Arbeitskräften zu. Die Länder, denen es nicht gelingt, einen ausreichenden Bestand an Humankapital zu akkumulieren, werden langfristig nicht an der weltweiten Arbeitsteilung partizipieren können und die Verlierer der Globalisierung sein (Hemmer u.a. 2001: 143ff.).

Ein entscheidender Engpass bei der Überwindung der digitalen Spaltung liegt folglich im Bereich qualifizierter Arbeitskräfte. Die Ausbildung und Qualifizierung von Menschen und die Fähigkeiten von Bildungssystemen, den Ausbildungs- und Qualifizierungsstandard anzuheben, wird in noch höherem Maß als bisher über die Entwicklungschancen von Ländern entscheiden. In vielen Entwicklungsländern fehlt es jedoch an einer ausreichenden Anzahl von Ingenieuren, Programmierern und technischem Fachpersonal (Stamm u.a. 2000: 1f.).

Dem Staat kommt bei der Förderung von Humankapital und bei Investitionen im Bereich Bildung, Ausbildung und FuE eine besondere Rolle zu. Industrieländer sollten dabei Entwicklungsländer beim Aufbau und der Reform von Ausbildungs- und Forschungsinstitutionen der IuK unterstützen (Stamm 2000: 2). Entwicklungspolitisches Ziel ist, in einem Land selbsttragende wirtschaftliche Strukturen im IuK-Sektor aufzubauen, die über Wachstums- und Beschäftigungssteigerungen Armut und Ungleichheiten verringern.

Die Tatsache, dass die Industrieländer zur Zeit sowohl absolut als auch relativ weit mehr für Bildung und Forschung ausgeben als Entwicklungsländer lässt vermuten, dass sich die internationale Spaltung bei der Verteilung der Humankapitalressourcen zukünftig eher noch vergrößern wird. Die digitale Spaltung ist ein Ergebnis der Unterentwicklung, deren Überwindung hohe Ausgaben für Bildung voraussetzt. Dieses Geld steht in den öffentlichen Haushalten der Entwicklungs- und Schwellenländern nicht zur Verfügung. Studien zeigen, dass Länder mit niedrigem Durchschnittseinkommen deutlich weniger in Bildung investieren als solche mit hohem Durchschnitts­ einkommen (HWWA 2001: Kap. 6.406).

Neben den Investitionen in das Humankapital kostet auch die Partizipation an der modernen Kommunikationstechnologie Geld. Der Nutzer muss mit einer entsprechenden Hardware ausgestattet sein und den Zugang zum Netz bezahlen. Dieses Geld ist bei vielen Haushalten in der Dritten Welt nicht vorhanden. Deshalb korreliert das Einkommensniveau der Länder positiv mit dem Grad der Verbreitung der für die Teilnahme am Internet nötigen technischen Ausstattung in der Bevölkerung (s. Tabelle 4-10).

   Überdies leiden viele Bildungssysteme in Entwicklungsländern unter Ineffizienzen, d.h. sie sind weniger „produktiv“ als Bildungssysteme in Industrieländern und erfordern vergleichsweise höhere Inputs. Stamm weist darauf hin, dass Institutionen der beruflichen Bildung nicht auf die Anforderungen einer wissensintensiven Entwicklung vorbereitet und IuK-bezogene Ausbildungs- und Studiengänge selten seien. Dieses Problem werde durch fehlende eigenständiger FuE im IuK Bereich verschärft, so dass eine „digitale Kompetenzkluft“ existiere. Einige selektive Zahlen sollen diese Spaltung verdeutlichen. So promovieren in ganz Lateinamerika jährlich etwa 530 Ingenieure, während es allein in Spanien 1998 580 Ingenieure sind. In den USA ist einer von 140 Beschäftigten in Wissenschaft und Forschung tätig, in La­ teinamerika war es nur einer von 1300 Beschäftigten (Stamm 2001a).

Führt der Einsatz von IuK Techniken in Entwicklungsländern zu einer Steigerung des BIP kann über wirtschaftliches Wachstum Armut reduziert werden. Arme Bevölkerungsschichten können zudem auch direkt von dem Einsatz von IuK-Techniken profitieren. Der Zugang zu IuK-Techniken, die Mitbestimmung über Inhalte und die Anpassung des Wissens an lokale Gegebenheiten und seine Nutzung für die Lösung lokaler Probleme sind dabei wesentliche Einflussfaktoren. Das Spektrum der Bereiche, in denen IuK-Techniken Entwicklungschancen verbessern, ist sehr breit. In bestimmten Branchen ist der Einsatz von IuK-Techniken besonders effektiv. Gemeinde-Kommunikationszentren verringern die Isolierung abgelegener ländlicher Gegenden, sie beleben Wirtschaft und Handel und führen zu mehr sozialer Partizipation und Mitgestaltung. Die Gesundheitsversorgung wird durch Informationssysteme verbessert, die beispielsweise ansteckende Krankheiten, ihre Behandlungsmethoden und Behandlungserfolge erfassen, ebenso durch interaktive Behandlungsberatung zwischen Referenzkrankenhäusern und Basisgesundheitsstationen. Bildungschancen werden verbessert, beispielsweise durch vernetzte Lernumgebungen und durch Vernetzung von Schulen untereinander, mit Gemeinden und Unternehmen. E-commerce schafft für Handwerk, Klein- und Mittelindustrie neue inländische und – sofern bereits eine gewisse industrielle Struktur besteht – ausländische Absatzmärkte (BMZ 2001a: 29-32).




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Kasten 4-4

Tabelle 4-10