*) Eingesetzt durch Beschluss des Deutschen Bundestages vom 15. Dezember
1999 - entspricht der Bundesdrucksache 14/2350

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9.3.1       Menschenzahl und „natürliche” Tragfähigkeit

Die Frage, wie viel Menschen die Erde „ertrage”, ist nicht mit einer bestimmten Zahl beantwortbar. Die Bevölkerungszahl ist einer von zahlreichen Faktoren, die die Möglichkeiten menschenwürdigen Lebens bei gleichzeitiger ökologischer Nachhaltigkeit (sustainability) mitbestimmen. Insbesondere setzt die „carrying capacity” der Erde der Versorgung einer wachsenden Menschenzahl bei gleichzeitiger ökologischer Nachhaltigkeit auf absehbare Zeit keine dauerhaft unverrückbare Grenze; vielmehr hängt es wesentlich auch von der Art und Weise der Nutzung natürlicher Ressourcen ab, wie viele Menschen unter welchen Bedingungen leben können. Auf der anderen Seite ist offensichtlich, dass eine größere Menschenzahl bei ansonsten konstanten Variablen eine größere Belastung der natürlichen Umwelt darstellt.

Die ökologische Belastung ist zur Zeit eng gekoppelt an das jeweilige Wohlstandsniveau; das wohlhabendste Fünftel der Menschheit ist auch an den ökologischen Belastungen der Erde weit überproportional beteiligt. Allerdings zeigt bereits der Vergleich der USA mit z.B. europäischen Staaten, dass ein vergleichbares Wohlstandsniveau mit höchst unterschiedlichen ökologischen Belastungen gekoppelt sein kann. Gleichwohl ist der geringere durchschnittliche Pro-Kopf Ressourcenverbrauch der Entwicklungsländer vor allem Ausdruck weit verbreiteter Armut. Soweit eine Verlangsamung des Bevölkerungswachstums mit Verringerung der Armut und wirtschaftlicher Entwicklung einhergeht, kann dies im Ergebnis zu einer höheren ökologischen Gesamtbelastung der natürlichen Umwelt führen (sog. „Demographische Falle”).

Global betrachtet ist der wachsende Druck auf Ökosysteme heute überwiegend eine Frage der Art und Weise und der Quantität des Konsums.6 Das macht die Bevölkerungs­ entwicklung aber nicht bedeutungslos. Bevölkerungs­ wachstum erhöht den Gesamtverbrauch und die sons­ tige Belastung der Umwelt. Dies kommt in der Formel zum Ausdruck, die die Umweltwirkung vereinfachend folgendermaßen darstellt:

Umweltwirkung = Bevölkerungszahl x Pro-Kopf-Konsum x Umweltverbrauch je Konsumeinheit.7

Die globale Betrachtung von Tragfähigkeitsfragen birgt die Gefahr unausgewogener Schlussfolgerungen, wenn sie nicht durch regionale Perspektiven ergänzt wird. Wichtige ökologische Ressourcen sind regional ungleich verteilt. Auch bei vergleichsweise niedrigem Konsumniveau kann erheblicher Druck auf die lokalen und regionalen natürlichen Ressourcen ausgeübt werden – mit Konsequenzen auch für globale Umweltfragen.



6 Dies dürfte unbestritten sein; nähere Ausführungen dazu u. a. in: UNDP, UNEP, World Bank, World Resources Institute 2000: 23 ff.

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7 Dazu im einzelnen: O’Neill, MacKellar, Lutz 2001: 117 ff.

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