Im Bereich der EU-Außenpolitik sollen die Länder der Union wichtige Regeln der EU-Verfassung bereits vor in Kraft treten des Vertragswerkes anwenden. Diese Aufforderung richtete das Europäische Parlament im Anschluss an die Aussprache über den Jahresbericht zur Gemeinsamen Außen und Sicherheitspolitik (GASP) an den Ministerrat der Gemeinschaft. Mit dem Vorschlag, die Verfassungsregeln in der EU-Außenpolitik schon früher anzuwenden, sollen europäische Positionen in der Weltpolitik gestärkt werden. Dies ist möglich, da die Außenpolitik kein Gemeinschaftsverfahren ist, sondern von den Staaten der Gemeinschaft allein verantwortet wird.
Kampf gegen den Terrorismus
Ein solcher Vorgriff auf die künftigen Vertragsgrundlagen wurde bereits bei der Errichtung der Europäischen Verteidigungsagentur, dem Kampftruppenkonzept und der Entwicklung des Projekts der Nachbarschaftspolitik praktiziert. Als weitere Aufgabe wird die so genannte Solidaritätsklausel für den Fall eines bewaffneten Angriffs - nicht nur von terroristischen Bedrohungen - genannt. Darüber hinaus soll der Aufbau eines Europäischen Auswärtigen Dienstes zügig umgesetzt werden. Er soll künftig für das außenpolitische Handeln der EU eine Schlüsselrolle spielen.
Zwischen Ministerrat und Parlament herrscht Einigkeit darüber, dass der Kampf gegen den Terrorismus die traditionelle Unterscheidung zwischen Außen- und Innenpolitik aufhebt. In dem Bericht wurde darauf hingewiesen, dass sich die Union in einer optimalen Position befinde, um im Kampf gegen den Terrorismus ein entscheidende Rolle zu spielen: 25 Prozent des globalen Bruttosozialprodukts entfallen auf die EU sowie 50 Prozent der weltweit geleisteten Entwicklungshilfe und 40 Prozent des UN-Haushalts. Mit diesen führenden Positionen und dem Netzwerk von Abkommen mit mehr als 120 Staaten könne die Union auf diesem Gebiet ein entscheidendes Mitspracherecht für sich in Anspruch nehmen.
Je mehr Verantwortung Europa bei der Terrorismusbekämpfung übernehme, erklärte der deutsche Be-richterstatter Elmar Brok, um so mehr müsse die Union die Frage beantworten, wann der Rückgriff auf Gewalt notwendig und legitim werde. Auch wenn für die EU außer Frage stehe, dass der UN-Sicherheitsrat die primäre Verantwortung für die Wahrung des Friedens trage, bleibe unklar, unter welchen Umständen es legitim sein könne, bei EU-Aktionen als letztes Mittel auf Gewalt zurückzugreifen.
Während die Europäische Sicherheitsstrategie sich früher vorrangig auf militärische Aspekte beschränkte, verfolgt die Union heute einen ganzheitlichen Ansatz. Dabei spielt die Bekämpfung von Armut, Unterernährung und anderen destabilisierenden Faktoren eine wichtige Rolle für die Stärkung der internationalen Ordnung. In den vergangenen zehn Jahren konzentrierte sich die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik vor allem auf den Balkan und auf die Staaten Osteuropas. Das Parlament mahnt daher angesichts der terroristischen Bedrohung bei der gemeinsamen Außenpolitik eine größere geografische Ausgewogenheit an.