Die Arbeit des Ausschusses in der 15. Wahlperiode
Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (AwZ) bestand in der 15. Wahlperiode aus 23 Mitgliedern. Vorsitzender war Rudolf Kraus (CDU/CSU), stellvertretender Vorsitzender Detlef Dzembritzki (SPD). Als Sprecherin bzw. Sprecher ihrer Fraktionen im Ausschuss wurden Karin Kortmann (SPD), Dr. Christian Ruck (CDU/CSU), Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Markus Löning (FDP) benannt.
Unabhängig von ihrem politischen Hintergrund sahen es die Entwicklungspolitiker aller Fraktionen auch in der 15. Wahlperiode als ihre Aufgabe an, die Entwicklungsländer darin zu unterstützen, eigene Wege zu einer politischen, wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Entwicklung zu finden, die allen Menschen der heutigen und zukünftigen Generationen ein Leben unter menschenwürdigen Lebensumständen ermöglicht. Von herausragender Bedeutung ist dabei die Millenniumserklärung, mit der sich im September 2000 die Staats- und Regierungschefs von 150 Ländern acht internationale Entwicklungsziele, die "Millennium Development Goals" setzten:
- Den Anteil der Weltbevölkerung, der unter extremer Armut und Hunger leidet, halbieren,
- allen Kindern eine Grundschulausbildung ermöglichen,
- die Gleichstellung der Geschlechter und die politische, wirtschaftliche und soziale Beteiligung von Frauen fördern, besonders im Bereich der Ausbildung,
- die Kindersterblichkeit verringern,
- die Gesundheit der Mütter verbessern,
- HIV/AIDS, Malaria und andere übertragbare Krankheiten bekämpfen,
- den Schutz der Umwelt verbessern und
- eine weltweite Entwicklungspartnerschaft aufbauen.
Der Ausschuss ging deshalb immer wieder der Frage nach, welchen Beitrag Deutschland leisten kann, diese Ziele bis zum Jahr 2015 zu erreichen. Dabei legte er großen Wert darauf, dass die Entwicklungszusammenarbeit partnerschaftlich ausgestaltet und in die nationalen Strategien der Partnerländer eingebettet ist.
Ein weiterer wichtiger Punkt der Ausschussdebatten war die Frage, ob die Entwicklungszusammenarbeit zielgerichtet und effizient geleistet wird. Dabei achtete der Ausschuss darauf, dass die deutsche Hilfe an bestimmte Bedingungen geknüpft wird. Dazu gehören die Beachtung der Menschenrechte, demokratische Wahlen oder unabhängige Gerichte. Zur Überprüfung dieser Fragen entsandte der Ausschuss Delegationen ins Ausland. Ziele waren insbesondere die Länder, mit denen eine bilaterale Entwicklungszusammenarbeit besteht: Äthiopien und Kenia, DR Kongo und Ruanda, Mosambik und Sambia, Indonesien, Vietnam, Iran und Pakistan, Usbekistan, Kirgistan und Aserbaidschan, Brasilien sowie Argentinien und Bolivien.
Auf der Tagesordnung des Ausschusses standen alle denkbaren entwicklungspolitischen Aspekte: Die bilaterale ebenso wie die multilaterale Zusammenarbeit, die Entwicklung in einzelnen Regionen oder Staaten Lateinamerikas, Afrikas und Asiens oder Themen wie die Bekämpfung von HIV/AIDS, Missbrauch von Kindern als Soldaten, Kinderhandel, Entwicklungspartnerschaft mit der Wirtschaft, Agrarreformen in der Entwicklungszusammenarbeit, Bekämpfung der Wüstenbildung oder erneuerbare Energien. Weitere wichtige Themen waren die WTO-Verhandlungen, die europäische Entwicklungszusammenarbeit, die Zusammenarbeit mit den AKP-Ländern, die Weltbevölkerungspolitik und die Tsunami-Flutkatastrophe.
Um Beschlussempfehlungen an das Plenum des Deutschen Bundestages mit einer breiten Informationsbasis aussprechen zu können, aber auch zur Wahrnehmung seiner Kontrollfunktion gegenüber der Bundesregierung, führte der AwZ öffentliche Anhörungen durch. Dazu wurden Experten aus den jeweiligen Sachgebieten geladen, die von den Sprechern der Fraktionen im Ausschuss einvernehmlich bestimmt wurden. Themen der öffentlichen Anhörungen in der 15. Wahlperiode waren:
- "Internationales Insolvenzrecht und präventive Politik zur Verhinderung von Finanzkrisen und zur Stabilisierung des Finanzsystems",
- "Armutsbekämpfung durch nachhaltiges Finanzwesen und Mikrofinanzierung",
- "Wiederaufbau Afghanistans",
- "Vergessenes Afrika - hoffnungslose Hilfe für Hoffnungslose?",
- "Kernarbeitsnormen und Sozialstandards",
- "Vom "brain drain" zum "brain gain": Die Diaspora als Ressource der Entwicklungspolitik",
- "Welchen Beitrag können erneuerbare Energien zur Energieversorgung in Entwicklungsländern leisten?",
- "Die Rolle der Biodiversität in der Entwicklungszusammenarbeit",
- "Ländliche Entwicklung in der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit",
- "Internationale Koordinierung und Harmonisierung der Bekämpfung von HIV/AIDS",
- "Die Rolle der Medien in Deutschland für die Entwicklungszusammenarbeit" und
- "Evaluierung in der Entwicklungszusammenarbeit"
Die 23 Ausschussmitglieder pflegten umfangreiche Kontakte zu den wichtigen mit entwicklungspolitischen Fragen befassten Institutionen im In- und Ausland. So im Inland zu der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ), zu der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), zu den Kirchen, zu den politischen Stiftungen und zu einer Reihe von weiteren Nichtregierungsorganisationen, im Ausland mit der Weltbank, den regionalen Entwicklungsbanken, den zuständigen UN-Organisationen und der EU. In den Ausschusssitzungen standen ihnen eine Reihe von Gesprächspartnern für einen intensiven Meinungsaustausch zur Verfügung. Namentlich sind etwa
- Jeffrey Sachs, VN-Sonderberater für die Millenniumsziele,
- Eveline Herfkens, VN-Exekutivkoordinator für die Millenniumsziele,
- Mark Malloch Brown, Administrator des VN-Entwicklungsprogramms,
- William Lacy Swing, Sonderbeauftragter für die VN-Mission MONUC in der DR Kongo,
- James T. Morris, Exekutivsekretär des Welternährungsprogramms der VN,
- Peter Piot, Exekutivdirektor von UNAIDS,
- Richard Feachem, Exekutivdirektor des Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria,
- Karlheinz Böhm, Stiftung Menschen für Menschen (Äthiopienhilfe),
- Roberto Rodrigues, brasilianischer Minister für Landwirtschaft, Viehwirtschaft und Ernährung,
- Baige Zhiao, chinesische Vizeministerin und Leiterin der Kommission für Bevölkerung und Familienplanung,
- Louis Michel, EU-Kommissar für Entwicklung und Humanitäre Hilfe,
- Richard Manning, Vorsitzender des Entwicklungspolitischen Ausschusses der OECD oder
- Jürgen Stark, Vizepräsident der Deutschen Bundesbank
Insgesamt trat der Ausschuss zu 69 Sitzungen zusammen. Ihm wurden zur Beratung 194 Vorlagen überwiesen, davon waren 23 Gesetzentwürfe, 132 Anträge und 39 Unterrichtungen der Bundesregierung. Für 40 Vorlagen war er federführend. Darüber hinaus befasste er sich mit 317 EU-Vorlagen (247 EU-Rats- und 70 EU-Parlamentsdokumente).