Euromediterrane Parlamentarische Versammlung
Geschichte, Inhalte, Ziele
1. Geschichte
Mit dem Barcelona-Prozess reagierte die EU auf die kriegerischen Auseinandersetzungen und Konflikte im auseinander brechenden Jugoslawien sowie in Algerien zu Beginn der 90-er Jahre. Um eine Zone der Stabilität und Sicherheit auch im südlichen und östlichen Mittelmeerraum zu schaffen und damit auch den Migrationsdruck aus diesen Staaten zu vermindern, legte die EU ein Programm zur Förderung eines umfassenden Konzeptes von Sicherheit auf, das aus Mitteln der EU umfangreich gefördert wird. Der Barcelona-Prozess als institutionellen Rahmen des Regierungshandelns auf EU-Ebene existiert seit November 1995.
Der Barcelona Prozess beinhaltet ein umfassendes Konzept der Zusammenarbeit zwischen beiden Seiten des Mittelmeeres unter gleichberechtigter Teilhabe ("ownership") der südlichen und östlichen Mittelmeer-Anrainer. Ziel dieser im November 1995 in Barcelona - mit aktiver Unterstützung der Bundesregierung – ins Leben gerufenen Europa-Mittelmeer-Partnerschaft sind Friede, Stabilität und Wohlstand im Mittelmeer-Raum. Der Barcelona Prozess ist das geographische Gegenstück zur Ost-Erweiterung der EU, allerdings ohne Beitrittsperspektive.
Seit März 2003 arbeitet die EU-Kommission an der Konkretisierung des Barcelona-Prozesses im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik, zu der die Kommission im Jahr 2004 ein Strategiepapier vorgelegt hat (KOM(2004)373).
Der Barcelona-Prozess wird auf parlamentarischer Ebene seit 1998 durch das Euromediterrane Parlamentarische Forum begleitet. Im Jahr 1999 einigten sich die Parlamentspräsidenten der Teilnehmer am Barcelona-Prozess, mit der Einrichtung eines Parlamentarierinnentreffens ein Netzwerk interessierter weiblicher Abgeordneter zu unterstützen, das sich seit 2000 regelmäßig trifft.
Um dem Barcelona-Prozess auch auf Regierungsebene neue Impulse zu geben, entschieden die Abgeordneten sich auf dem V. Euromediterranen Parlamentarierforum im Dezember 2003 zu einer Institutionalisierung der parlamentarischen Begleitung. Im April 2004 fand daher im Athener Vorort Vouliagmeni/Kavouri die Gründungsversammlung der EUROMED-PV statt. Im September 2004 fanden die ersten Ausschusssitzungen statt und gaben sich ein Arbeitsprogramm bis zur nächsten Plenarveranstaltung im Frühjahr 2005.
Weitere parlamentarische Zusammenarbeit im Mittelmeerraum
Mit der Frage von Sicherheit und Stabilität im Mittelmeerraum und insbesondere im Nahen Osten und Zypern befassen sich die Parlamentarier auch in anderen Gremien. So hat die IPU bereits drei interparlamentarische Konferenzen über Sicherheit und Zusammenarbeit im Mittelmeerraum (KSZM) veranstaltet ( http://www.ipu.org/splz-e/marseille.htm). Auf ihrer Vierten Konferenz im Februar 2005 hat sich die KSZM in eine ständige Versammlung gewandelt, an der die Anrainer des Mittelmeeres auf ihren Wunsch teilnehmen können.
Darüberhinaus verfolgen die interparlamentarischen Versammlungen der NATO, der OSZE und des Europarates einen Dialogansatz mit den Mittelmeeranrainern in Unterausschüssen oder Sonderkonferenzen.
2. Aufgaben und Ziele
Die Parlamentarische Versammlung soll den Gedankenaustausch zwischen den Parlamenten der Partnerländer fördern und der euromediterranen Zusammenarbeit durch die stärkere Institutionalisierung der parlamentarischen Dimension neue Impulse verleihen. Gleichzeitig wollen die Abgeordneten die Verwendung der EU-Gelder in diesem Bereich kritisch begleiten.
3. Organe
Der Gedanke der Parität zwischen Nord- und Südanrainern spiegelt sich auch in der Zusammensetzung der Organe.
Die Parlamentarische Versammlung hat 240 Sitze, die
paritätisch zwischen Nord- und Südanrainern aufgeteilt
werden. Von den 120 dem Norden zustehenden Sitzen werden 75 vom
Europäischen Parlament besetzt, die restlichen Plätze aus
den Parlamenten der 25 Mitgliedsländer der Europäischen
Union. Deutschland entsendet wie jedes andere EU-Land drei
Abgeordnete aus den Reihen des Deutschen Bundestages. Die zweite
Hälfte der 240 Sitze steht Abgeordneten der südlichen und
östlichen Mittelmeeranrainer (Algerien, Ägypten, Israel,
Jordanien, Libanon, Marokko, Palästinensische Gebiete, Syrien,
Tunesien und Türkei; Libyen und Mauretanien als Beobachter)
zu.
Die Versammlung tritt einmal jährlich in einem der
Mitgliedstaaten zusammen.
Die Versammlung wählt für die Dauer von vier Jahren ein Präsidium mit insgesamt vier Mitgliedern: zwei Mitgliedern der Parlamente der südlichen Mittelmehranrainer, einem Mitglied des EP und einem Mitglied eines nationalen Parlamentes. Der Vorsitz im Präsidium rotiert jährlich.
Die inhaltliche Arbeit wird in drei Ausschüssen vorbereitet: dem politischen Ausschuss für Sicherheit und Menschenrechte, dem Ausschuss für Förderung der Lebensqualität und dem Ausschuss für Wirtschaft, Finanzen, soziale Angelegenheiten und Bildung. Jeder Ausschuss wählt ein Präsidium mit drei Mitgliedern. Die Ausschüsse treffen sich anlässlich der Plenarversammlungen sowie zu gesonderten Sitzungen und beraten die von Berichterstattern oder dem Präsidium erstellten Berichte und entwerfen Resolutionen für die Plenarversammlung.