Das Parlament
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Das Parlament
Nr. 27 / 04.07.2005
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Ines Gollnick

Der Verbindliche: Eckhart von Klaeden

Parlamentarisches Profil

Was musste er in diesem Jahr nicht alles über sich lesen: "Chefankläger", "Chefjäger", das "Schwert" des Untersuchungsausschusses. Manche hin und wieder auch martialisch klingende Vokabel steigert den Aufmerksamkeitsgrad für das publizistische Medium und damit in diesem Fall für den Untersuchungsausschuss, ein Instrument zur parlamentarischen Kontrolle der Regierung. Doch der Unionsabgeordnete Eckart von Klaeden, Obmann im so genannten "Visa-Ausschuss", kann mit diesen Begriffen wenig anfangen, fühlt sich damit nicht treffend beschrieben. Sein Selbstverständnis klingt viel nüchterner und unaufgeregter: "Der Untersuchungsausschuss gibt die Möglichkeit, der Regierung auf den Zahn zu fühlen und einen Sachverhalt zu klären, der sonst nicht in die Öffentlichkeit käme", so der Rechtsanwalt. "Zweck eines Untersuchungsausschusses ist es zudem, aus den Fehlern zu lernen und dafür zu sorgen, dass sie sich nicht wiederholen. Ein Untersuchungsausschuss ist nur dann erfolgreich, wenn man nicht versucht, der Regierung in jedem Fall eins auszuwischen", so die Meinung von Klaedens im Interview mit "Das Parlament". Ihm war und ist es wichtig, ganz nah an der Sache zu arbeiten. "Und wenn die öffentliche Aufmerksamkeit für den Untersuchungsgegenstand nicht mehr so stark ist, dann hilft es der Sache auch nicht, möglichst viel Rabatz zu machen, um das öffentliche Interesse wieder auf den Ausschuss zu ziehen."

Von Klaeden ist ein ruhiger Zeitgenosse ohne Allüren, verbindlich im Umgang. Seit 1994 sitzt er im Deutschen Bundestag und kennt die Spielregeln. Der 39-Jährige war ordentliches Mitglied im Petitionsausschuss, im Rechtsausschuss und in der Enquete-Kommission "Sekten und Psychogruppen". 2000 wurde von Klaeden einer von drei Parlamentarischen Geschäftsführern. Seit der Bundestagswahl 2002 ist er Obmann der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung sowie Mitglied im Ältestenrat. Natürlich war der Erlass zur Visapraxis mit der Ukraine mit seinen weitreichenden Folgen für den Oppositionspolitiker eine Herausforderung - nicht nur aus parteipolitischer Sicht. Von Klaeden stellte parlamentarische Anfragen nach der Verurteilung eines deutsch- ukrainischen Schleusers. Sie haben den Untersuchungsausschuss entscheidend mit auf die Schiene gebracht.

Der Abgeordnete, der sich im Kino gerne Thriller ansieht - wegen des Nervenkitzels -, kann sich über mangelnde Spannung im eigenen politischen Geschäft wirklich nicht beklagen. Man muss nämlich wissen, dass ein Untersuchungsausschuss durchaus nach besonderen Regeln arbeitet. Dort gilt die Strafprozessordnung. "Die Anforderung an die Wahrheit und die Richtigkeit der Aussagen ist höher. Man kann wesentlich präziser arbeiten. Die Regierung muss mehr Wert darauf legen, was sie dem Parlament mitteilt. Darin liegt ein besonderer Reiz", so der Jurist.

Ruhe bewahren, Sachverhalte durch eine gute Analyse schnell begreifen, sich um gut abgewogene Urteile bemühen: Mit diesem Mix aus Stärken ist von Klaeden gut gefahren. Wenn jemand jünger wirkt, als er ist - das trifft wohl auch auf den gebürtigen Hannoveraner mit Hildesheimer Wahlkreis zu - dann wird er schnell unterschätzt. Doch anfänglichen Skeptikern dürfte von Klaeden mittlerweile bewiesen haben, was in ihm steckt. Sich selbst natürlich ebenso. Dass die von der Mehrheit im Untersuchungsausschuss beschlossene Aussetzung der Zeugenvernehmung vom Bundesverfassungsgericht widerrufen wurde, weil CDU und FPD einen Eilantrag gestellt hatten, war nur einer der Höhepunkte der Auseinandersetzung. Und ein letzter großer Höhepunkt steht in den nächsten Tagen an. Bundesinnenminiser Otto Schily wird vor dem Gremium und vor laufenden Kameras aussagen. Da ist der ruhige, verbindliche Politiker noch einmal gefordert, denn sein Gegenüber sei schließlich "mit allen Wassern gewaschen". Dass dann auch erneut der Stratege im Bundestagsabgeordneten gefragt ist, liegt nahe. Auch hier hat von Klaeden eine feste Position: "Man muss das mit strategischem Verstand machen und darf nicht übertaktieren. Zu einer guten Strategie gehört einfach, dass die einzelnen Schritte sachlich begründet und nachvollziehbar sind."

Obwohl von Klaeden schon über zehn Jahre im Bundestag sitzt, gibt es für ihn immer noch jeden Tag etwas Neues zu entdecken. Zurzeit ist Politik sein Beruf. Und er will sich auch erneut bewerben, sollte es zu Neuwahlen kommen. Wenn er auch die tägliche Arbeit in seinem zivilen Beruf als Rechtsanwalt ein wenig vermisst, so schätzt er die enorme Freiheit in der Gestaltung des Mandats. "Wenn man umfassend am Menschen interessiert ist, dann ist Politik ein Beruf, der einem so viele Begegnungen mit so unterschiedlichen Menschen ermöglicht, wie es in keinem anderen Beruf der Fall ist", meint der Parlamentarier. Jeden Tag könne die Situation eine neue sein und sich Konstellationen blitzschnell ändern. "Wer an so etwas Freude hat, ist in der Politik gut aufgehoben." Kopf und Herz - so pathetisch sich dieses Doppel anhören mag - scheinen bei von Klaeden gleichermaßen ausgeprägt. Jedenfalls bemüht er sich, seine Bereitschaft zur Empathie, zur Einfühlsamkeit, zu bewahren, sagt er. Sich in andere hineinzuversetzen und daraus dann Konsequenzen zu ziehen, ist ihm wichtig. Seine größere Bekanntheit bedeutet ihm laut eigenem Bekunden nichts: "Natürlich ist sie hilfreich, weil in meinem Wahlkreis deutlich wird, was ich in Berlin mache. Und natürlich freue ich mich über eine gelungene Darstellung meiner Person in der Öffentlichkeit. Ich mache die Arbeit aber nicht um der Selbstdarstellung willen." Von Klaeden ist kein Mann für den großen Auftritt. Die Bühne überlässt er lieber dem politischen Erfolg.


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
© Deutscher Bundestag und Bundeszentrale für politische Bildung, 2005.