Gemeinhin gilt der schrumpfende Aralsee im vorderasiatischen Steppengebiet wegen des rapide sinkenden Wasserspiegels als eine der größten Öko-Katastrophen unserer Tage. In der Tat sind die Folgen der Schrumpfung eines der größten Binnenseen der Welt für Mensch und Umwelt verheerend: Schiffahrt und Fischfang sind zum Erliegen gekommen, Salzwüsten breiten sich aus und verhindern immer stärker Landwirtschaft und Viehzucht.
Eine ähnliche, von der Weltöffentlichkeit allerdings kaum wahrgenommene Veränderung erleben wir derzeit im Tschadsee, dem großen Binnensee im nördlichen Afrika. Er liegt zwischen auslaufender Sahara und Sahelzone und war über Jahrhunderte ein überlebenswichtiger Wasserspender für Mensch und Tier. Damit ist es nun fast Schluss, denn der See ist in den vergangenen 40 Jahren um 90 Prozent zurückgegangen. Betrug seine Oberfläche um 1960 noch über 25.000 Quadratkilometer, so sind es heute nur noch etwa 2.000 Quadratkilometer!
Die Folgen sind, wie der Berliner Politikwissenschaftler und Journalist Stefan Ziermann in seiner aufrüttelnden, mitunter etwas sperrig geschriebenen Studie zeigt, rundweg katastrophal. Traditionelle landwirtschaftliche Lebensformen gibt es kaum noch, die Ernährungslage in den vier Anrainerstaaten Tschad, Niger, Kamerun und Nigeria verschlechtert sich rapide, die Versalzung von Luft und Böden wächst bedrohlich. Das Problem von Ernährung bei gleichzeitigem Umweltschutz stellt sich mit aller Dringlichkeit.
Ein gewisser Lichtblick ist, dass die betroffenen Länder nach anfänglichen Versuchen, in aggressiv-egoistischer Weise für sich jeweils das Beste herauszuholen, nun ganz offensichtlich bereit sind, in gemeinsamer Anstrengung zu versuchen, die Katastrophe aufzuhalten. Es ist ein Wettlauf mit der Zeit, der nur mit großer Anstrengung der Afrikaner und mit viel internationaler Hilfe gewonnen werden kann.
Stefan Ziermann
Kampf um Wasser am Tschadsee.
Ökologische Ursachen und Möglichkeiten der nachhaltigen Kriegsprävention und friedlichen Konfliktregelung.
Verlag Stefan Ziemann, Berlin 2003; 176 S., 14,95 Euro,
ISBN 3-8330-0212-3