Wir brauchen mehr Geld für das System", forderte Professor Max Einhäupl, Vorsitzender des Wissenschaftsrats (Köln). Dies sei auch für die Verbesserung der Betreuung von immer zahlreicher werdenden Studenten unerlässlich. "Die Grundausstattung an deutschen Universitäten ist in den Naturwissenschaften seit Jahren absolut unzureichend, um auch nur den Minimalbedarf eines Lehrstuhls abzudecken", beklagte Professor Wolfgang Eberhardt von der Berliner Elektronenspeicherring-Gesellschaft für Synchrotronstrahlung "BESSY" in einer schriftlichen Stellungnahme. Das Geld reiche vielleicht gerade für den Reparaturbedarf an Praktikumsgeräten, Bürobedarf und die Telefonrechnung. Dienstreisen zu Konferenzen würden sehr oft durch private Zuschüsse mitfinanziert.
Kritik übten die geladenen Gäste auch an der großen bürokratischen Belastung der Universitäten durch das Schreiben von zahlreichen Gutachten und Berichten. Die Berichtspflicht nehme immer mehr zu und habe inzwischen einen "forschungsverhindernden" Charakter, so Professor Hartmut Schiedermair, Präsident des Deutschen Hochschulverbandes (Bonn). Durch die Einführung eines so genannten Qualitätsmanagements im Hochschulbereich sei eine Vielzahl von zusätzlichen Gutachterpflichten durch Evaluationen und Akkreditierungen hinzugekommen. Die Hochschullehrer seien ganz überwiegend der Auffassung, dass der damit verbundene Aufwand nicht mehr in einem ökonomischen Verhältnis zu den Ergebnissen stehe. Nicht ermunternd sei dabei die Vermutung, "dass die Berichte meist im Papierkorb landen", kritisierte Schiedermair. Daher sei eine Kosten-Nutzen-Analyse für diese Arbeitslast dringend notwendig.
Junior-Professor Philipp Ther von der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt an der Oder kritisierte die ausufernde Gremienarbeit an den Hochschulen. Sie koste viel Zeit. Dabei müsse man "irgendwelche Kürzungen abnicken". Dies sei unerquicklich.
Auch die Besoldung des Lehrpersonals und befristete Arbeitsverhältnisse standen auf der Tagesordnung der Beratung. Dabei waren sich die Experten überwiegend einig, dass in beiden Bereichen mehr Flexibilität erforderlich ist. Vor allem bei der Anwerbung von Spitzenkräften müsse eine größere Differenzierung bei der Vergütung möglich sein, so Hartmut Krebs, Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft und Forschung Nordrhein-Westfalen.
Es fehle an Mobilitätsbereitschaft, beklagte Eberhardt. Wissenschaftler sollten verschiedene Institutionen kennen lernen. Mobilitätszulagen könnten diese Flexibilität erleichtern.
Befristete Arbeitsverhältnisse
Professor Dagmar Schipanski, Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst in Thüringen, plädierte für möglichst viele befristete Arbeitsverhältnisse, die sich an den Bedürfnissen der Hochschulen und der Lehre orientieren sollten. So müsse es möglich sein, in Zeiten von Studentenboom in einem Fach mehr Arbeitskräfte einzustellen, die aber eine Mindestbefris-tung für den Abschluss ihrer Doktorarbeiten erhalten sollten. Für die Befristung sprach sich auch Schiedermair aus. Dagegen plädierte Barbara von Wnuk-Lipinski, Bundesvorsitzende vom Ring Christlich-Demokratischer Studenten. Eine Befristungsdauer auf zwölf Jahre bei befristeten Arbeitsverträgen sei "der größte Schwachsinn", gehe an der Realität vorbei und sei die Ursache für eine große Unruhe unter den Mitarbeitern. Diese Regelung solle unbedingt gekippt werden, so von Wnuk-Lipinski. "Der Hochschule sollte es überlassen bleiben, wen sie wie lange, in welchem Lebensalter und zu welchem Zweck anstellt."
Nach Meinung der Sachverständigen müssen Hochschullehrer nicht unbedingt Beamte sein. Für den Beamtenstatus spreche zwar die Unabhängigkeit der Wissenschaftler, doch eine Alternative dazu sei das Angestelltenverhältnis, meinte Professor Ulrich Preis, Direktor des Forschungsinstituts für Deutsches und Europäisches Sozialrecht (Köln). Dies garantiere die gleiche Unabhängigkeit. Bei Spitzenforschern sei es besonders deutlich: Sie müssten keine Beamte sein. Sie könnten vielmehr als Selbstständige arbeiten. "Aber die sind teuer", so Preis.
Als problematisch sahen die Sachverständigen auch den Abwanderungsprozess junger Wissenschaftler vor allem in die USA, aber auch in den außeruniversitären Bereich an. Deutsche Hochschulen bildeten zwar ausgezeichnet aus, so Professor Peter Gaehtgens, Präsident der Hochschulrektorenkonferenz (Bonn). Das Problem sei aber: "Wir halten sie nicht im Lande." Um dagegen zu steuern bedürfe es eines Quentchens Patriotismus und zukünftsfähiger Positionen für den wissenschaftlichen Nachwuchs in Deutschland.
Das Spannungsverhältnis zwischen der universitären und außeruniversitären Forschung thematisierte Einhäupl. Es sollte gut möglich sein, qualifizierte Wissenschaftler aus außeruniversitärem Bereich zu berufen. Doch gebe es hier Berührungsängste. Es bedürfe eines "Kulturwandels", um dies zu ändern. Daher müsste die Barriere zwischen diesen Einrichtungsarten überwunden werden, um etwa gemeinsame Berufungen zu ermöglichen. Die Politik sollte die Voraussetzungen dafür schaffen, damit in diesem Bereich eine Balance hergestellt wird. Ein Weg dahin führe über die Finanzierung. Dabei schneiden die Universitäten schlechter ab als außeruniversitäre Einrichtungen und seien daher für Nachwuchskräfte nicht so attraktiv. Forschung und Lehre seien eine Einheit und müssten besser vernetzt werden. Sonst "lehren wir, was gestern gültig war", warnte Einhäupl.
Der Ausschuss diskutierte darüber hinaus über die Auswahl von Studienbewerbern, die Situation des wissenschaftlichen Nachwuchses, den Wissenschaftsvertrag und das Hochschulrahmengesetz. Auch die Arbeitsbedingungen für ausländische Hochschullehrer und Wissenschaftler, die Bewertung der neu eingeführten Juniorprofessuren, Gleichstellungsfragen und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie im Hochschulbereich wurden beraten. bes