Der Unionsabgeordnete Peter Paziorek ist groß und schlank, ein sportlicher Typ. Als Basketballer hat er es in Gelsenkirchen-Buer bis in die Bundesliga geschafft. Er trägt eine filigrane Brille. Sein Blick ist offen, sein Umgangston locker, ohne dass dies aufgesetzt wirkt. Dazu passt auch sein Selbstverständnis: "Ich glaube, für die Arbeit als Abgeordneter ist es grundsätzlich sehr wichtig, dass man ein großes Interesse an anderen Menschen und am Einsatz für andere Menschen hat. Das schließt auch ein, dass man niemals die Aufmerksamkeit für andere verliert. Wer nur an sein eigenes Fortkommen denkt, wird auf Dauer sowohl in seiner Partei als auch im Wahlkreis scheitern. Das klingt vielleicht antiquiert, ist aber meine Meinung", sagt er im Gespräch mit "Das Parlament". Der gelernte Jurist, der den Wahlkreis Warendorf vertritt, ist anerkannter Experte für Umweltpolitik. Das ist ein Schwerpunkt der Arbeit des Westfalen, der seit seinem Einzug in den Deutschen Bundestag 1990 im Umweltausschuss arbeitet. Dieser Interessenschwerpunkt geht zurück auf seine Zeit als Stadtdirektor in Beckum. Das Atomkraftwerk Hamm-Uentrop oder die Abfallverbrennung in der Zement-industrie standen hier auf seiner politischen Tagesordnung.
Er ist Obmann der Arbeitsgruppe Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, umweltpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und als Vorsitzender des Bundesfachausschusses Umwelt der CDU entwickelt er mit anderen ein umweltpolitisches Konzept. "Die Union muss ihr umweltpolitisches Profil weiter schärfen", unterstreicht er. "Die Bedeutung umweltpolitischer Themen in der Bevölkerung ist immer noch sehr hoch. Deshalb ist es für das Gesamtbild einer Partei wichtig, dass sie auch Antworten auf Umweltthemen geben kann. Gerade in der Umweltpolitik gilt es, längerfristig zu denken. Ohne ein umweltpolitisches Konzept kann eine Partei Regierungshandeln nicht sinnvoll gestalten." Unüberhörbar arbeitet er daran, dass seine Partei in Zukunft in der der Umweltpolitik mehr zu bieten hat.
Auch jüngst auf der Bonner Konferenz zu den Erneuerbaren Energien wagte Paziorek gemeinsam mit anderen deutschen und ausländischen Abgeordneten auf der Parlamentarierversammlung, die er als Vizepräsident leitete, den Blick voraus. Sein Resümee klingt verhalten optimistisch: "Die Konferenz hat mit Sicherheit wichtige Impulse für den weltweiten Ausbau der Erneuerbaren Energien gesetzt und insbesondere dazu beigetragen, die Chancen der Erneuerbaren Energien einer breiten Öffentlichkeit vorzustellen. Ich halte es jedoch für überzogen, wenn davon gesprochen wird, dass durch die Konferenz eine weltweite Energiewende eingeleitet wurde." Mit dem Aktionsplan habe sich die Konferenz wichtige Projekte für die Erneuerbaren Energien vorgenommen.
Um einen weltweiten Einsatz Erneuerbarer Energien auszugestalten, hält auch Paziorek eine Internationale Agentur für Erneuerbare Energien für nötig. Diese könnte wichtige Impulse und Ideen geben und als weltweites Netzwerk dienen. Die unterschiedlichen Aktivitäten der Staaten, aber auch von privaten Unternehmen, könnten mit dieser Einrichtung besser koordiniert werden. Er hält es - und da unterscheidet er sich von so mancher Meinung in der Union - für sinnvoll und notwendig, den weltweiten Anteil der Erneuerbaren Energien zu erhöhen. Insbesondere für Entwicklungsländer liege hier eine große Chance, Energieversorgung für alle zu ermöglichen.
Immer wieder weist Paziorek allerdings darauf hin, dass bei einem verstärkten Einsatz der Erneuerbaren Energien darauf zu achten sei, dass der Einsatz verschiedener Energieträger in den einzenen Ländern praktikabel und finanziell verantwortbar sein muss. Das sei nicht als Zögern zu verstehen, sondern lediglich als Hinweis darauf, dass beim Ausbau regionale und natürliche Gegebenheiten zu berücksichtigen seien. So sei beispielsweise der Bau von Windenergieanlagen nur an Standorten mit günstigen Windverhältnissen ökologisch und ökonomisch sinnvoll. Es sollten die Energieträger eingesetzt werden, die an den Standorten jeweils ihre Stärken entfalten könnten.
Die Spezialisierung auf die Umweltpolitik stand für Paziorek frühzeitig fest. Ihm war immer klar, das er die "große Politik" nur begrenzt und punktuell in Teilbereichen mitbestimmen kann. Im Bundestag ist seiner Auffassung nach nun mal Expertenwissen gefragt. Summa summarum haben sich hier durchaus einige Erwartungen erfüllt, resümiert er, so bis zum Jahr 1998 insbesondere bei der Einflussnahme auf die Ausgestaltung umweltgesetzlicher Vorlagen. Als Oppositionspolitiker sind die Chancen politischer Einflussnahme naturgemäß geringer.
Ist es denn im 15. Jahr überhaupt noch spannend, MdB zu sein? Bejahung ohne Einschränkung. Zwar stehe das "Expertenleben" auf der einen Seite, doch gleichzeitig sei er eben auch Interessenvertreter, Sprachrohr, auch "Anwalt" für die Menschen in seinem Wahlkreis. Das fange bei der einzelnen Sorge eines Landwirts an und höre bei der Anhörung einer Bürgerinitiative oder eines Vereins auf.
Zum anderen aber beeindruckt Paziorek auch die Beteiligung an Entscheidungen, die nicht nur den Einzelnen angehen, sondern nationale oder internationale Reichweite haben. "Die Vielschichtigkeit macht die Arbeit nie langweilig. Wichtig ist für mich nur, dass ich beiden Ebenen, der kommunalen wie auch der bundespolitischen Ebene in meinem Kopf stets den gleichen Stellenwert einräume und weder das eine noch das andere aus den Augen verliere."
In der Arbeit im Bundestag und im Wahlkreis sieht er die große Herausforderung. Erfolgreich sei nur, wer effizient und strukturiert arbeite und mit der hohen zeitlichen Beanspruchung klarkomme. Durchsetzungskraft, der "nötige Kämpferwille" und Teamfähigkeit seien weitere vorteilhafte Politiker-Eigenschaften. Nach 14 Jahren Bundespolitik gehören für ihn aber auch ein hoher Anspruch auf Verlässlichkeit und Werteorientierung hinzu, denn nur so könne man im Wahlkreis Vertrauen schaffen und bestehen. Auch wenn er im Wahlkreis ständig in der Öffentlichkeit steht, schafft er es, die Radtour oder den Besuch des örtlichen Fußballvereins ganz privat zu erleben. Anbiederung, so Pazioreks Erfahrung, mögen die Menschen gerade in einem westfälischen Wahlkreis nicht. "Sie schätzen aber sehr wohl die ehrliche Identifizierung und Verwurzelung mit der Heimatregion." Als gebürtiger Gelsenkirchener kann es bei ihm keine andere Leidenschaft als den Fußball geben. "Schalke-Spiele werden in meinem Terminkalender wie politische Veranstaltungen blockiert", sagt er. Meist bleibt Zeit für einen Abstecher mit seinem Vater und seinen Kindern ,auf Schalke'.