Das zeigte sich bei der endgültigen Beratung und Verabschiedung des Doppelhaushaltes für die Jahre 2006 und 2007: Ohne Zinszahlungen und geplante Verkäufe von Landeseigentum sieht der Haushalt für das Jahr 2007 erstmals seit 1990 wieder einen Überschuss vor. Und zwar in Höhe von 17 Millionen Euro. Tendenz steigend, meint Sarrazin, der die Überschüsse zur Tilgung der Schulden verwenden will. Allerdings rechnet Berlin nach wie vor mit einem Erfolg seiner Klage beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, über die wahrscheinlich im kommenden Jahr entschieden wird.
Danach soll das höchste deutsche Gericht den Bund dazu verurteilen, einen Teil der Berliner Schuldenlast zu übernehmen. In Höhe von rund 35 Milliarden Euro. Dann könnte Berlin die Zinsen für seine restlichen Schulden (die bis 2008 auf insgesamt 66 Milliarden Euro klettern werden) aus den zu erwirtschaftenden Überschüssen finanzieren. Gleichzeitig wäre ein solches für Berlin positives Urteil eine gute Wahlhilfe für den rot-roten Senat, wenngleich die Klage auch von den Oppositionsparteien gutgeheißen wird.
Noch aber muss der Senat die vollen Zinszahlungen für die Jahre 2006 und 2007 in den Haushalt einstellen - im kommenden Jahr 2,4 Milliarden Euro, was mehr als zehn Prozent des Gesamthaushaltes von 20,2 Milliarden Euro entspricht. Im Jahr 2007 sind mit einem Haushaltsvolumen von 20,1 Milliarden Euro 2,5 Milliarden Euro Zinsen fällig. Diese Zinszahlungen rauben dem Senat fast jeden Spielraum.
2007 könnte für Berlin ein gutes Jahr werden. Dann erhofft sich der Senat allein aus der Erhöhung der Mehrwertsteuer, die zum 1. Januar 2007 in Kraft treten soll, Mehreinnahmen von 360 Millionen Euro. Auch muss das Land bis 2007 aufgrund von EU-Vorschriften seine Bankgesellschaft verkaufen. Diese war zu Beginn des neuen Jahrhunderts wegen nicht abgesicherter Kredite ins Schleudern geraten und hatte zum Bruch der großen Koalition in Berlin unter dem Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen geführt. Vor dem Berliner Landgericht laufen noch einige Prozesse gegen führende Mitarbeiter.
Doch für den Finanzsenator ist etwas anderes interessant: Die Bankgesellschaft - von der beispielsweise die profitable Weberbank bereits verkauft worden ist - gilt als saniert und wird bei einem Verkauf nach Bankenschätzungen zwei Milliarden Euro erbringen. Sarrazin erhofft sich freilich drei Milliarden Euro. Offen ist, ob von diesem Geld dann nicht noch vorhandene Immobilienrisiken abgesichert werden müssen. Die EU hatte der Rettung der Bankgesellschaft durch den Berliner Senat nur unter der Bedingung zugestimmt, dass sie bis spätestens 2007 verkauft wird. Ein Konkurs wäre für das Land Berlin freilich noch teurer geworden.
Bis zum Jahr 2009 will Berlin die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landes von derzeit 117.000 auf 104.000 reduzieren. Das ist auch im Vergleich zu den anderen Bundesländern dringend erforderlich. Lediglich Polizei, Justiz und Feuerwehr dürfen 2006 insgesamt rund 1.500 Stellen neu besetzen. Hingegen wird es keine Einstellung neuer Lehrer geben, da im laufenden Jahr aufgrund falscher Berechnungen der Bildungsbehörde 300 Lehrer zuviel eingestellt worden sind. Gesenkt wird auch in den kommenden Jahren die Zahl der Referendare an Schulen von 1.900 auf 1.500, was dem Land Einsparungen von rund zwölf Millionen Euro bringt.
Einnahmen reichen nicht aus
Für 2006 rechnet Finanzsenator Sarrazin mit Einnahmen von 17,1 Milliarden Euro, die sich aus Bundeszuschüssen, dem Länderfinanzausgleich, Verkäufen von Landeseigentum, Steuern und Gebühren zusammensetzen. Allerdings reichen diese Einnahmen nicht aus, um die Ausgaben von 20,2 Milliarden Euro zu finanzieren. Deshalb müssen in diesem Jahr 3,1 Milliarden Euro neue Schulden gemacht werden. Für 2007 ist eine Neuverschuldung von 0,7 Milliarden Euro weniger eingeplant - obwohl das Haushaltsvolumen 2007 lediglich 100.000 Euro niedriger ist als das für das Jahr 2006. Aber es steigen ja auch 2007 die Einnahmen. Etwa aus der Mehrwertsteuer.
Fast kein Ressort wird bei den weiter geltenden strengen Sparvorschriften ausgespart. Selbst die Polizei nicht, die wegen der Fußballweltmeisterschaft zusätzlich gefordert ist. Sie muss noch einmal 6,5 Millionen Euro einsparen. Die Wohlfahrtsverbände erhalten 2006 für Gesundheitsprojekte nur noch elf Millionen Euro, 600.000 Euro weniger als bislang. 2007 werden es noch einmal 200.000 Euro weniger sein. Immerhin gibt es für Integrationsmaßnahmen rund eine halbe Milliarde Euro mehr.
Grünes Licht gibt es auch für den Neubau einer Justizvollzugsanstalt im brandenburgischen Großbeeren, um die Überbelegung der Berliner Gefängnisse abzubauen. Die neue Haftanstalt für Männer, die 2010 fertig sein soll, ist auf 87 Millionen Euro veranschlagt. Entlastung gibt es für Berlin in der Kultur, da sich der Bund bereit erklärt hat, die Kosten für die Akademie der Künste künftig aus seinem Etat zu übernehmen.
Schlecht sieht es auf Berlins Straßen aus, die sich zum Teil in einem äußerst desolaten Zustand befinden. Bis einschließlich 2007 sinken die Ausgaben für den Straßenbau von jetzt 35 auf 26 Millionen Euro. Und wie sieht es mit den Risiken des Doppelhaushaltes aus? Es fehlen Gelder für die geplante Sanierung des Internationalen Kongresszentrums (ICC) und der Staatsoper sowie des Steglitzer Kreisels. Dazu kommen risikobehaftete Ausgaben für die Eigenbetriebe des Landes, aber auch bislang nicht genau bezifferbare Ausgaben für Arbeitslose. Auch ist offen, was geschieht, wenn sich die streikenden Ärzte der Charité, dem größten Universitätsklinikum Europas, mit ihren Forderungen nach höheren Gehältern durchsetzen.
Der rot-rote Senat ist überzeugt, dass Berlin nicht noch mehr sparen kann. Die Opposition gesteht der Landesregierung zwar zu, es mit dem Sparen ernst zu meinen, möchte allerdings andere Akzente setzen. Nicht wenige Landespolitiker sind der Meinung, dass noch nicht genug gespart wird, dass von dem von Wowereit 2001 angekündigten "Sparen bis es quietscht" noch nicht viel zu spüren sei.