Anhörung zur Neuregelung der Luftsicherheit
Inneres. Unterschiedlicher Auffassung waren Experten hinsichtlich der Notwendigkeit einer Grundgesetzänderung im Rahmen der Neuregelung von Luftsicherheitsaufgaben. Dies wurde anlässlich einer öffentlichen Anhörung des Innenausschusses am 26. April deutlich. Zur Diskussion stand ein Gesetzentwurf der Bundesregierung ( 15/2361), mit dem ein wirksamer Schutz des Luftverkehrs gegen Flugzeugentführungen, Sabotageakte und sonstige gefährliche Eingriffe in die Luftsicherheit erreicht werden soll. Ausdrücklich geregelt werde darin auch der Einsatz von Streitkräften in Fällen, bei denen die Polizeibehörden der Länder nicht ausreichend handlungsfähig seien. Dagegen zielt der Gesetzentwurf der CDU/CSU Fraktion ( 15/2649) auf eine Änderung des Grundgesetzes in den Artikeln 35 und 87 ab. Dadurch sollen im Falle einer terroristischen Bedrohung die Rechtsgrundlagen für einen Streitkräfteeinsatz zum Schutz ziviler Objekte geschaffen werden.
Nach Professor Manfred Baldus von der Universität Erfurt ist der Regierungsentwurf durch das Grundgesetz abgedeckt. Der Bund besitze die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz für den Erlass von Regelungen zur Gefahrenabwehr im Luftraum. Die verfassungsmäßig garantierte Polizeigewalt der Länder werde dadurch nicht verletzt. Artikel 35 des Grundgesetzes decke auch die vorausschauende Abwehr von Gefahren und räume damit auch im Extremfall den Abschuss eines als Tatwaffe genutzten Flugzeuges ein.
Professor Rupert Scholz von der Universität München sprach sich für eine Grundgesetzänderung, wie beispielsweise in dem Unionsentwurf vorgesehen, aus. Damit würde der Einsatz der Streitkräfte auf eine sichere und konstitutive Verfassungsgrundlage gestellt. Wichtig sei auch die vorgesehene Einsatzmöglichkeit der Streitkräfte beim Schutz ziviler Objekte.
Für die Deutsche Lufthansa begrüßte Horst Bittlinger die geplante Optimierung der Luftsicherheit. Maßnahmen, die den Luftverkehrsunternehmen in diesem Zusammenhang auferlegt würden und der öffentlichen Gefahrenabwehr dienten, müssten deshalb von der öffentlichen Hand getragen werden, sagte Bittlinger.
Nach Meinung von Professor Volker Epping von der Universität Hannover schließen die Regelungen von Artikel 35 und 87 des Grundgesetzes die Prävention bei der Gefahrenabwehr ein. Es bestehe daher kein Grund für eine Grundgesetzänderung, da es auch an der Verwaltungskompetenz des Bundes in dieser Frage keine Zweifel gebe. Dem widersprach Professor Michael Ronellenfitsch von der Universität Tübingen. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sei konzeptionell verfehlt, sei dem verfolgten Anliegen nicht dienlich und stoße auf erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken, kritisierte Ronnellenfitsch. Die für einen eventuellen Abschuss eines Flugzeuges benötigte Erweiterung des Verteidigungsauftrages sei durch das Grundgesetz nicht gedeckt.
Auch Professor Jörn Ipsen von der Universität Osnabrück forderte eine Grundgesetzänderung. Einfache gesetzliche Regelungen reichten bei einer terroristischen Luftbedrohung nicht mehr aus. Das im Grundgesetz vorgesehene Mittel der Amtshilfe sei nicht geeignet, einen Einsatz der Streitkräfte zu rechtfertigen. Generalleutnant Heinz Marzi, Stellvertreter des Inspekteurs der Luftwaffe, betonte die Bedeutung klarer gesetzlicher Regelungen für die Bundeswehr. Nur die Luftwaffe habe Jagdflugzeuge in permanenter Bereitschaft und könne bei klaren politischen Vorgaben den Schutz vor terroristischen Luftangriffen leisten. hau