SPD und Grüne kritisieren Pläne als nicht finanzierbar und sozial ungerecht
Die Vorstellungen der Unionsparteien für eine Reform des Steuerrechts stoßen bei der rot-grünen Koalition auf scharfe Ablehnung. In der Bundestagsdebatte am 29. April über das "Konzept 21" von CDU/CSU warf der SPD-Finanzexperte Joachim Poß der Union vor, "abenteuerliche" Pläne zu verfolgen. Friedrich Merz, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Union, warb dagegen ebenso wie Bayerns Finanzminister Kurt Falthauser (CSU) nachdrücklich für das Unions-Modell, das eine tief greifende Reform des deutschen Steuersystems vorsieht.
Merz forderte zu Beginn der Debatte eine grundlegende Vereinfachung der Einkommenssteuer, da diese "nicht mehr aus sich selbst heraus verständlich" sei. Zu einer solchen Vereinfachung gehöre auch, dass "Ruhe und Beständigkeit" in die Gesetzgebung zurückkehren, sagte Merz. Nur durch Planungssicherheit könnten Investitionsanreize und somit die Voraussetzungen für eine "Rückkehr zu Wachstum und Beschäftigung in Deutschland" geschaffen werden. Zugleich müssten die Steuern weiter gesenkt und die Bemessungsgrundlage erweitert werden. Nach wie vor gebe es in der Bundesrepublik "viel zu hohe Steuersätze". Trotz der Bemühungen der rot-grünen Koalition in den vergangenen Jahren sei Deutschland immer noch ein "Hochsteuerland", in dem die Unternehmenssteuern "mit die höchsten" seien, sagte Merz.
Das Konzept der Union sieht als Sofortmaßnahme vor, den Eingangssteuersatz auf zwölf Prozent und den Spitzensteuersatz auf 36 Prozent zu senken. Gleichzeitig sollen Steuervergünstigungen vermindert oder aufgehoben werden. Insgesamt sollen die Steuerzahler damit um 10,5 Milliarden Euro entlastet werden.
Die SPD kritisierte das Modell als nicht finanzierbar und sozial ungerecht. Die Parlamentarische Staatssekretärin beim Finanzminister Barbara Hendricks (SPD) betonte in der Debatte, dass die Pläne zu "enormen" Steuerausfällen führen würden, was den öffentlichen Haushalten derzeit nicht zugemutet werden könnte. Außerdem würden dabei Spitzenverdiener überproportional entlastet, während "die kleinen Leute die Zeche" zahlen müssten.
Auch SPD-Fraktionsvize Joachim Poß warf der Union eine ungerechte und unseriöse Steuerpolitik vor. Mit ihren Plänen verabschiede sich die CDU/CSU von dem Konsens, die Menschen nach ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu besteuern. Im Hinblick auf die EU-Osterweiterung betonte Poß, ein Steuerwettlauf, der sich am Niveau der baltischen Länder orientiere, sei der "falsche Weg". Deutschland sei kein Hochsteuerland, sondern habe im Jahr 2002 mit 21,7 Prozent die niedrigste volkswirtschaftliche Steuerquote der EU gehabt. "Wir brauchen eine auskömmliche Steuerquote, um Leistungen finanzieren zu können", sagte er. Ähnlich argumentierte auch die Vorsitzende des Finanzausschusses, Christine Scheel (Bündnis 90/Die Grünen). Sie plädierte im Zusammenhang mit der EU-Erweiterung für einheitliche Mindeststeuersätze in allen Ländern.
Bayerns Finanzminister Kurt Falthauser verwies darauf, dass die Union im Gegensatz zur Bundesregierung ein Konzept für eine grundsätzliche Steuerreform vorgelegt habe. Er betonte im Hinblick auf die Steuersenkungen die Notwendigkeit einer stärkeren Eigenvorsorge der Bevölkerung in den Sozialsystemen. Für deren Finanzierung bräuchten die Bürger mehr finanzielle Spielräume.
Der FDP-Finanzexperte Carl-Ludwig Thiele begrüßte, dass nach seiner Fraktion auch die Union die Notwendigkeit erkannt habe, das Steuersystem zu vereinfachen und die Steuersätze zu senken. Kritik übte er jedoch an der schrittweisen Einführung dieser Pläne. Er forderte eine "Gesamtreform" - "am besten noch heute". Claudia Heine
Debattendokumentation auf den Seiten 21-23