Junge Konservative in Deutschland und Österreich kämpfen für die Monarchie
Eines betont Knut Wissenbach: "Wir wollen kein Gedächtnisverein sein." Der 38-jährige Bundesvorsitzende der 300 Mitglieder starken Vereinigung "Tradition und Leben" sagt über deren Zielsetzung: "Wir treten politisch für die Einführung der parlamentarischen Monarchie in Deutschland ein." Auch der Architekturstudent Fabian Hegholz unterstreicht diesen Anspruch. Früher, erläutert der 24-jährige Verantwortliche für den Raum Berlin, sei es bei der in den 50er-Jahren gegründeten Organisation vor allem um Traditionspflege gegangen. Heute, "das ist ein Generationsumbruch", stehe das politische Engagement für eine andere Staatsform im Vordergrund.
Die Mitgliederzahl des Vereins, dessen Zeitschrift "Erbe und Auftrag" rund 500 Abonnenten hat, wirkt nicht gerade berauschend. Man will auch den Eindruck der Überheblichkeit vermeiden. Hegholz: "Wir müssen politisch erst einmal wahrgenommen werden." Optimismus schöpft der Student aus dem Umstand, dass sich als neue Mitglieder ganz überwiegend junge Leute zwischen 17 und 40 Jahren melden - aufmerksam geworden durch die Internet-Homepage im Zeichen der Krone.
Eine Partei will "Tradition und Leben" nicht werden. "Wir mischen uns nicht in die Tagespolitik ein", sagt Hegholz. Da ist man in Österreich deutlicher, wo erste Schritte zur Gründung einer promonarchistischen Partei "Schwarz-Gelbe Allianz" bereits gemacht wurden. Treibende Kraft in Wien ist das seit 1993 existierende "Schwarz-Gelbe Forum" mit 400 Mitgliedern. Der Vorsitzende Alexander Simec räumt ein, dass diese Bewegung "noch keine politisch ernstzunehmende Stärke hat". Aber optimistisch bewertet der 37 Jahre junge Aktivist durchaus ein Stimmenpotential für eine Partei, die Österreich in eine parlamentarische Monarchie umwandeln will: "Laut Umfragen können sich 30 Prozent der Österreicher prinzipiell eine solche Staatsform vorstellen, da müsste doch auch für uns was drin sein." Vor allem der ÖVP könne man Wähler abspenstig machen, "unter deren Anhängern sind viele Traditionalisten".
Die Monarchie als politischer Faktor: Im Fürstentum Liechtenstein mit knapp 35.000 Einwohnern herrschen Fürst Hans Adam II., das Staatsoberhaupt, und Erbprinz Alois, sein fürs politische Tagesgeschäft zuständiger Sohn, als Monarchen mit einer Machtfülle von absolutistischem Charakter: Beide können mit einem Veto parlamentarisch beschlossene Gesetze ohne Probleme außer Kraft setzen, können Minister entlassen, haben auch die Berufung der Verfassungsrichter im Griff. In diesem Staat muss niemand für die Monarchie kämpfen: "Das ganze Land ist eine Art Pro-Monarchie-Verein", meint Sigvard Wohlwend, der mit dem "Demokratie-Sekretariat" die politische Gegenbewegung organisiert. Lediglich sechs Mitglieder zählt diese Gruppierung, aber sie schaffte es, bei einem auch international umstrittenen Referendum im vergangenen Jahr rund ein Viertel der Liechtensteiner auf ihre Seite zu ziehen: Der Protest des "Demokratie-Sekretariats" richtete sich gegen die zur Abstimmung stehende massive Ausweitung der politischen Vollmachten des Fürsten. Wohlwend: "Wir wollten das bisschen Demokratie, das wir haben, retten." Aus Liechtenstein eine Republik zu machen, davon hält das "Demokratie-Sekretariat" nichts: "Unser Ziel ist die politische Entmachtung des Fürsten, der Monarch soll ähnliche Funktionen wie etwa in Holland oder Großbritannien haben", erläutert Wohlwend.
In Deutschland, wo jahrzehntelang nicht viel mehr als erinnerungsselige Traditionspflege stattfand, war die Monarchie bislang kein ernsthaft politisches Thema. Aber in vielen Ländern ohne Hoheit sind Gruppen aktiv, die eine Monarchie anstreben, etwa in Australien und Kanada jeweils eine "Monarchist League", in Brasilien "Pro Monarchie Brasilia", in Frankreich die "Nouvelle Action Royaliste". In Holland wiederum mobilisieren zwei Republikanische Gesellschaften gegen das Herrscherhaus, und eine "Moderne Republikanische Partei" will endlich einen Staatspräsidenten wählen lassen.
In der Bundesrepublik schwebt "Tradition und Leben" eine parlamentarisch-monarchische Staatsform nach dem Muster von Holland oder Spanien vor. Knut Wissenbach sagt: "Zurück ins 19. Jahrhundert wollen wir nicht." Fabian Hegholz spricht von der "Magie der Staatsform", die der Monarchie innewohne. Geht es vielleicht einfach um ein Oberhaupt mit Glanz und Gloria, das mehr hermacht als ein banaler Präsident? Dieser Eindruck täuscht.
"Wir haben ein konservatives Weltbild", sagt Fabian Hegholz. Er findet es "tragisch, wie es 1918 mit der Monarchie zu Ende ging, danach kam nichts Gutes mehr in Deutschland". "Über den Parteien" soll ein Kaiser stehen. Einen solchen Erbmonarchen nämlich will "Tradition und Leben" hoch oben sehen, Symbol des Vereins ist die Krone des Kaiserreichs von 1871. Die Bundespräsidenten seien doch alle dem Parteienstreit verhaftet, kämen durch Parteikarrieren ins Amt. Wissenbach: "Ein Monarch ist eine bessere Integrationsfigur, heute fehlt ein wirkliches Identitätssymbol."
Aber es dreht sich nicht allein um die Figur an der Staatsspitze: Preußische Tugenden wie Pflichterfüllung und Familienwerte müssen in den Mittelpunkt der Gesellschaft gestellt werden, fordert Hegholz. Die Gesellschaft drifte auseinander, überall sieht er Familien "auseinanderbrechen". Hegholz ist offenkundig ein strikter Gegner der "68er": "Wir brauchen eine Gemeinschaft, wir brauchen Werte, und das muss durch Autorität vertreten werden": Der Kaiser soll nicht nur repräsentieren, sondern etwa auch ein gewisses Vetorecht gegenüber parlamentarischen Gesetzen haben. In Wien richtet man den Blick bereits über die Landesgrenzen: Unter die Fittiche des neuen Kaisers aus dem Hause Habsburg sollen sich alle heutigen Staaten aus dem Bereich der alten Donaumonarchie begeben können. Simec: "Wir wollen in der EU einen mitteleuropäischen Block bilden."
Mit konkreten innenpolitischen Widrigkeiten der Monarchie sieht sich derweil in Liechtenstein das "Demokratie-Sekretariat" konfrontiert, dessen prominentestes Mitglied der frühere Regierungschef Mario Frick ist. Beim Kampf um das Referendum 2003 zogen sich die Gegner Hans Adams offenbar den Hass von Fürsten-Fans zu. Sigvard Wohlwend: "Das war ziemlich heftig." Anonyme Briefe mit Beschimpfungen gingen ein, faule Blumensträuße wurden zugesandt, einmal lag in einem Briefkasten eine tote Katze. Frick fand vor seiner Haustür die Schnauze und das Ringelschwänzchen eines Schweins: "Klappe halten" bedeutet diese Botschaft nach einheimischer Tradition.
"Tradition und Leben" und das "Schwarz-Gelbe Forum" erklären, dass sie die Wiedereinführung der Monarchie auf demokratischem Wege anstreben. Das dürfte nicht einfach werden. Als einen hartnäckigen Gegner ortet Simec in Wien "die republikanische Presse, die uns totschweigt".
Karl-Otto Sattler arbeitet als freier Journalist in Berlin.