Luis Figo: Der Fußballstar
Dass die vergangene Fußball-EM überdurchschnittlich viele weibliche Zuschauer hatte, wird unter anderen auch ihm zugeschrieben: Regelmäßig wird er zum "Fußballer mit dem meisten Sexappeal" gekürt. Und das, obwohl er förmlich als Gegenpol zu Popstars wie David Beckham gelten kann mit seiner Schweigsamkeit, seiner Gläubigkeit und den nachdenklich blickenden Augen. Auch sein Privatleben taugt nicht für Glamour, kein extravaganter Lebensstil, keine Affären, keine wilden Parties. Er führt ein zurückgezogenes Leben, ist mit einem schwedischen Model verheiratet, hat zwei Töchter. Einziges Laster scheint seine Vorliebe für gute Kleidung zu sein. Auf dem Spielfeld überzeugen sein markantes, männliches Gesicht und sein durchtrainierter Körper - auch jenseits von fußballerischem Können. Wahrscheinlich macht genau das Luis Figo zu einem perfekten portugiesischen Nationalheld - und zum Liebling der Frauen.
Die Karriere von Luis Figo führte stets steil nach oben - geradewegs heraus aus Lissabons Armenviertel Almada, wo Figo 1972 zur Welt kam. Mit elf Jahren reichte der Straßenfußball in seinem Team "Os Pastilhas" nicht mehr aus. Also ging es auf die andere Seite des Flusses, zu Sporting Lissabon. Schon damals hielt ihn sein Trainer und Mentor Carlos Queiroz für den mit Abstand besten Spieler in der Mannschaft. 1991 wurde die "goldene Generation" des portugiesischen Fußballs geboren: Luis Figo gewann mit dem U-20-Team die Fußball-WM der Junioren - ein Titel, der dieser Spieler-Generation um Figo, Rui Costa und Pinto eine Aura verlieh, die sie trotz manchmal mittelmäßiger spielerischer Leistung bis zum Finale der Euro 2004 trug.
Oft wurde der Abstieg dieser "goldenen Generation" herbeigeredet; wann genau er auch für Figo begann, lässt sich nicht festmachen. Zunächst einmal trug ihn die Welle des Erfolgs zu den bedeutendsten Fußball-Clubs Europas - und damit außer Landes und ausgerechnet nach Spanien: 1995 wechselte Figo nach Barcelona; kurz nach der EM in Belgien und den Niederlanden, wo er einer der besten Spieler des Turniers war, holte ihn Real Madrid - für die Rekordsumme von rund 60 Millionen Euro. Dort spielte er mit anderen Superstars wie Zinedine Zidane oder David Beckham. Mit den Königlichen wurde Figo zweimal spanischer Meister, gewann 2002 die Champions League.
Dann kam die Europameisterschaft im eigenen Land - und bescherte den letzten Aufrechten der "goldenen Generation" den nicht akzeptablen Titel des Vize-Europameisters. Nicht akzeptabel, weil der Erfolg dieses Mal so nahe lag, wie seit der Junioren-WM nicht mehr. Nicht akzeptabel, weil die Portugiesen das Finale gegen ein Team verloren, das eine krasse Außenseiterrolle im Turnier einnahm. Nicht akzeptabel, weil Griechenland Europameister im Fußball wurde. Ein Bild, das bezeichnend für den Abstieg Figos wurde, prägte sich bei dieser EM ein: die Auswechslung des Kapitäns der "selecao" im Viertelfinale gegen England. Grimmig blickend, wortlos machte Luis Figo seinen Abgang in die Kabine - und kehrte nicht mehr zurück.
Nun will er nicht mehr: Die portugiesische Nationalmannschaft wird künftig ohne ihren Kapitän auskommen müssen. Und nun will ihn auch Real Madrid nicht mehr: Sein Vertrag, der Ende 2006 ausläuft, wird nicht verlängert. Figo wird aussortiert, ein Wechsel bereits nach der kommenden Saison gilt als wahrscheinlich. Vielleicht auch zurück an den Tejo, zu Sporting Lissabon. Damit Figos Geschichte der Superlative doch noch ein Happy End bekommt.