Parlamentarisches Profil
Er rollt das "R" so auffällig. Schon wenn er sich mit "Reinhold Robbe" vorstellt, weiß jeder, wo er zuhause ist. Der Sozialdemokrat ist ein waschechter Ostfriese, geboren in Bunde. Seine 50 Lenze sieht man ihm nicht an. Das muss wohl an seinem Optimismus liegen, mit dem er durch die Welt geht und der ihm jugendlichen Charme verleiht. Als "dem Leben zugewandt, einigermaßen fit und fröhlich im Herzen", sieht er sich selbst. Reinhold Robbe ist ein hoch aufgeschossener Mann mit seinen 1,95 Metern, ein Mann mit Überblick sozusagen. "Zurückbli- ckend haben sich meine 195 Zentimeter eigentlich ausschließlich positiv ausgewirkt. Einzige Ausnahme bildeten manchmal etwas zu klein geratene Männer, die ihre fehlenden Zentimeter mit aufgeblasener Rhetorik zu kompensieren versuchten. Bei Frauen habe ich das übrigens nie feststellen können."
Wenn er auch nicht selbst gern über seine Stärken spricht, ist ihm doch ein Urteil zu entlocken. Ihm werde nachgesagt, dass er gut auf andere zugehen könne, aufmerksam zuhöre, Menschen zusammenführen könne und nicht nachtragend sei. All das passt zu seinem Leitmotiv, nach dem er sein Handeln ausrichtet: "Im Mittelpunkt steht der Mensch!"
Robbe ist Arbeiterkind aus so genannten kleinen Verhältnissen. Es war 1994 keine Selbstverständlichkeit für ihn, in den Deutschen Bundestag gewählt zu werden. Seit 2002 ist er Vorsitzender des Verteidigungsausschusses, er ist Mitglied im Vorstand der SPD-Bundestagsfraktion, gehört zu den "Seeheimern" innerhalb der Bundestagsfraktion, ein eher pragmatisch denkender Teil innerhalb der SPD, und ist Sprecher der "Küstengang", ein Zusammenschluss von SPD-Abgeordneten der fünf norddeutschen Bundesländer. Außerhalb des Parlaments engagiert er sich unter anderem bei der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Berlin. Mit Bundespräsident Horst Köhler bereiste er gerade Israel, zu einem Zeitpunkt also, wo aus dieser krisenhaften Region vermehrt positivere Nachrichten kommen. "Ich bin in der Tat nach den jüngsten Ereignissen im Nahen Osten wesentlich optimistischer als noch vor einigen Monaten", sagt Robbe. "Jetzt wird es darum gehen, die Bedingungen für einen wirklichen Frieden im Nahen Osten zu erarbeiten. Hierfür müssen sich beide Seiten bewegen. Die Verantwortlichen in Jerusalem und Ramallah scheinen es diesmal wirklich ernst zu meinen." Wenn die unmittelbar Beteiligten die schwierigen Probleme gelöst haben, sieht Robbe auch die Chance für Deutschland mitzuhelfen, den Frieden langfristig zu garantieren. "Auf der Grundlage eines UN-Mandates könnten Blauhelm-Soldaten zur Grenzsicherung herangezogen werden. Hier könnte Deutschland durchaus eine wichtige Rolle spielen. Die Bundesregierung hat für einen derartigen Fall bereits vorsichtig Zustimmung signalisiert, ich könnte mir auch vorstellen, dass alle Parteien im Bundestag einer Blauhelm-Mission mit deutscher Beteiligung nicht ablehnend gegenüber stehen."
Dass Politik zu seinem Beruf werden würde, hatte er sich zu Beginn seiner beruflichen Laufbahn nicht träumen lassen. Denn gelernt hat er Verlagskaufmann. "Rückblickend kann ich heute jedoch feststellen, dass ich meine berufliche Erfüllung gefunden habe. Enge Weggefährten von mir behaupten allerdings, sie hätten bereits als Mitschüler geahnt, dass ich einmal in der Politik ,landen' würde." Seine Definition guter Politik ist prägnant: "Gute Politik muss praxisorientiert, gerecht und nachhaltig gestaltet sein. Das Allerwichtigste ist nach meiner festen Überzeugung aber Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit als eigentliche Grundlagen einer guten Politik."
Der Sicherheitspolitiker war selber nie Soldat, leistete Anfang der 70er-Jahre Zivildienst. Nach sieben Jahren im Verteidigungsausschuss sieht er darin keinen Widerspruch oder Nachteil: "Um heute in verantwortlicher Position in der Außen- und Sicherheitspolitik tätig zu sein, muss man keine Uniform getragen haben. Der Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages ist nicht der "Oberbefehlshaber" der Bundeswehr. Die Bundeswehrzugehörigkeit ist nicht Voraussetzung für die Mitarbeit im Ausschuss. Persönlich habe ich es zu keiner Zeit als Nachteil empfunden, ein "Ungedienter" zu sein. Ich denke, es ist mir in den zurückliegenden Jahren meiner Mitgliedschaft im Verteidigungsausschuss gelungen, nicht nur die Bundeswehr intensiv kennen zu lernen, sondern insbesondere die Befindlichkeiten, Anliegen und auch die Sorgen der Soldatinnen und Soldaten zu verstehen und zu einer wesentlichen Grundlage meiner parlamentarischen Arbeit zu machen." Robbe konnte Anfang der 70er-Jahre keinen Dienst bei der Bundeswehr leisten, "weil mir als junger Mensch niemand erklären konnte, weshalb ich im Verteidigungsfall auf meine Verwandten in Thüringen und Sachsen schießen sollte. Seit dem Wegfall des Eisernen Vorhangs haben wir es mit einer vollkommen veränderten Welt zu tun. Wenn ich mich heute als Wehrpflichtiger zu entscheiden hätte, würde meine Entscheidung zugunsten der Bundeswehr ausfallen."
Für die Zukunft der Bundeswehr, die sich im stärksten Umbruch seit 50 Jahren befindet, prognostiziert der SPD-Bundestagsabegordnete: "In zehn Jahren wird der jetzige Reformprozess abgeschlossen sein. Wir werden dann über mehr einsatzfähige Truppen verfügen, was sowohl der Effizienz und Flexibilität der Bundeswehr, als auch dem Schutz der Soldatinnen und Soldaten zu gute kommt. Weiterhin habe ich die große Hoffnung, dass auch in zehn Jahren die Bundeswehr eine Wehrpflichtarmee sein wird. Ich zumindest setze mich aus guten Gründen dafür ein", unterstreicht Robbe.
1995 hat der Norddeutsche mit der christlichen Grundeinstellung für den Einsatz deutscher Soldaten in Bosnien gestimmt. Es war eine der schwersten Entscheidungen seines Lebens, gab er jüngst in der Talksendung "Tacheles" preis. Gegenüber "Das Parlament" legt er dar: "Ich bin evangelischer Christ und habe im Laufe meines politischen Lebens gelernt, wie wichtig in schwierigsten politischen Situationen der Glaube für mich ist. Er bedeutet Orientierung und Hilfe zugleich. Dies habe ich als ganz besonders hilfreich für mich erfahren, wenn es um Entscheidungen über ,Leben und Tod' ging. Ich nenne beispielhaft die Entscheidung über Auslandseinsätze der Bundeswehr oder auch Richtungsentscheidungen mit Blick auf Gentechnik und Sterbehilfe." Ein Ort, um sich zu besinnen und Fragen des menschlichen Dasein zu erörtern, ist für Robbe die Frühstückgebetsrunde. Dort trifft er andere Parlamentarier und Parlamentarierinnen, die "neben ihrer politischen Arbeit auch eine Verantwortung vor Gott und den Menschen erkennen".
Robbes Optimismus, seine positive Grundeinstellung, sind ungebremst, auch in Zeiten, wo der Beruf des Politikers durch bestimmte Vorkommnisse negative Schlagzeilen macht. "Als Parlamentarier habe ich unzählige Möglichkeiten, etwas politisch zu bewegen. Natürlich ist dies zugegebenermaßen wesentlich einfacher und macht auch mehr Spaß, wenn man die Mehrheit im Parlament hat." Doch vor allem erfüllt ihn als Abgeordneter, dass er Menschen helfen kann, die auf fremde Hilfe angewiesen sind.