Ausblick auf den 5. Altenbericht
Familie. Mit überholten Vorstellungen von älteren Menschen aufräumen möchte der 5. Altenbericht. Dies kündigte der Vorsitzende einer damit beauftragten Sachverständigenkommission, der Heidelberger Professor Andreas Kruse, am 23. Februar im Familienausschuss an. Weiter hieß es, man wolle die Entwick-lungsmöglichkeiten und Chancen älterer Menschen in und für die Gesellschaft in den Mittelpunkt stellen. Die Kommission plane, den Bericht "Potenziale des Alters in Arbeit und Gesellschaft" im Sommer der Bundesregierung zu übergeben.
Mit Blick auf den angekündigten Perspektivenwechsel sagte Kruse, es komme vor allem darauf an, ältere Menschen ein selbstverantwortetes Leben führen zu lassen. Dazu seien Bildungsangebote das ganze Leben lang notwendig, vor allem für bildungsfernere Schichten. Ältere Menschen sind nach Auffassung der Kommission aber auch "in der Pflicht", sich lebenslang zu bilden. Die Unternehmen müssten erheblich mehr Qualifizierungsangebote anbieten, die auch im Alter Früchte tragen.
Kruse setzte sich für eine flexible Altersgrenze in der Arbeitswelt ein: Wer länger als 65 Jahre arbeiten wolle, sollte das tun können. "70-, 75- oder 80-Jährige haben bemerkenswerte intellektuelle und kulturelle Stärken." Wenn in Deutschland nur knapp zwei Fünftel der 55- bis 64-Jährigen im Arbeitsprozess seien, verschleudere die Gesellschaft Ressourcen. In Skandinavien oder der Schweiz liege dieser Anteil bei über zwei Dritteln. Die Politik müsse Anreize schaffen, damit ältere Menschen von sich aus arbeiten wollten.
Schon jetzt leisteten ältere Menschen einen öffentlich kaum bemerkten "beachtlichen Beitrag zum Zusammenhalt der Generationen". Ebenso sei die Solidarität zwischen Alten und Jungen in der Gesellschaft erheblich größer als angenommen, wenn Familien vier Fünftel aller chronisch Kranken in Deutschland versorgten. Allerdings habe diese Art Solidarität in der älter werdenden Gesellschaft und bei kleiner werdenden Familien ihre Obergrenze erreicht. Hier komme es darauf an, familiäre Hilfe, ehrenamtlichen Einsatz und professionelle Hilfe der Pflegedienste zusammen zu führen. Kruse kann sich vorstellen, dass Betriebe neben Kindergärten auch Pflegestellen für ältere Menschen einrichten, damit diese tagsüber in der Nähe ihrer arbeitenden Familienangehörigen sind. Offen zeigte sich der Vorsitzende der Sachverständigenkommission gegenüber einem Vorschlag der Bündnisgrünen, zu der bereits bestehenden Elternzeit eine "Pflegezeit" für ältere Menschen einzuführen. Allerdings werde sich dieser Gedanke noch nicht im nächsten Altenbericht finden, so Kruse.