Ausschuss für die Angelegenheiten der
Europäischen Union/
Berlin: (hib/as) Zeitgleich zur Veröffentlichung des
Fortschrittsberichts der Europäischen Kommission zu den
laufenden Beitrittsverhandlungen mit der Türkei haben
Abgeordnete des deutschen und französischen Europaausschusses
gemeinsam ihre verschiedenen Positionen zu dieser Frage diskutiert.
Der französische Ausschussvorsitzende Pierre Lequiller nannte
die Aussprache "ein Beispiel, wie Europa zusammenarbeiten kann".
Sein Kollege Matthias Wissmann hob die offene Diskussion auch in
kontroversen Fragen wie dem Türkeibeitritt hervor. Die CDU/CSU
Fraktion machte in dieser Frage klar, dass die Gespräche mit
der Türkei verschiedene Optionen beinhalten müßten:
"Wir sollten nur Beitrittsverhandlungen führen, an deren Ende
nicht nur ein Ja oder Nein steht", sagte deren Vertreter. Davor
hatte sein Kollege von der konservativen französischen
UMP-Fraktion erklärt, die derzeitigen Verhandlungen
würden zeigen, dass "Europa nicht weiß, nein zu sagen".
Nach Meinung der französischen Sozialisten (SOC) befindet sich
"der Ball derzeit im Feld der Türkei". Zugleich räumte
der französische Abgeordnete ein, dass die Türkei alle
Beitrittskriterien erfülle, Europa aber auch in einem Zustand
sein müsse, in dem Millionen Menschen aufgenommen werden
könnten. Dabei spielte er auf eine Verfassungsänderung
an, wonach in Zukunft in Frankreich Beitritten zur
Europäischen Union per Volksentscheid zugestimmt werden soll.
Von deutscher Seite hob die Vertreterin der SPD-Fraktion hervor,
dass Beitrittsverhandlungen mit dem Ziel des Beitritts geführt
werden müssten. "Wenn Sie nicht wollen, dass sich die
Türkei andere Partner sucht, sollten wir der Türkei eine
faire Chance geben", sagte sie. Die FDP-Fraktion hatte zuvor
hinsichtlich einer Diskussion über den Europäischen
Verfassungsvertrag angemahnt, dass sich viele Bürger durch die
Erweiterung bedroht fühlten, weil sie darin keinen
wirtschaftlichen Fortschritt sähen. Der Vertreter der Fraktion
Die Linke erklärte, dass die Türkei auf jeden Fall die
Kopenhagener Kriterien erfüllen müsse. Hinsichtlich des
Streitpunkts Zypern, sagte er, dass sich zur Lösung des
Problems "beide Seiten bewegen müssten". Die Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen sprach sich dafür aus, sich
bei den Verhandlungen weiter an bestehende Beschlüsse zu
halten: "Der Reformprozess hat sich verlangsamt, aber der Prozess
geht weiter", sagte ihr Vertreter im Ausschuss. Gleichzeitig
begrüßte er, dass bei Fragen der Erweiterung jetzt
anstelle von Aufnahmefähigkeit immer stärker von
Integrationsfähigkeit die Rede sei.