"Ich wünsche mir deutlich mehr Impulse"
Interview mit Jürgen W. Möllemann, FDP
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Jürgen W. Möllemann |
Blickpunkt Bundestag: Herr Möllemann, Sie waren von 1987 bis 1991 Bundesbildungsminister. Kommen Ihnen als Ausschussvorsitzender heute, gut zehn Jahre später, viele ungelöste Probleme in der Bildungspolitik nicht bekannt vor?
Jürgen W. Möllemann: In der Tat, es gibt öfters diesen Déjà-vu-Effekt. Die große Studienreform mit kürzeren, aber qualitätsvollen Studiengängen, die wir seiner Zeit bei den Hochschulen angemahnt haben, steht noch immer aus. Nach der von mir damals angestoßenen BAföG-Reform mit der Rücknahme der reinen Darlehenslösung Ende der 80er Jahre werden die Studenten heute wieder schlechter gefördert als vor zehn Jahren. Wir müssen leider deutlich sagen, dass durch das unzureichende BAföG heute eine soziale Selektion stattfindet. Und die Ausstattung der Hochschulen ist inzwischen wieder so schlecht, dass wie damals neue Hochschul-Sonderprogramme auf den Weg gebracht werden müssten, beispielweise für die Informatik.
Alle Parteien sehen in ihren Programmen in Bildung und Forschung den Schlüssel zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit...
Das ist richtig. Doch zwischen dem hohen Anspruch und der Realität klafft beim Regierungshandeln leider immer noch eine große Lücke. Die Bildungs- und Forschungshaushalte in Bund und Ländern entsprechen trotz der Erhöhungen in den letzten beiden Jahren nicht den gewachsenen Erfordernissen.
Anders als andere Ausschüsse hat der Bildungs- und Forschungsausschuss wenig finanzielle Gestaltungsmöglichkeiten, weil der Großteil der Ausgaben durch Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgaben wie Hochschulbau und Forschungsförderung festgelegt ist. Wo sehen Sie die Schwerpunkte der Ausschussarbeit?
Was das Geld angeht, ist das richtig. Aber der Ausschuss kann sich mehr mit Inhalten beschäftigen und Akzente setzen. Allerdings: Handeln muss die Regierung. Das Parlament kann dies nicht ersetzen.
Da klingt Kritik durch...
Ja, ich wünsche mir deutlich mehr Impulse, vor allem in der Bildungspolitik. Und im Ausschuss erwarten wir mehr Information durch die Regierung. Oft werden wir von der Ministerin erst durch die Zeitung über ihre Vorhaben informiert. Edelgard Bulmahn war in ihrer fast 18-monatigen Amtszeit erst zweimal selbst im Ausschuss. Als ehemalige Vorsitzende des Forschungsausschusses sollte sie das Parlament ernster nehmen.