Das Parlament: Der AdR hat keine Mitbestimmungsrechte, öffentlich hört man wenig von diesem Gremium. Ist diese Instanz das Feigenblatt der Subsidiarität in der EU?
Karl-Heinz Klär: Nein. Der AdR hat zwar nur eine beratende Funktion, aber jenseits der formellen Kompetenzen üben wir durchaus Einfluss in Brüssel aus, besonders auf die Kommission. Wir sind am Ball, wenn es um die Interessen regionaler und lokaler Gebietskörperschaften geht, etwa beim Zuschnitt der Strukturfonds oder bei der Ausgestaltung der öffentlichen Daseinsvorsorge wie der Wasserversorgung oder des Nahverkehrs. Für uns ist Subsidiarität nichts Theoretisches, sondern eine Frage praktischer Politik. Der AdR spielt eine beachtliche Rolle in Brüssel, auch wenn das in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen wird.
Das Parlament: Was wurde denn konkret erreicht, etwa für die deutschen Bundesländer?
Karl-Heinz Klär: Der Ausschuss der Regionen und gerade auch die deutschen Mitglieder dieses Gremiums haben entscheidend dazu beigetragen, dass die EU-Strukturfonds auch in den kommenden Jahren ausreichend ausgestattet sein werden, man mit diesen Mitteln zielgenau fördern kann und die Verwaltung der Fondsgelder weniger bürokratischen Aufwand verlangt. Es geht hier um Milliarden, die in den kommenden sieben Jahren in die deutschen Länder fließen werden, und nicht um Kleingeld.
Das Parlament: EU-weit stehen Gebietskörperschaften im Ruf, in Brüssel vor allem Fördertöpfe anzapfen zu wollen.
Karl-Heinz Klär: Was ist daran schlimm? Entscheidend ist doch, dass diese Gelder sinnvolle Vorhaben ermöglichen, die den Bürgern nutzen und den Zusammenhalt in der EU stärken. Die Europäische Union und die jeweiligen Regionen handeln bei diesen Investitionen partnerschaftlich. Beide Seiten setzen Geld ein und verwalten die Projekte gemeinsam. Erfahrungen werden ausgetauscht, und so entstehen in den 25 Mitgliedstaaten der EU gemeinsame und bessere Verwaltungspraktiken. Der AdR hat einen beachtlichen Anteil daran, dass auf diesem Feld die Subsidiarität gelebt wird.
Das Parlament: Wenn das alles so positiv ist: Warum wird dann allenthalben Kritik an einem zu geringen Stellenwert der Subsidiarität in der EU geübt?
Karl-Heinz Klär: Diese allgemeine Klage war vor zehn Jahren gerechtfertigt, heute ist sie übertrieben. Sicher, es gibt in den Dienststellen der EU immer noch zu viele Zentralisten, die gerne alles über einen Kamm scheren möchten und Unheil anrichten, wenn man sie einfach gewähren lässt.
Das Parlament: Hoffen Sie noch auf die EU-Verfassung?
Karl-Heinz Klär: Deren Inkrafttreten wäre ein Fortschritt für uns. Die Verfassung sieht vor, das Organ des Ausschusses für die Regionen auch formell zu stärken. Wir könnten vor dem Europäischen Gerichtshof klagen, wenn bei der europäischen Gesetzgebung die Subsidiarität verletzt wird. Die Kommission würde dann allein schon aus Furcht vor einem Gang nach Luxemburg den Interessen der Regionen gebührend Rechnung tragen. Leider spielt dieser Aspekte beim Streit um die Verfassung kaum eine Rolle.
Das Interview führte Karl-Otto Sattler