Mit dem Reformentwurf sollen zum einen die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe korrigiert werden. Die Versagung von Prozesskostenhilfe soll zum Beispiel bei mutwilliger Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung und bei mutwilligen Beweisanträgen erleichtert werden. "Wir wollen denjenigen entgegenwirken, die auf Staatskosten ausfechten wollen, was kein vernünftiger Selbstzahler geltend machen würde", so Justizminister Goll.
Eine weitere Maßnahme betrifft die Eigenbeteiligung der bedürftigen Partei an den Prozesskosten. So sollen sich die Grundfreibeträge der bedürftigen Partei an den sozialhilferechtlichen Regelsätzen orientieren. Daneben werde die Höhe der aus dem verbleibenden Einkommen zu zahlenden Raten neu bestimmt und die Obergrenze für die Anzahl der zu leistenden Raten aufgehoben.
In einem dritten Maßnahmenpaket sollen die Verfahrensvorschriften verbessert werden, damit die für die Bewilligung maßgeblichen Angaben zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen einheitlich und zutreffend erfasst werden können. So sollen dem Gericht Auskunftsansprüche gegenüber den Finanzämtern, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, den Sozialleistungsträgern und dem Arbeitgeber der bedürftigen Partei eingeräumt werden. "Der Antragsteller muss künftig auch das aus dem Rechtstreit Erlangte vorrangig und vollständig zur Deckung der Prozesskostenhilfe einsetzen." Diese "Selbstverständlichkeit", so Goll, sei erstaunlicherweise bisher nicht der Fall.
Nach Ansicht von Elisabeth Heister-Neumann müsse der Anstieg der Ausgaben gebremst werden, um das bewährte Institut der Prozesskostenhilfe denjenigen zu erhalten, die darauf angewiesen seien. Schnelles Handeln sei erforderlich. In den letzten acht Jahren hätten sich die Kosten um fast 40 Prozent erhöht. Den überwiegenden Teil davon müssten die Länder tragen, der Bund sei hingegen von dieser Ausgabenexplosion kaum betroffen. Wer den vorliegenden Gesetzentwurf genau studiere, werde feststellen, dass mit Augenmaß zu Werke gegangen worden sei. Insbesondere verfassungsrechtliche Vorgaben habe man bei allen Vorschlägen strikt beachtet. Dadurch habe man gewährleistet, dass unbemittelten Bürgern der Zugang zum gerichtlichen Rechtsschutz weder erschwert noch unmöglich gemacht werde. Für die Bezieher von Sozialhilfe werde sich beispielsweise nichts ändern. Wer mit seinem Einkommen die im Sozialhilferecht bestimmten Grenzen nicht überschreite, werde auch weiterhin nicht zur Zahlung von Prozesskosten herangezogen. Daher könne sie auch nicht verstehen, so Heister-Neumann, dass dem Entwurf "soziale Kälte" vorgeworfen werde. Auch wer in diesem Zusammenhang von einem "Abbau des Sozialstaates" rede, liege völlig neben der Sache. Der Staat müsse nicht jedem Bürger den Prozess finanzieren, doch auch nach der Reform werde allen Bürgern der verfassungsrechtlich garantierte Zugang zu einem Gerichtsverfahren möglich sein.
Dies bezweifelte hingegen Berlins Justizsenatorin Karin Schubert. Ihr gehe der Gesetzentwurf, bei allem Sparwillen, zu weit. Es sei nicht akzeptabel, eine neue bisher unbekannte Gebühr für das bloße Betreiben eines Prozesskostenbeihilfeverfahrens einzuführen. Ebenso lehne sie die Absenkung der Freibeträge in der Prozesskostenhilfe auf das sozialhilferechtlich definierte Existenzminimum ab. Auch die geplante drastische Erhöhung der Raten bei der Rückzahlung gewährter Beihilfen sei unakzeptabel.
Gegen all diese Maßnahmen, so Schubert, spräche dasselbe grundlegende Argument: es würden so einkommensschwache Bürgern die Verfolgung und Verteidigung ihrer Rechte in nicht mehr akzeptablen Maße erschwert. Der vom Grundgesetz geforderte gleiche Zugang zum Recht für alle sei nicht mehr gewährleistet. Jeder, der es mit den Werten des Rechtsstaates ernst nehme, sollte daher manche der vorgesehenen Regelungen im weiteren Gesetzgebungsverfahren noch einmal auf den verfassungsmäßigen Prüfstand stellen, forderte Schubert.