Das Parlament: Hat der Parteitag von Rostock insgesamt die richtigen Signale gesendet?
Johannes Vogel: Grundsätzlich ja. Das entscheidende Signal war doch: Die FDP nimmt sich neue Themenfelder vor, beschäftigt sich insbesondere auch mit der Umweltpolitik. Guido Westerwelle hat außerdem das Signal gesendet, dass er die Partei weiter personell und programmatisch verbreitern will. Jetzt müssen den Worten Taten folgen. Dann war Rostock insgesamt ein positives Signal, mit der Einschränkung, dass sich die Partei bei der Kammerzwangsmitgliedschaft für die falsche Alternative entschieden hat.
Das Parlament: Sie sind also sehr enttäuscht, dass der Parteitag sich gegen den Antrag der JuLis zur Abschaffung der Kammerpflicht ausgesprochen hat?
Johannes Vogel: Ja, ich finde es schade. Ich glaube, es ist inhaltlich falsch. Die FDP hat sich für das Modell mit weniger Freiheit - nach meiner Interpretation - entschieden. Außerdem ist es schade, dass sie eine Chance verpasst hat, klar zu zeigen, dass sie sich gegen jeden Klientelismus wendet.
Das Parlament: Sie haben mit der Ablehnung wohl gerechnet...
Johannes Vogel: Ich habe es für offen gehalten und uns eine Fifty-fifty-Chance ausgerechnet. Bei 41 Prozent Zustimmung für unseren Antrag lag ich mit meiner Einschätzung auch nicht ganz falsch, zumal sich fast das gesamte Präsidium und insbesondere der Parteivorsitzende am Ende mit Macht in die Debatte begeben haben.
Das Parlament: Der Parteitag hat immerhin eine Reform des Kammerwesens beschlossen. Können Sie damit leben?
Johannes Vogel: Ich halte es für besser als nichts und bin gespannt, ob sich in den Kammern was bewegt. Wir werden uns das genau anschauen als JuLis, was sich da in den nächsten Jahren tut.
Das Parlament: Wo sehen Sie noch Handlungsbedarf in der liberalen Programmatik?
Johannes Vogel Das nächste große Thema, das jetzt kommen muss, ist in meinen Augen die liberale Sozialpolitik. Da haben wir in den letzten Jahren nicht alles so deutlich dargestellt, wie man das hätte machen können und nicht genau erklärt, was die Liberalen dort eigentlich wollen, welchen Anspruch sie haben.
Das Parlament: Welchen Anspruch haben Sie denn?
Johannes Vogel: Wir haben ein Konzept, das über unsere öffentliche Wahrnehmung in diesem Bereich hinausgeht. Erstens müssen wir klar machen, dass wir den Sozialstaat nicht reformieren wollen, um ihn abzuschaffen, sondern, um ihn zukunftsfähig zu machen. Zweitens sind ganz entscheidende sozialpolitische Aspekte nicht ganz so rüber gekommen, zum Beispiel das Bürgergeld, das gerade die Schwächsten in der Gesellschaft besser stellen könnte. Das ist etwas, was man uns Liberalen nicht auf Anhieb zutraut. Ich glaube, wir müssen das jetzt in einem Gesamtkomzept formulieren und in Zukunft auch nach außen vertreten. Das heißt: liberale Sozialpolitik als Thema für den Parteitag 2007.
Die Fragen stellte Bernadette Schweda