Aus der Chronik des Bundestages
Parlamentarismus im Focus der Zeit
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Im Verlauf der fünfzigjährigen Parlamentsgeschichte hat der Bundestag auch zahlreiche neue Rechte, Verfahren und Instrumente zur Verbesserung seiner Arbeitsweise, insbesondere aber zur Erfüllung seiner Aufgabe der Kontrolle von Regierung und Verwaltung, beschlossen. Im Folgenden können nur einige der wichtigsten genannt werden. Weitere Einzelheiten enthält das vom Bundestag herausgegebene dreibändige Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages 1949-1999.
1956Durch Grundgesetzergänzung erhält der Verteidigungsausschuss auch die Rechte eines Untersuchungsausschusses. Außerdem wird das Amt eines Wehrbeauftragten als Hilfsorgan des Bundestages geschaffen. Der Wehrbeauftragte erhält 1965 das Rederecht im Bundestag.
1965Der Bundestag beschließt - zunächst vorläufig, dann ab 1980 endgültig - die Einführung von Aktuellen Stunden, also Aussprachen zu Fragen von allgemeinem aktuellen Interesse.
1967Zur Unterstützung der Bundesminister können Mitglieder des Bundestages zu Parlamentarischen Staatssekretären berufen werden.
1968Im Zusammenhang mit der so genannten Notstandsverfassung wird für den Notstandsfall ein "Notparlament" - ein Gemeinsamer Ausschuss aus Mitgliedern des Bundestages und des Bundesrates - eingerichtet.
1969Im Rahmen einer umfangreichen Änderung der Geschäftsordnung des Bundestages (GO BT) wird unter anderem beschlossen, dass Ausschüsse Öffentliche Anhörungen (Hearings) von Sachverständigen und Interessenvertretern vornehmen können. Zur Vorbereitung von Entscheidungen des Bundestages über umfangreiche und bedeutsame Sachkomplexe können Enquetekommissionen eingerichtet werden.
1970Ausbau der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages, unter anderem durch die Einrichtung von Fachbereichen.
1972Der Bundestag beschließt Verhaltensregeln für seine Mitglieder sowie Vorschriften über die Registrierung von Verbänden, die so genannte Lobbyistenliste.
1975Erweiterung der Rechte des Petitionsausschusses durch Grundgesetz-Ergänzung und ein entsprechendes Gesetz.
1976Durch Grundgesetzänderung wird das Ende der Wahlperiode des Bundestages auf den Zeitpunkt des Zusammentritts des neu gewählten Bundestages festgesetzt. Damit kann es keine "parlamentslose Zeiten " zwischen dem Ende einer alten und dem Beginn einer neuen Wahlperiode mehr geben.
Der Bundestag regelt durch Gesetz die Rechtsverhältnisse der Abgeordneten. Unter anderem wird die Besteuerung der Diäten eingeführt.
1978Einrichtung einer Parlamentarischen Kontrollkommission zur Kontrolle der Nachrichtendienste des Bundes.
1980Verabschiedung einer neuen Geschäftsordnung mit zahlreichen Änderungen der Redeordnung und der Ausschussverfahren.
1983Einsetzung einer Europakommission zur Vorbereitung europapolitischer Entscheidungen, bestehend aus je 11 Mitgliedern des Bundestages und der deutschen Mitglieder des Europäischen Parlaments.
1985Mit dem Gesetz über den Bundesrechnungshof wird unter anderem die Wahl der Präsidenten und der Vizepräsidenten durch Bundestag und Bundesrat eingeführt.
1986Neufassung und Verschärfung der Verhaltensregeln für Mitglieder des Bundestages. Ergänzung der Geschäftsordnung um den Satz: "Jedes Mitglied des Bundestages folgt bei Reden, Handlungen, Abstimmungen und Wahlen seiner Überzeugung und seinem Gewissen."
1987Das seit einem Jahr im Gebäude des ehemaligen Wasserwerks tagende Plenum des Bundestages beschließt den Bau eines neuen Plenarsaals.
1989Beschluss der Einrichtung eines Büros für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag.
1990Künftig wird der Bundesbeauftragte für den Datenschutz
durch den Bundestag gewählt.
Einsetzung eines Ausschusses "Deutsche Einheit" zur
parlamentarischen Begleitung des Einigungsprozesses.
Die bisher nicht voll stimmberechtigten Berliner Mitglieder des
Bundestages erhalten volles Stimmrecht.
Zu Reden im Plenum können Abgeordnete nicht nur, wie bisher,
Zwischenfragen stellen, sondern sich auch - mit Zustimmung des
Redners - zu Kurzinterventionen (Zwischenbemerkungen mit
Erläuterungen) melden. Dadurch sollen die Debatten lebendiger
werden.
Einführung einer regelmäßigen Regierungsbefragung
zu Fragen von aktuellem Interesse, vorrangig zur vorangegangenen
Kabinettssitzung.
Der Bundestag spricht sich für Berlin als dem
künftigen Sitz von Parlament und Regierung aus.
Der Bundestag beschließt die Einsetzung einer Gemeinsamen
Verfassungskommission von Bundestag und Bundesrat zur Beratung der
mit dem Einigungsvertrag und der Verwirklichung der
Europäischen Union erforderlich gewordenen
Grundgesetzänderungen.
Durch Grundgesetzänderung erhalten Bundestag und Bundesrat
Mitwirkungsrechte in Angelegenheiten der Europäischen
Union.
Der vom Bundestag neu einzurichtende
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union wird im Grundgesetz verankert und erhält eine
herausgehobene Rechtsstellung. Der Ausschuss wird erstmalig im
Dezember 1994 bestellt.
Fertigstellung und Einweihung des neuen Plenargebäudes in Bonn.
1993Die Rechtsstellung der Fraktionen wird gesetzlich geregelt.
1994Das Berlin/Bonn-Gesetz zur Umsetzung des Umzugsbeschlusses wird verabschiedet.
1995Verabschiedung eines "Pakets" zur Parlamentsreform. Unter anderem werden Regelungen zur Abgeordnetenentschädigung, eine Reduzierung der Zahl der Abgeordneten ab der 15. Wahlperiode und die Einführung einer "Kernzeit-Debatte" zur Behandlung von grundlegenden Themen an Donnerstagen einer Sitzungswoche beschlossen.
1996Auf Empfehlung der "Reformkommission zur Größe des Bundestages" wird die Zahl der Mitglieder des Bundestages ab der 15. Wahlperiode (ab 2002) auf 598 und die Zahl der Wahlkreise auf 299 festgelegt.
1999Fertigstellung des im Inneren vollkommen neu gestalteten Reichstagsgebäudes und Umzug des Bundestages von Bonn nach Berlin in die neue Tagungsstätte des Parlaments.
2001Schlüsselübergabe des neuen Paul-Löbe- Hauses mit Büros und Sitzungsräumen der Ausschüsse an Bundestagspräsident Thierse.
2002Schlüsselübergabe des neuen Jakob-Kaiser- Hauses mit den Büros für Fraktionen und Abgeordnete an Bundestagspräsident Thierse.
2004Mit der Einweihung des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses am östlichen Spreeufer, das der Bibliothek und die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages aufnimmt, ist das Neubau-Programm des Bundestages abgeschlossen.
2005Zum ersten Mal werden Verhandlungen eines Untersuchungsausschusses - des 2. Untersuchungsausschusses, der die Visapraxis des Auswärtigen Amtes aufklären soll - live im Fernsehen übertragen.