Der Weg für die Umsetzung der EU-Agrarreform ist frei. Der Bundesrat stimmte dem Einigungsvorschlag des Vermittlungsausschusses von Bundestag und Bundesrat zu. Mit dem Gesetz sollen die bislang an der Agrarproduktion orientierten bäuerlichen Direktbeihilfen in regional einheitliche Prämien für die Betriebe umgestaltet werden. Diese Entkoppelung von Direktzahlungen und Produktion ist ein wesentliches Element der EU-Agrarreform. In Deutschland soll ein Kombinationsmodell angewendet werden, bei dem zunächst sowohl die bislang geleisteten Zahlungen an einen Betrieb als auch dessen Wirtschaftsfläche in die Berechnung der künftigen Ansprüche einfließen. Diese Kombination aus betriebsindividuellen und flächenbezogenen Elementen soll dann schrittweise an regional einheitliche Zahlungsansprüche je Hektar Wirtschaftsland angeglichen werden. Im Vermittlungsausschuss hatte man sich geeinigt, den Anpassungsdruck auf die Landwirte abzumildern. Es ist nun vorgesehen, statt 2007 erst 2010 mit dem stufenweisen Abschmelzen der Betriebsprämienanteile zu beginnen, so dass der entsprechende Zielwert ab 2013 erreicht wird.
Es sei gut, dass der Weg für die Reform nun frei ist, sagte Sachsen-Anhalts Landwirtschaftsministerin Petra Wernicke (CDU). Sie sehe den Kompromiss sehr kritisch, wolle aber dennoch zustimmen. Entgegen der Ansicht einiger ihrer Parteikollegen halte sie die Verschiebung des Anpassungszeitraumes für verkehrt, betonte sie. Es gehe nun darum, aufzupassen, dass die Verschiebung nicht gar zu einer Auflösung führe. Außerdem habe ihr an einer Besserstellung des Grünlandes gelegen, was jedoch nicht in ausreichendem Maße erreicht wurde. Auch aus Sicht der nordrhein-westfälischen Umweltministerin Bärbel Höhn (Bündnis 90/Die Grünen) ist der Umstellungszeitraum sehr lang. Dennoch sei sie froh, dass der Kompromiss von einem breiten Mehrheit getragen werde. Dass Beihilfen künftig nicht mehr von der Menge der produzierten Lebensmittel abhängen, sondern pauschal für die bewirtschaftete Fläche gezahlt würden, sei eine große Umstellung, die viele Chancen, aber auch Risiken mit sich brächte.
Die Agrarreform stelle nicht nur einen Erfolg für Bundesverbraucherministerin Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen) dar, sondern sei auch ein Sieg der agrarökonomischen Vernunft, sagte der schleswig-holsteinische Landwirtschaftsminister Klaus Müller (Bündnis 90/Die Grünen). Die Überschussproduktion in der Landwirtschaft habe nun durch die Entkopplung der Produktion von den Direktzahlungen ein Ende. Nicht Subventionsanreize würden künftig Art und Umfang der Produktion bestimmen, sondern allein Angebot und Nachfrage. Dieser "Meilenstein" in der Agrarpolitik sei gut für die Bauern, die Verbraucher und den ländlichen Raum, erklärte Künast. Man stärke die Marktorientierung und unterstütze die bedarfsgerechte Produktion - nicht wie bisher die Lagerung und Kühlung der Überproduktion.
Keine Zustimmung gab es hingegen für das Gentechnikgesetz. Das Gesetz basiert auf einer EU-Richtlinie und soll die Freisetzung von gentechnisch veränderten Organismen zu Erprobungs- und Forschungszwecken regeln. Damit soll die Koexistenz von konventioneller und ökologischer Landwirtschaft und die Gentechnik nutzender Landwirtschaft gewährleistet werden. Landwirtschaftsministerin Petra Wernicke (CDU) aus Sachsen-Anhalt kritisierte das "überfallartige" Durchpeitschen des Entwurfes durch das Gesetzgebungsverfahren. Eine umfassende Diskussion wäre nötig. Es sei ganz offensichtlich, dass Künast an einem gleichberechtigtem Miteinander der Anbauformen nicht gelegen sei. Die nordrhein-westfälischen Umweltministerin Bärbel Höhn (Bündnis 90/Die Grünen) kritisierte die "Geheimniskrämerei" um den Erprobungsanbau genveränderter Pflanzen in Sachsen-Anhalt. Damit, so Höhn, schaffe man kein Vertrauen in die Gentechnik. Sie verteidigte die im Gesetz vorgesehene Haftungsregelung. Werden Verunreinigungen von Gentechnik-Feldern auf Nachbarfelder übertragen, müssten alle im Umkreis angesiedelten Gentechnik-Hersteller haften.
Der bayerische Umweltminister Werner Schnappauf (CSU) warf der Bundesregierung "Innovationsfeindlichkeit" vor. Während der Bundeskanzler Innovationskampagnen fordere, hänge man in der Gentechnik weit zurück, kritisierte er. In der ganzen Welt würden die Vorteile der Gentechnik genutzt, nur in Deutschland nicht. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverbraucherministerium, Matthias Berninger (Bündnis 90/Die Grünen), erklärte, das Gesetz böte der schleichenden Einführung der Gentechnik Einhalt. Auch in der Zukunft müsse ein gentechnikfreies Produzieren möglich sein. Götz Hausding