Ihre Vorliebe für Rot lebt sie gerne aus. Doch der Mut zu dieser Farbe hat nichts mit Marie-Luise Dötts politischer Gesinnung zu tun, wie das so manches Asccessoire von Parlamentskollegen bisweilen überdeutlich vermittelt. "Rot ist ihre Lieblingsfarbe, Schwarz ist ihre Gesinnung und Gold ist ihr Lebensunterhalt." Sprachlich griffig stellt sich die Unionsabgeordnete auf ihrer Homepage vor, sehr direkt. Das entspricht ihrem Naturell. Und wie kommen die anderen im politischen Geschäft mit ihrem Hauptcharakterzug Geradlinigkeit zurecht? "Von meiner Geradlinigkeit sind einige überrascht. Vorteil: Ich weiß immer, was ich gesagt habe und was ich sage. Nachteil: Manche Gesprächspartner werden von meiner Direktheit ‚überfahren'", räumt die zierliche Unionsabgeordnete ein.
Als Kauffrau im Einzelhandel und Unternehmerin mit Juweliergeschäft inklusive Goldschmiede- und Uhrmacherwerkstatt in Höxter steht Dött auf soliden Füßen, als Gemmologin (Edelsteingutachterin) und Diamantgutachterin kennt sie sich in einem besonderen Handwerk aus. "Meine Ausbildung ist gute Familientradition. Wir sind mit mir in der vierten Handwerksgeneration. Ich habe das Geschäft von klein auf kennengelernt", so Dött. Und natürlich sei sie auch nach sechs Jahren im Deutschen Bundestag noch fit in diesem Handwerk, "denn sonst könnte ich ja auch gar keine Gutachten mehr erstellen", unterstreicht sie.
Dass sie eine Menge Funktionen in Partei und Fraktion übernimmt, kann nur mit ihrem Motto - "jede Minute sinnvoll leben" - und mit ihrer Begeisterungsfähigkeit erklärt werden: Umwelt- und Finanzausschuss des Bundestages, Arbeitsgruppe Kommunalpolitik, Arbeitsgruppe Ehrenamt und Ruhrgebiet (ihr Wahlkreis ist Oberhausen/Dinslaken), Parlamentskreis Mittelstand, Schriftführerin im Plenum, Mitglied des Bundesvorstandes der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung, Bundesfachausschuss Umwelt-, Natur- und Klimaschutz, deutsch-baltische Parlamentariergruppe und Vorsitzende des Bundes katholischer Unternehmer - um nur einige zu nennen.
Ihr Leben sei schon immer von Politik geprägt gewesen, weil sie aus einer politisch interessierten und engagierten Familie stamme, sagt Dött. "Ich kenne es gar nicht anders, als dass man sich informiert, diskutiert und sich aktiv beteiligt." Auch mit der Oppositionsrolle umzugehen, bereitet ihr keine Mühe. "Die Oppositionsrolle gehört zu den klassischen Aufgaben des Bundestages. Dabei ist die Kontrolle der Bundesregierung die wichtigste Aufgabe. Ich nehme das parlamentarische Fragerecht sehr ernst", so die engagierte Abgeordnete im Interview mit "Das Parlament". Gleichzeitig gibt es Kritik: "Nach meiner letzten schriftlichen Anfrage am 23. Juni zum Emissionshandel habe ich allerdings noch immer keine Antwort erhalten, obwohl die Geschäftsordnung eine Beantwortung innerhalb einer Woche vorsieht. Hier stelle ich mir die Frage, ob die Bundesregierung dieses Recht des Deutschen Bundestages ebenso ernst nimmt. Mir scheint die Frage gerechtfertigt, wie oft und warum dieses parlamentarische Kontrollrecht der Opposition umgangen wird. Diese Missachtung parlamentarischer Regeln halte ich für sehr bedenklich. Inzwischen hat mich die Nachricht aus Brüssel erreicht, dass die EU-Kommission einige Teile des deutschen Zuteilungsplans für Emissionszertifikate (NAP) ablehnt und eine Neuvorlage bis 30. September verlangt. Was das für die deutsche Gesetzgebung bedeutet, die am 9. Juli abgeschlossen wurde, ist noch nicht abzuschätzen." Ihr persönliches Resümee seit der Übernahme des Mandats fällt dann aber doch positiv aus und zeugt von Selbstbewusstsein: "Ich habe eine Menge bewirkt - und verhindert. Ich hatte keine Erwartungen an mein Mandat gestellt. Ich bin angetreten, um das Beste daraus zu machen."
Obwohl ihr Schwerpunkt eigentlich Wirtschafts- und Ordnungspolitik ist, fühlt sich Dött im Bundestagsausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit sehr gut aufgehoben. "Dort kann ich mich um die Bewahrung der Schöpfung kümmern und gleichzeitig Ökologie mit Ökonomie abwägen", erläutert sie ihre Position. Als stellvertretendes Mitglied im Finanzausschuss achtet sie auf den Abbau von Bürokratie und die Mittelstandsperspektive.
Bekannt sei sie, so ihre Selbstdarstellung, für praktische Problemlösungen. "Diese funktionieren auf kommunaler Ebene am besten. Man muss den Menschen die Möglichkeit geben, selbst vor Ort die besten Lösungen zu finden. Darum bemühe ich mich um Bürokratieabbau und Subsidiarität und darum bin ich eine Verfechterin des Ehrenamtes", erklärt Dött.
Es kann auch nicht weiter überraschen, dass die Unternehmerin es als oberstes politisches Ziel betrachtet, eine Kultur der Selbstständigkeit zu befördern. "Die Kultur der Selbstständigkeit ist eine Kultur des mündigen Bürgers. Als Leitbild gilt hier das Handeln mit Eigenverantwortung. Um diese Kultur wieder ans Tageslicht zu befördern, brauchen wir Bürokratieabbau, Steuerentlastungen und eine flexible Tarifpolitik. Wir befinden uns auf dem Weg, diese Voraussetzungen zu realisieren, auch wenn dieser Weg noch lang und schmerzhaft ist."
Anregend findet Dött die Arbeit in der deutsch-baltischen Parlamentariergruppe. Dort arbeitet sie mit, weil sie die nordeuropäischen "Tigerstaaten" sehr interessieren. "Sie sind gerade im Hinblick auf die EU-Osterweiterung für Deutschland von Interesse. Das lettische Steuermodell ist zum Beispiel sehr einfach aufgebaut und damit effizient und gerecht. Vielleicht lässt sich daraus ja etwas für uns lernen."
Doch nun steht die parlamentarische Sommerpause an. Da ist von der Politik abschalten Pflicht. Dött gelingt dies am besten mit Fahrradfahren oder einer alten Schwarz-Weiß-Schnulze, wie sie bekennt. "Den Film Casablanca habe ich schon x-mal gesehen."