Ziemlich genau um halb elf endete am 8. März im Eklat, was als ganz normale Arbeitssitzung des Bildungsausschusses begonnen hatte: Nachdem die Regierungskoalitionen die Absetzung dreier Oppositionsanträge beschlossen hatte, packten die Abgeordneten von FDP, Linksfraktion und Bündnis 90/Die Grünen ihre Unterlagen zusammen und verließen den Raum. Sie hatten eine Anhörung zur Föderalismusreform im Bildungsbereich durchsetzen wollen - und sahen mit der Absetzung der Anträge ihre Minderheitenrechte mit Füßen getreten. Den Fraktionen von CDU/CSU und SPD warfen sie eine so nie dagewesene "Arroganz der Macht" vor.
Die Koalitionsfraktionen hatten kurz zuvor vier Geschäftsordnungsanträge auf die Tagesordnung der Plenumssitzung am 9. März gesetzt. Ihnen zufolge sollte die Federführung für die drei Anträge aus dem Bildungsbereich sowie einen Antrag im Umweltausschuss an den Rechtsausschuss gehen. Statt diverser Anhörungen in den einzelnen Fachausschüssen soll nun eine mehrtägige Sachverständigenanhörung im Rechtsausschuss stattfinden. Norbert Röttgen, parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, verteidigte dieses Vorgehen in der Debatte am Donnerstag: Nur so werde das Thema "in seiner Gesamtheit" erfasst. Sein Amtskollege von der SPD, Olaf Scholz, betonte, jeder Sachverständige, der in den Fachausschüssen gesprochen hätte, werde auch in der großen Anhörung gehört. Er warf der Opposition vor, "eine komische Debatte" zu führen. Argumente, von denen sich FDP, Linke und Bündnisgrüne nicht überzeugen ließen: Die Regierung scheue die notwendige Diskussion zum Reformpaket, so Jörg van Essen (FDP). Drastischer formulierte es Dagmar Enkelmann (Die Linke): Die große Koalition sei "Gift für die parlamentarische Demokratie" und entmachte mit ihrem Vorgehen die Fachpolitiker. Auch Volker Beck (Bündnis 90/Die Grünen) monierte, die Fachpolitiker sollten in einer Massenanhörung zu "Zaungästen" gemacht werden. Die so genannte Mutter aller Reformen werde so zur "Mutter allen Murkses".
So einig die Koalition in der Geschäftsordnungsdebatte ihren Kollegen von der Opposition entgegentrat, so sehr brodelt es jedoch in den Fraktionen von Union und Sozialdemokraten. Drunter und drüber sei es beim Thema Föderalismusreform in der Fraktionssitzung am Montag gegangen, berichten SPD-Abgeordnete. Der Bildungsexperte der Fraktion, Jörg Tauss, sagte in einem Interview, er glaube derzeit nicht an eine Zwei-Drittel-Mehrheit für das Reformpaket. Auch mehrere CDU-Ministerpräsidenten warnten davor, die Reform "durchzupeitschen". Der Streit hat gerade erst begonnen.